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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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religiösen Eifer, indem er ein cleverer Wirtschaftsmanager wurde. Krause fragt sich nun, ob Wadi seine politischen Ideale möglicherweise nur verdeckt und heimlich weiterverfolgt hat.« Sowinski starrte einen Moment aus dem Fenster. »Krause hat seine Ideen für Sie aufgeschrieben. Das Memo liegt bei Ihren Papieren.«
    »In Ordnung. Dann bis später«, verabschiedete sich Müller.
     
     
     
    Seine Maschine ging um 7.35 Uhr, und er hatte noch Zeit, Svenja anzurufen.
    »Hallo, ich bin’s. Ich wollte dich gestern Abend eigentlich ins Kino einladen.«
    »Oh«, erwiderte sie, »das ist schade, aber ich hätte auch keine Zeit gehabt. Ich war beim Chef, und es ist spät geworden. Was treibst du?«
    »Kurze Tour. Bin heute Abend wieder da. Kann ich dich dann sehen?«
    »Das dürfte gehen. Versuch es einfach mal.«
    Es herrschte sonniges Wetter, der Flug war kurz. Müller las Krauses Notizen, grinste, als er bestimmte Formulierungen wiederfand, die typisch für Krause waren. Zum Beispiel: Achtung! Aus der Fassung bringen! Er hat bei Barclays wahrscheinlich sechzehn Milliarden drin! Heiße Kiste! Er zerriss das Papier und warf die Schnipsel in einen Mülleimer. Dann ließ er sich mit dem Taxi in die Zürcher Innenstadt bringen und schlenderte dort die Bahnhofstraße entlang. Wadis Firmensitz war ein nichtssagender Bau, glatt, fantasielos, sechs Geschosse, Büros. Es gab nur eine schmale Messingtafel mit dem Wort Gladius in geschwungenen Buchstaben daran, viel zu verspielt für das Geschäft.
    Er kaufte nebenan an einem Kiosk die Neue Zürcher Zeitung und die Süddeutsche . Der Aufmacher bei beiden war die Frage: Atombombe verkauft? Und schon ab dem dritten Satz begannen die Spekulationen und Gerüchte. Kein Fleisch, wie Journalisten sagen würden.
    Als er endlich an dem Gebäude klingelte, war es 11.02 Uhr.
    Eine Frauenstimme fragte: »Dr. Dieckmann?«, und als er bestätigte, sagte sie: »Gehen Sie bitte geradeaus in den Lift. Willkommen und herzlichen Dank.«
    Müller konnte nur in den Lift gehen, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Direkt hinter der Eingangstür begann ein schmaler Flur, der geradewegs vor der Lifttür endete. Der Aufzug ließ sich nicht steuern, da es kein Bedienungsfeld gab. Die Tür schloss sich automatisch hinter ihm, der Lift setzte sich in Bewegung, und nach Müllers Empfinden brachte er ihn in den sechsten Stock.
    Als die Tür sich öffnete, empfingen ihn zwei Securityleute in schwarzen Anzügen, aufdringlich massig mit kurz geschorenen Haaren. Sie nickten ihm zu, und der linke von beiden sagte freundlich: »Bitte zwei Schritte vor, Herr Doktor.«
    Müller trat zwei Schritte vor, zog seinen Trenchcoat aus, steckte die Zeitungen in die Manteltasche und überlegte, was für Waffen sie wohl trugen.
    Er wurde vorsichtig, aber gründlich abgetastet und für gut befunden.
    Eine tiefe, seidenweiche Stimme sagte von irgendwoher in fließendem Englisch: »Tut mir leid, aber meine Versicherungen bestehen darauf.«
    Der Raum war riesig und erstreckte sich über die ganze Etage. Der Mann stand zehn Meter entfernt an einer Sitzecke aus schwarzem Leder. Er war fast einen Kopf kleiner als Müller, sehr schmal, trug einen hellbraunen Sommeranzug über einem gelben, offenen Seidenhemd. Seine weißen Zähne leuchteten wie eine Waffe, und seine Haut hatte die Farbe von Milchkaffee.
    »Guten Morgen«, sagte Müller und ging auf ihn zu. »Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen.«
    »Wenn ich helfen kann, gern.« Sein Händedruck war fest, seine Miene freundlich. »Setzen wir uns hierher? Was möchten Sie trinken?«
    »Ein Wasser, bitte.« Müller nahm in einem der Sessel Platz.
    Der Raum war tatsächlich groß genug, um sich darin zu verlieren. Es gab fünf Sitzecken und ebenso viele große Fernsehschirme. Viel Leder, viel Messing und gebürsteten Stahl, unzweifelhaft die Handschrift eines guten Innenarchitekten. Die wenigen Möbel hatten eine rote Rosenholzmaserung, es gab keine Schränke. Und überall standen bunte Blumensträuße. Müller fragte sich flüchtig, wie viele Mikrofone in dem Raum eingebaut sein mochten.
    Ben Wadi sorgte selbst für das Wasser, seine Bewegungen waren schnell und sicher, seine Hände auffallend elegant. »Ich bin erstaunt, dass Sie gerade auf mich gekommen sind.«
    »Nicht verwunderlich«, antwortete Müller und dachte: Keine Koketterie, mein Lieber! »Sie vertreten viel Kapital, viele Anleger, Sie sind international tätig. Wenn Sie auf die Trommel schlagen, kommen schon mal zwanzig,

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