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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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wahrscheinlich würde der Skipper von den hundert Dollar die Hälfte für sich abzweigen.
    Plötzlich kam Wind auf und riss die Nebelfetzen auseinander.
    »Jetzt essen wir erst mal«, sagte der Skipper.
    In der Ferne tauchten Inseln auf, felsige Inseln, sie sahen aus wie große spitze Hüte.
    »In der Mitte, das ist Topo«, sagte der Skipper. »Keine Menschenseele da.«
    Die Suppe war kochend heiß, Müller konnte die Dose nicht anfassen.
    Der Skipper lächelte und reichte ihm einen uralten Löffel. Zink oder so was, dachte Müller. Die Suppe schmeckte hervorragend.
    »Wann wird denn Nordkorea wieder zu euch gehören?«, fragte Müller.
    »Hoffentlich nie. Das wird nur unglaublich viel kosten. Alles, was mit denen im Norden zu tun hat, kostet ein Vermögen. Hast du von den zwei Zügen gehört? Einer kam von Norden, ein anderer ging nach Norden. Und sie haben so getan, als könnte das eines Tages normal sein. Eine lächerliche Veranstaltung. Und wir im Süden haben das bezahlt. Achtzig Millionen Dollar haben wir ihnen für diese beiden Züge zuschieben müssen. Das muss man sich mal vorstellen, achtzig Millionen für nichts, für eine miese Show.«
    »Warum holst du hier Menschen aus dem Wasser? Wenn hier doch Schnellboote und U-Boote sind und so was?«
    »Auf dem Landweg kommt man sonst nur über China raus, und von dort manchmal in die Mongolei, oder über Russland. China ist riesig, und wirklich weiter kommt man nur in Peking oder Schanghai, aber dorthin zu gelangen, dauert Monate. Die Flüchtlinge müssen unterwegs arbeiten, weil sie kein Geld haben. Für jedes Geld arbeiten, das sie angeboten kriegen. Die meisten Frauen arbeiten früher oder später als Nutten. Die Mongolei geht eigentlich auch nicht, weil die Menschen da selbst nicht viel haben. Und Wladiwostok ist eine elende Stadt. Es gibt auch Flüchtlinge, die unbedingt nach Japan wollen, weil Japan nah ist. Aber dann kommst du ohne neue Papiere kaum wieder aus Japan raus. Also bleiben nur die Inseln hier, wenn jemand unbedingt raus will.«
    »Und die Menschen, die du rausholst, wo kommen die her?«
    »Die kommen aus dem ganzen Land. Und diese Reise ist schon beschissen, weil du einen Schein brauchst, wenn du von einem Dorf zum anderen willst. Dann geht es mit Fischerbooten raus. Von Haeju, das ist eine Stadt an der Küste. Und das ist lebensgefährlich. Für die Menschen und die Fischer. Und sie versuchen es immer wieder, jeden Tag aufs Neue.« Den Rest seiner Suppe trank er aus der Dose.
    »Was hältst du denn von der Idee, dass sie eine Atombombe verkauft haben könnten?«
    »Oh Gott, frag mich nicht so was, Mann. Das passt zu ihnen. Da war doch irgendwann eine Explosion, oder? Da haben die USA gesagt, es sei eine schwache Bombe gewesen und sie hielten die im Norden nicht für eine Atommacht. Vielleicht haben sie sich reinlegen lassen, die Amis sind doch so, oder?«
    Er stand auf und legte die beiden Netzbäume links und rechts vom Boot aus über das Wasser. Seine Bewegungen waren schnell und konzentriert. Er grinste und erklärte: »Wir müssen ein wenig Tamtam machen, Tamtam ist wichtig hier. Und du musst unten bleiben und dich ducken. Man darf dich nicht sehen.«
    Also ging Müller zum Bug und setzte sich dort auf das Deck. Er war ungeduldig, wollte alles so schnell wie möglich hinter sich bringen. Er dachte an Svenja und war froh, dass sie nicht hier bei ihm war. Dann fand er diesen Gedanken absurd, und er spielte mit der Möglichkeit, sie anzurufen. Aber er ließ es sein, es war zu gefährlich, und er wusste nicht, wie gut die Ohren auf den Schnellbooten waren.
    Der Motor lief an, der Skipper brüllte gut gelaunt: »Here we come!«
    Dann erschien plötzlich ein Loch in den grauen Wolken und gab den Blick frei auf ein Stück strahlend blauen Himmel. Der Wind blies kräftiger, und die Welt wurde ein klein wenig freundlicher.
    Das Boot tuckerte auf die Insel in der Mitte zu, Müller kam es unglaublich langsam vor.
    Dann brüllte der Skipper: »Verkriech dich!«, und deutete nach links.
    Etwas Graues, schiefergrau wie alle Schnellboote, näherte sich ihnen von der Seite und zerteilte das Wasser wie ein Messer.
    Müller rannte tief gebückt zu der Luke und ließ sich auf einem Brett neben dem Motor nieder. Er musste sich in dem Verschlag zusammenkauern und den Kopf einziehen, dann knallte der Deckel herunter, und die Welt um ihn herum wurde rabenschwarz. Der Motor war unerträglich laut, und Müller verlor jedes Gefühl für Zeit.
    Er schätzte, dass

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