Bruderdienst: Roman (German Edition)
nicht! Aber er wusste dabei natürlich, dass er voreingenommen war.
»Was machen wir denn mit der Bombe?«, fragte Archie.
»Na ja, man müsste sie erst mal haben, um etwas machen zu können«, antwortete Krause freundlich. »Habt ihr denn jetzt den Hauch einer Ahnung, wo sie stecken könnte?«
»Nein«, sagte Nancy. »Und was sagt Europa?«
»Wir wissen es leider auch nicht.« Krause setzte sich in seinem Sessel zurecht, wackelte dabei ein wenig hin und her.
Wenn er zum Angriff übergeht, hatte Svenja einmal bemerkt, dann muss er ein gutes Gefühl im Arsch haben, sonst läuft nichts.
»Es trifft sich gut, dass wir euch drei vor dem Lauf haben«, begann Krause gemütlich. »Natürlich haben wir uns Gedanken gemacht, wer denn, um Gottes willen, so eine Waffe kaufen könnte. Und vor allen Dingen, warum? Da sind wir auf die Idee gekommen, dass möglicherweise keine terroristische Gruppierung dahinterstecken könnte, sondern eher schon eine Gruppe sehr westlich denkender Geheimdienstleute, die ihrem Präsidenten mal zeigen wollten, wie erfolgreich man einen Schurkenstaat dazu überreden kann, eine solch furchtbare Waffe für einen Haufen Dollar oder Euro zu verscheuern.« Er lächelte seine Gastgeber an und wirkte dabei sogar ein klein wenig verlegen. »Was haltet ihr von dem Gedanken?«
»Eine interessante Idee«, sagte Lars Young mit völlig regloser Miene.
»Das ist ja noch naiver als Hollywood«, bemerkte Nancy abfällig.
»Das will ich hören, Krause-Darling«, strahlte Archie.
»Ja, ja.« Krause nickte bekümmert. »Anfangs stand ich ganz allein mit dieser Idee, und, ehrlich gesagt, traute ich mich nicht, irgendjemanden in meinem Haus darauf anzusetzen. Eigentlich begann alles damit, dass ihr drei hier Svenja nach Nordkorea getrieben habt, damit sie einen Mann herausholt, der etwas über das Atomprogramm der Nordkoreaner wissen konnte. Diese Operation schien darauf angelegt, Svenja zu opfern. Und der Nordkoreaner ist dann von einem eurer Hilfssheriffs in San Francisco getötet worden, vermutlich aus reiner Habgier. Diesmal sollte Charlie hier offensichtlich geopfert werden.« Er griff in seine braune Ledermappe und zog das Bild heraus, das Wu von seinem umfunktionierten Konferenztruck geschossen hatte. »Ich könnte mir die Mühe machen, euch das alles mit Daten und Orten und dergleichen zu belegen.« Er ließ das Bild auf den niedrigen Tisch segeln, sodass alle es sehen konnten.
»Ich will es kurz machen, denn sonst sitzen wir morgen noch hier: Ihr habt die Bombe gekauft, habt sie bezahlt mit einer Milliarde Euro. Die hat euch Glen Marshall gegeben, weil er seinem Präsidenten endlich mal zeigen wollte, wie ein kluger Mann Schurkenstaaten aufs Kreuz legt. Il Sung Choi hat das unglaubliche Ding für euch gedeichselt. Als er dann allerdings nicht wie verabredet auftauchte, hattet ihr ein riesiges Problem, denn er war der Einzige, der euch die Kennung des Containers mitteilen konnte. Dieses Wissen war schließlich seine Lebensversicherung. Hier ist übrigens noch ein hübsches Dokument von eurem Dreimonatstrip nach Peking.« Er legte Wus Fotografie auf den Tisch, die die drei in Peking beim Gottesdienst zeigte. Dann fuhr er mit einer fast melancholischen Stimme fort: »Und du, Archie, hast dieses Ding mit großer Begeisterung durchgezogen, weil du ganz fest an die glorreiche Stunde geglaubt hast, in der du deinem Präsidenten die Bombe zu Füßen legen konntest, um dann die reiche Ernte einzufahren und zum umjubelten Liebling des amerikanischen Volkes erhoben zu werden. Und du hast sicher von einem amerikanischen Präsidenten geträumt, der trunken vor Glück in die Kameras sagt, dass seine CIA eben doch der beste Geheimdienst der Welt ist, mit lauter genialen Leuten an Bord – und einem Obergenie. Und Sie, Nancy, würden todsicher mit einem hohen Orden belohnt und irgendwo in Malibu bis zu Ihrem Tod residieren, bezahlt vom Volk, umgeben von jungen, gut gebauten Machos. Ihre Story wäre den Giganten des Kitschs todsicher eine Verfilmung wert. Besonders der Teil der Geschichte, in der Sie den Milliardär Marshall flachlegten, um Ihnen das Unternehmen zu finanzieren. Bei Ihnen, Mister Young, bin ich nicht sicher, was Sie für Ihre Zukunft geplant hatten. Vielleicht eine Insel in der Südsee? Jedenfalls können wir mit Datum und Uhrzeit beweisen, dass Sie Ben Wadi auf Mauritius getroffen haben. Um die banktechnische Seite des Deals klarzumachen, nicht wahr? Denn erst mussten ja die Gelder fließen.« Krause
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