Bruderdienst: Roman (German Edition)
hat eine Kapazität von acht Stunden. Neueste Technologie. Irgendwo an dem Ding ist ein roter Punkt. Wenn Sie den drücken, schaltet es sich ein.«
»Man kann inzwischen auch Handys als Wanzen benutzen«, bemerkte Müller.
Er war nervös, hatte nicht die geringste Vorstellung, wie diese Operation enden würde. Und weil er von Natur aus ein Skeptiker war, hatte er die ganze Nacht unangenehme Wachträume erlebt: das Scheitern, den grausamen Verlust aller Hoffnungen und dann letztlich die Katastrophe selbst: Verhaftung durch die Amerikaner. Er hatte sich nicht dagegen wehren können, obwohl Svenja ihn zärtlich geliebt hatte.
»Was Sie nicht sagen«, erwiderte Krause.
»Erzähl mal«, sagte Svenja begierig, die genauso nervös war wie Müller.
»Du betrittst einen Raum, triffst dort irgendjemanden, ihr setzt euch an einen Tisch, du legst dein Handy wie zufällig auf die Tischplatte. Es ist abgeschaltet. Jetzt kann es, ohne dass man irgendetwas sieht oder hört, aktiviert werden. Es funktioniert wie eine Wanze, nimmt alles auf und leitet es weiter an einen Empfänger. Die Hersteller haben Zeter und Mordio geschrien und behauptet, man könne Handys nicht manipulieren. Aber man kann.«
»Handys waren noch nie sicher«, bemerkte Svenja trocken.
Sie landeten um acht Uhr in einer viersitzigen Cessna auf dem Flugplatz der CIA in Langley, Virginia.
Der Empfang war sehr herzlich. Archie Goodwin kam in die Halle gelaufen wie das Sinnbild aller Siegreichen höchstpersönlich. Er trug zu einem grauen Anzug und einem blauen Hemd eine Krawatte mit kleinen Darstellungen des Stealth-Bombers.
»Nur schnell Guten Tag sagen«, betonte Krause. »Das hier ist Charlie, den deine Leute beinahe getötet hätten, und das hier – du hast sie schon mal gesehen – unsere mit Recht hoch geschätzte Svenja, die du ebenfalls beinahe auf dem Gewissen hättest, wenn sie nicht cleverer gewesen wäre als alle deine miesen Leute zusammen.«
»Ihr seid auf einem Rachefeldzug, stimmt’s?«, strahlte Goodwin.
»Yep«, sagte Krause.
Sie gingen unter munterem Geplauder durch Korridore, fuhren mit verschiedenen Lifts hinauf und hinunter, drangen vor in immer stillere Regionen, bis sie zu einem Bereich kamen, in dem keine Glaswände mehr Einblicke in Sekretariate und Spezialräume gewährten. Hier war es dämmrig und still, alle Türen waren geschlossen, und an keiner von ihnen war ein Namensschild.
»Wie war es denn so im Chinesischen Meer?«, fragte Archie.
»Still, angenehm still«, antwortete Müller.
Archie lachte strahlend. Dann drückte er eine Tür auf und sagte etwas theatralisch: »Herzlich willkommen!«
Es war ein großer Raum mit einem großen, mächtigen Holzquader als Schreibtisch, dahinter eine amerikanische Flagge. In einer Sitzecke aus weißem Leder saßen eine Frau und ein Mann.
»Darf ich vorstellen: Blanche de Goodelang und Lars Young!«
Sie lachten sich an, sie meinten es zweifelsfrei herzlich, und sie wirkten einander erstaunlich zugetan und privat. Blanche alias Nancy ließ es sich nicht nehmen, ihnen Küsschen links und Küsschen rechts zu gewähren, und hauchte dabei: »Ich freue mich so.«
Dann setzten sie sich, und Archie berichtete mit jungenhaftem Eifer: »Wir haben eine Flasche aufgetrieben. Weißt du, woher? Champagne, mein Alter, etwas echt Perlendes.«
»Lieber keinen Alkohol«, sagte Krause und hob beide Hände zur Abwehr.
»Was treibt ihr hier?«, fragte Archie.
»Besuch beim Botschafter, die üblichen jährlichen Absprachen, nichts wirklich Wichtiges«, wich Krause aus.
Svenja beobachtete Nancy. Das Bild schien immer noch zu stimmen: Sie wirkte abgebrüht, hatte wie immer das Rouge zu dick aufgetragen, ihre Augen waren hart wie blassblaue Kiesel. Svenja hatte noch ihre Worte im Ohr: Vögeln können Sie doch, oder? Sie stellte sich einen Lidschlag lang vor, wie sie Nancys Schädel gegen die Wand knallen würde.
Müller besah sich Archie Goodwin sehr aufmerksam und dachte dabei an Krauses Worte, dass er ein Mann sei, von dem keine Erinnerung bleibe. Müller war da ganz anderer Meinung. Er dachte sofort: Den werde ich nicht vergessen. Er fand Archie Goodwin ölig.
Dann Silverman oder Lars Young, von dem sie am wenigsten wussten. Ein zur Dicklichkeit neigender Mann im hellgrauen Dreiteiler mit einer leuchtend blauen Krawatte und Haaren von unbestimmbarer Farbe, die auf einen Millimeter Länge getrimmt waren. Er schien sein Dauerlächeln nicht mehr ausknipsen zu können. Müller dachte: Ich mag dich
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