Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
sie mit Hausverbot belegt, aber es kamen jedes Mal sofort neue. Mein Bekannter sagt: Die sind geil auf Devisen, weil sie ja sonst nicht drankommen. Und er hat erzählt, dass der Geliebte Führer, dieser Kim Jong Il, seinem Bruder schon einmal eine Million Dollar nach Macau gebeamt hat, weil der im besoffenen Kopf jede Menge Schulden gemacht hat. Also ganz schön viel Familiensinn.«
    »Gibt es eigentlich ein Konto, über das der Staatsführer persönlich verfügt?«
    »Das weiß ich nicht. Aber vielleicht wissen unsere jüdischen Freunde da mehr.«
    »Fragen Sie sie, aber ohne den kleinsten Hinweis auf unseren Hintergrund«, sagte Krause.
    »In Ordnung. Chef, ich hab da noch was Abartiges. Von dem Konto bei der China-International wurden gestern zwei Millionen an einen Deutschen überwiesen. Der Mann heißt Karl-Friedrich Sollner, Import-Export, mit Sitz in Darmstadt. Er liefert Moselriesling an den Geliebten Führer, aber auch Cognac aus der Normandie, Rotwein aus dem französischen Rhônetal und von der Loire und Zigarren aus Kuba. Ich habe die Auftragsliste noch nicht, aber wenn, schicke ich Sie Ihnen gleich vorbei. So viel zum süßen Leben in Nordkorea.«
    »Ich will es gar nicht wirklich verstehen. Ich nehme aber an, dass Sie auf den Geschäftskonten dieses Sollner spazieren gegangen sind. Ist das richtig?«
    »Richtig«, nickte Goldhändchen. »Brauchen Sie Ausdrucke?«
    »Und er merkt tatsächlich nichts davon?«
    »Das ist auch richtig. Er braucht seinen PC nicht mal eingeschaltet zu haben. Ich komme und gehe wie ein Geist.« Er grinste angriffslustig.
    »Wir reden also bis jetzt über etwa fünfhundertachtzig Millionen Euro plus die einundzwanzig Millionen, die Mercedes bekommen hat. Haben Sie zufällig nachgeschaut, ob irgendwelche Meldungen in der Presse von morgen erscheinen, die sich darauf beziehen könnten?«
    »Ich habe drei Leute drangesetzt. Bisher nichts. Aber meistens kommt so etwas plötzlich wie ein Wasserfall.« Dann blickte Goldhändchen zum Fenster hinaus und fügte hinzu: »Ich beneide Sie nicht um diesen Job. Das muss man sich einmal vorstellen. Da ist eine Atombombe irgendwohin unterwegs, um dort zu explodieren.«
    »Es ist nur eine These«, sagte Krause vorsichtig. »Wir haben buchstäblich nichts außer diesen Geldern.«
    Als Goldhändchen gegangen war, griff er zum Telefon, drückte einen Knopf und sagte ein wenig verlegen: »Ich möchte Sie bitten, mir zu helfen. Nur für ein paar Stunden.«
    »Ich bin schon unterwegs«, erwiderte Svenja.
     
     
     
    Sie trafen sich in einem kleinen Besprechungszimmer, weil das Krause als die sicherste Möglichkeit schien, eine Weile ungestört zu sein. Er hatte Kaffee und Tee bestellt und sagte entschuldigend: »Es ist ja eine barbarische Zeit«, ehe er ohne Umschweife zum Thema kam. »Ich habe natürlich damals Ihre Treffberichte gelesen und auch Ihre allgemeinen Berichte zu dem Monat, den Sie dort verbracht haben. Im Grunde war es ursprünglich doch nur als kurze Reise von ein paar Tagen geplant, oder?«
    »Es wurde eine lange Reise mit vielen Hindernissen«, bestätigte Svenja mit einem Nicken.
    Krause schaute sie einen Moment lang schweigend an. Ihre Jeans steckten in kniehohen braunen Schaftstiefeln, sie trug eine weiße Bluse über einem ebenfalls weißen T-Shirt und wirkte auf eine aggressive Art selbstsicher.
    »Sie sind von China aus hineingegangen, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Ja. Aber nichts verlief wie geplant. Es ist eine merkwürdige Grenze. Die Chinesen nennen sie die Grenze der leichten Frauen oder die Grenze der Huren. Das hat etwas mit der Tatsache zu tun, dass sehr viele Nordkoreaner über diese Grenze nach China hinein flüchten und dass koreanische Frauen häufig gezwungen werden, in chinesischen Bordellen zu arbeiten. Natürlich gibt es offizielle Grenzübergänge, aber die Masse der Übertritte verläuft durch die Grenzflüsse in den Gebirgsregionen. Die Zahl dieser Flüchtlinge wird jährlich auf etwa einhunderttausend geschätzt, andere Schätzungen gehen von dreihunderttausend aus. Einige, aber nicht viele werden zurückgeschickt, weil China offiziell gegen die Flüchtlinge ist und mit Nordkorea eine Vereinbarung getroffen hat, sie zurückzuweisen. Die meisten aber bleiben in China und leben dort in der Illegalität.«
    »Wie fühlt man sich denn in Nordkorea?«, fragte Krause. Er dachte, sie doziert nur so sachlich, um bestimmte Einzelheiten nicht erzählen zu müssen.
    »Einsam«, antwortete sie zurückhaltend,

Weitere Kostenlose Bücher