Bruderdienst: Roman (German Edition)
ist ein gewisser Ben Wadi. Ich bin mir sicher, dass Sie schon einiges über ihn gehört haben. Er ist achtundvierzig Jahre alt, und Ben Wadi ist natürlich nicht sein vollständiger Name. So kennt man ihn aber in der Geschäftswelt und in den Hochglanzmagazinen, wenn er wieder mal eine langbeinige Blondine an seiner Seite Gassi führt. Er residiert irgendwo an der Bahnhofstraße. Hintergründe, genaue Instruktionen und Ihr Ticket bekommen Sie im Sekretariat. Und nun ein paar Worte zu Ben Wadi.« Er goss sich einen Schluck Wasser in ein Glas und trank es langsam aus.
»Er wird Ihnen mit Sicherheit zu Beginn die Frage stellen, warum wir ausgerechnet zu ihm kommen. Sie werden antworten, das sei eigentlich logisch und die erste Adresse, denn er vertrete einen wirtschaftlich höchst bedeutsamen Pool an internationalen Anlegern, und deshalb könne er möglicherweise einen Verdacht haben, wer denn so etwas wie ein Atombömbchen kauft. Sie halten sich an Ihre sechste Legende, Sie sind Dr. Kai Dieckmann, Sicherheitsexperte der Bundesrepublik Deutschland. Und Sie haben das Bundeskanzleramt hinter sich. Natürlich sind Sie ganz locker und hören gut zu …«
»Ist er eine Heuschrecke?«, wollte Müller wissen.
»Genau das, mein Sohn. Er ist eine Heuschrecke so groß wie der Kölner Dom, ach was, so groß wie die Münchner Innenstadt. Und wir haben ihn im Visier, weil es in seiner Vita einen merkwürdigen Punkt gibt. Geboren ist er als Angehöriger dessen, was am Golf die Prinzengarde heißt und wenig mit dem Kölner Karneval zu tun hat. Also ein Adliger. Fragen Sie mich nicht nach den verwandtschaftlichen Hintergründen, das wissen unsere Königshäuser-Spezialisten. Wadi ist also ein Mann, der mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde, und ich muss hinzufügen, dass der goldene Löffel bisher nicht entfernt wurde. Er ist im Rudel erzogen worden, wobei ich mir nicht vorstellen kann, was genau das heißt. Er studierte Wirtschaftswissenschaften in den Staaten und in England, hat einen beeindruckenden Doktortitel hingelegt, tauchte vor etwa zehn Jahren in Zürich auf und gründete eine Firma namens Gladius. Wenn mich meine Bildung nicht im Stich lässt, kommt das aus dem Lateinischen und bedeutet Schwert. Und er war sofort erfolgreich, was auf Deutsch heißt, dass er etliche Milliarden aus der Golfregion mitbrachte, die er verwaltete und mehrte. Sein persönliches Vermögen schätzt man auf etwa drei bis vier Milliarden plus Kleingeld. Interessanter ist schon, was er verwaltet. Es wird in Finanzkreisen geschätzt, dass er jederzeit etwa zwanzig bis dreißig Milliarden abrufen kann. Wir reden hier von Euro, und damit über einen Burschen, der im Bereich DaimlerChrysler oder BMW spielt, aber durchaus auch beim russischen Gold oder Erdgas mitmischen kann, wenn man ihn lässt. Kurz, er ist aggressiv, hochintelligent, ausgesprochen höflich, sehr zurückhaltend. Und er redet niemals über Geld.« Sowinski goss sich erneut Wasser ein und nahm einen Schluck. »Und damit das klar ist: Es war Krauses Idee, und ich halte sie für sehr gut. Sie haben einen Termin um elf Uhr. Und jetzt Gott befohlen. Und kommen Sie so schnell wie möglich zurück. Treffbericht an mich.« Damit war Müller entlassen.
»Moment«, wandte Müller ein. »Sie sagten doch, dass es in Ben Wadis Leben einen merkwürdigen Punkt gibt. Den haben Sie ausgelassen.«
»Tatsächlich? Du lieber Himmel, ich sollte mal eine Pause einlegen. Dieser merkwürdige Punkt liegt schon einige Jahre zurück. Er muss damals Ende zwanzig gewesen sein. Die Sache ist nur dann zu verstehen, wenn man auf einen alten Verdacht zurückgreift. Es ist immer wieder die Rede davon gewesen, dass die Saudis möglicherweise das atomare Programm der Pakistaner finanziert haben. Pakistan war pleite, hatte aber Dr. Abdul Qadeer Khan und besaß plötzlich ein edel ausgerüstetes Institut zur Erforschung atomarer Prozesse. Khan musste später zugeben, die Technik an Nordkorea und an den Iran weitergegeben zu haben. Man stellte ihn unter Hausarrest, er hatte dabei aber jahrelang im Edelhotel der Saudis eine Suite. In der Phase, in der er sein Institut aufbaute, tauchte in seinem Umfeld ein junger Saudi auf. Das war Ben Wadi. Und zumindest damals war er wohl, auch nach seinen eigenen Äußerungen zu schließen, ein ruppiger Gotteskrieger. Er benahm sich so, er handelte so und wurde dann gestoppt vom königlichen Clan. Von dem Punkt brillierte er wie ein königlicher Pantoffel und kompensierte seinen
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