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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Junge, oder? Also, ich weiß mit Sicherheit, dass das Ding bei mir hier durchgekommen ist …«
    »Wo denn?«, wagte Dehner zu fragen.
    »Na ja, Hanjin, Sidney, wo denn sonst? Und du kannst diesen Arschlöchern, die uns unser Geschäft mit ihren verdammten Waffen vermasseln, ruhig mal den Strick androhen! Meine Meinung!
    Das Ding kam hier durch, weil mein Büro genau über dem Verladekai liegt, und ich dachte noch: Was soll das denn?«
    »Wann war das?«
    »Kann ich nicht sagen. Aber ich schätze mal, das ist etliche Monate her. Vielleicht fünf oder so. Aber ich werde versuchen, das herauszubekommen. Und dann haben wir die Schweine.«
    Dehner dachte: Sidney ist auf der anderen Seite des Planeten. Wieso dort? Dann fragte er nach Adresse und Handynummer des Anrufers und schrieb alles eifrig mit.
    Als er gerade zur nächsten Frage übergehen wollte, fragte der Bass: »Und was ist in der Flasche?«
    »Wieso Flasche?«, fragte Dehner verwirrt. »Können Sie sich erinnern, ob eine Firma auf dem Container angegeben war? Eine Reederei, ein Schifffahrtsunternehmen? Und welche Farbe hatte das Ding?«
    Mister Groom hatte keine Antwort darauf.
    Diese Nacht stellte insofern eine neue Situation für den BND dar, als Esser nichts anderes übrig blieb, als so viele Mitarbeiter aus dem Bett zu holen wie nur möglich. Selbstverständlich kam es zu Krisen, selbstverständlich rannte er irgendwann in der Nacht mit hochrotem Kopf, und ohne anzuklopfen, in Goldhändchens Operationszentrum und brüllte in die Dämmerung: »Was haben Sie da angerichtet? Wie kommen Sie dazu, die ganze Welt mit einem Fax zu beglücken, das an naiver Struktur nicht mehr zu überbieten ist? Wir sind ein Geheimdienst, kein Versandhandel!«
    Goldhändchen antwortete nicht, er war zutiefst beleidigt, stand auf und fing wortlos an, seine Pflanzen zu gießen.
    Esser stürmte aus dem Zimmer, knallte die Tür hinter sich zu, blieb dann abrupt auf dem Flur stehen, fasste sich an den Kopf und dachte: Der Junge hat einfach blendende Ideen. Er ist zwar wahnsinnig, aber manchmal ist das äußerst hilfreich. Esser hatte eine kleine, geheime Liste im Schreibtisch. Er schrieb sich die Namen der Mitarbeiter auf, die besonders zu loben waren, wenn denn Lob einmal angesagt sein sollte. In dieser Nacht setzte er Goldhändchens Name auf die Liste.
     
    Immerhin konnten sie schon innerhalb der ersten zehn Stunden anhand von sechzig direkten Anrufen und rund zweitausend E-Mails ein bestimmtes Muster erkennen, welchen Weg der Container genommen hatte. Danach war er irgendwie an die japanische Westküste geraten, in Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam bemerkt worden, dann in den Inseln Indonesiens aufgetaucht, wobei er mit so romantisch klingenden wie Surabaya in Berührung kam. Brisbane meldete, er sei wohl bemerkt worden, man werde das prüfen. Pause. Zwei Monate später steht er in einer kleinen Hafenstadt bei Mumbai in Indien, läuft dann Aden an, befindet sich sechs Tage lang in Daressalam, ist dann acht Wochen später in Luanda, wobei nicht klar wird, ob er um die Südspitze des afrikanischen Kontinents herumgeschippert wird oder gar auf einem Truck oder per Eisenbahn den Kontinent durchquert. Dann scheint er verschwunden, taucht in Recife auf dem südamerikanischen Kontinent wieder auf. Und plötzlich Kuba.
    »Er sollte irgendwie in die Vereinigten Staaten!«, jubelte Sowinski, obwohl niemand seinen Grund zur Freude nachvollziehen konnte.
     
    Am zehnten Tag, morgens um sechs Uhr, holte Sowinski vollkommen übermüdet den besten Logistikfachmann aus dem Bett, den er kannte. Er sagte: »Wir wissen nicht weiter, wir brauchen Hilfe.«
    »Ich bin auf Mallorca und mache Urlaub!«, kam es wütend aus dem Hörer.
    »Das ist mir scheißegal«, entgegnete Sowinski hoheitsvoll.
     
     
     
    Sie frühstückten um sieben Uhr. Keiner sprach.
    Nur einmal fragte Müller: »Haben Sie ein bestimmtes Rezept?«
    »Nein, ich habe kein Drehbuch«, entgegnete Krause. »Wir werden sehen, wie es läuft. Aber ich habe etwas für Sie, das Mut macht. Es gibt diesen Container tatsächlich, und er ist nichts weiter als eine dunkelrote, zerbeulte Kiste, uralt, die sich auf allen möglichen Schiffen langsam dem nordamerikanischen Kontinent näherte. Wo er jetzt ist, wissen wir nicht.« Dann langte er in seine schlichte dunkelbraune Ledermappe und legte jedem von ihnen einen kleinen Kasten neben den Teller, nicht größer als eine Streichholzschachtel. »Das ist ein Aufnahmegerät, das nicht geortet werden kann. Es

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