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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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etwa eine halbe Stunde vergangen war, als der Motor plötzlich stoppte. Er hörte Männer, die einander etwas zuriefen. Sie wirkten nicht im Geringsten hektisch oder aufgeregt, niemand brüllte unangenehm harte Befehle. Sie sprachen miteinander, etwa so, wie wenn man sich beim Fischen auf dem Meer trifft, zufällig und in Ruhe. Er konnte die Stimme des Skippers ausmachen, und einmal glaubte er das Wort Dollar herauszuhören, aber da konnte er sich auch irren. Dann hörte er einen Motor winseln und schnell näher kommen.
    Sie holen sich das Geld, dachte er. Na klar, sie schicken ein kleines Boot für das Geld. Sein Skipper gab einige entspannt klingende Laute von sich, woraufhin eine andere Stimme ebenfalls völlig unaufgeregt zwei, drei Worte erwiderte. Dann sagte der Skipper etwas wie okay, okay. Danach war es still, einen Augenblick später hörte er den Motor des kleinen Bootes wieder kurz aufjaulen und dann langsam immer leiser werden. Der Motor direkt neben ihm wurde angelassen, und er presste sich die Handflächen auf die Ohren. Er spürte die starken Bewegungen des Schiffes. Dann wurde der Deckel weggenommen, und der Skipper über ihm sagte: »Bleib noch eine Weile unten, bis sie ganz weg sind. Siehst du, läuft alles glatt, wie immer. Keine Gefahr.«
    »Das möchte ich mir auch ausbitten.« Müller hatte in beiden Ohren ein kräftiges Rauschen.
    »Wir fahren jetzt ganz langsam um Topo herum und dann werden wir den Mann sehen, den du rausholst. Oder die Frau.«
    »Wieso Frau?«, fragte Müller überrascht.
    »Na ja, ich weiß das nicht.«
    »Es ist ein Mann«, sagte Müller. »Hoffentlich.«
    Der Skipper begann schallend zu lachen. »Das liebe so ich an den Spionen. Sie kommen, um was abzuholen, wissen aber gar nicht, was es sein wird. Komm jetzt hoch, das Schnellboot ist weg.«
    »Und wenn es wieder auftaucht?«
    »Das wird es nicht, Mann. Sie haben sich die Dollar geholt und kehren uns den Rücken zu, bis wir abhauen. So sieht der Deal aus.«
    »Wenn du meinst.«
    »Oh, das meine ich nicht nur, das ist so.« Er ging zurück in sein Steuerhaus, um sein Schiffchen auf Kurs zu bringen.
    Es dauerte unendlich lange, weil er unglaublich langsam fuhr.
    Müller erkannte auf der Mitte des Felsens ein breites Band von niedrigen grünen Büschen. Er schätzte die Höhe des Felsens auf etwa achtzig Meter. Er fiel steil ins Meer hinab, da gab es weit und breit kein Ufer.
    Dann kam zum ersten Mal an diesem Tag die Sonne hervor.
    Der Skipper fuhr rechts an dem Felsen vorbei, wahrscheinlich, um den weiten Blick zu behalten und keine Überraschung zu riskieren. Linker Hand lagen in kurzer Entfernung vier kleinere, sehr flache Inseln. Ehe er das Ruder nach Backbord einschlug, schien er einen kurzen Moment zu zögern, und Müller sah, wie er mit einem Fernglas das Meer absuchte. Die nächste steile Insel lag vielleicht einen Kilometer querab.
    »Okay!«, nickte der Skipper. Dann benutzte er wieder den Holzstab, um das Schiff auf gleichem Kurs zu halten, und kam zu Müller. »Was erwartest du denn?«
    »Einen Mann«, antwortete Müller. »Er heißt Kim.«
    »Na, denn«, sagte der Koreaner.
    »Du nimmst die Handlampe und gibst dreimal lang. Dann zweimal kurz und viermal lang. Dann wird er kommen.«
    Die andere Seite der Insel hatte einen halbmondförmigen Strand aus dunklen Steinen, nicht länger als dreißig Meter. Darüber drei große Büsche, dann der nackte, senkrechte Fels.
    Der Skipper gab das Zeichen, und sie warteten.
    »Und wie kommt er auf das Boot?«, fragte Müller.
    »Er muss ein paar Meter schwimmen. Ganz ran kommen wir nicht.«
    »Hoffentlich kann er schwimmen.«
    Der Skipper lachte wieder.
    Aus dem mittleren Gebüsch tauchte ein Mann auf und winkte zu ihnen herüber. Er wirkte winzig.
    Der Skipper schrie ihm etwas zu und ruderte dabei wild mit den Armen.
    Der Mann bewegte sich, er ging zum Wasser. Dann schwamm er auf sie zu.
    »Wie ist er denn auf die Insel gekommen?«, fragte Müller.
    »Schwimmend«, sagte der Skipper. »Manchmal warten sie tagelang, ehe jemand kommt, der sie holt. Und dann kann es immer noch der Falsche sein. Einmal war ich hier, da lag der Fahrgast tot am Strand.«
    »Sehr tröstlich«, sagte Müller.
    Der Mann hatte ungefähr eine Strecke von fünfzig bis sechzig Metern zu schwimmen, und das machte er sehr langsam, als sei er bereits am Ende seiner Kräfte. Als er endlich neben dem Schiff auftauchte, reichte Müller ihm die Hand und zog ihn aus dem Wasser. »Kim?«
    Der Mann nickte und

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