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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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kleidete sich ganz leger nur in Hemd und Hose und fuhr hinunter in die Hotellobby, um in der Bar einen Drink zu nehmen. Dieser Officer Stuart, dachte er auf dem Weg nach unten, bei dem könnte was zu holen sein. Aber den muss ich mir für morgen aufheben. Jetzt bleibe ich erst mal im Hotel. Die müssen hier eine Menge mehr wissen als Edda. Wenn sie nicht wollen, dass man über diese alte Geschichte redet, dann steckt da doch mit Sicherheit noch was dahinter.
    Entgegen seiner ursprünglichen Absicht ging er zum Empfang und sagte: »Könnte ich bitte jemanden von der Direktion sprechen?«
    »Aber selbstverständlich, Mister Cross«, erwiderte eine der Angestellten und sagte irgendetwas in das Mikrofon an ihrem Platz. »Haben Sie eine Beschwerde?«
    »Nein, nur eine Bitte.«
    Nach einer Weile erschien ein junger Mann, der geradezu ölig fragte: »Was kann ich für Sie tun?«
    »Nun, es geht um Ihr Dach«, erklärte Dehner gut gelaunt. »Ich habe heute Mittag dort fotografiert und würde das jetzt sehr gern noch mal im Abendlicht tun. Es ist einfach eine fantastische Aussicht, wenn Sie verstehen, was ich meine. Deshalb wollte ich fragen, ob jemand noch mal so freundlich wäre, mir die Eisentür aufzuschließen.«
    »Da muss ich eben nachfragen«, sagte der junge Ölige.
    Er trug einen Anzug, der im Farbton zwischen Grün und Braun changierte und einfach unmöglich aussah. Ein lichtblaues Oberhemd und eine grellrote Krawatte setzten dem Ganzen die Krone auf. Dehner bezeichnete so etwas als untragbares Ensemble und hätte es unter normalen Umständen unbedingt vermieden, mit einem solcherart gekleideten Menschen Kontakt aufzunehmen.
    »Ich bitte einen Moment um Ihre Geduld«, murmelte der Ölige und verschwand durch eine der Türen im Hintergrund.
    Als er zurückkehrte, lächelte er nicht einmal mehr, sondern äußerte nur mit gänzlich verschlossener Miene: »Das ist leider nicht möglich, Mister Cross. Die Geschäftsleitung untersagt das aus Sicherheitsgründen.«
    »Oha!«, sagte Dehner und war augenblicklich unkontrolliert stinksauer. »Ich stelle auch keine Fragen mehr nach dem lebensmüden Mister Smith.« Das troff vor reinem Sarkasmus, und er wusste noch in derselben Sekunde, dass er einen schwerwiegenden Fehler gemacht hatte. Aber es war bereits zu spät.
    »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, sagte der Ölige mit steinernem Gesicht. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen.«
    Am Empfang saßen drei Frauen. Sie alle starrten Dehner jetzt ernst und misstrauisch an.
    »Na ja, schade«, sagte er betont gelassen, drehte sich um und schlenderte auf die Drehtür zur Straße zu.
    Als er in die Abendsonne hinaustrat, begann er angestrengt zu überlegen, wie er seinen Fehler wieder ausbügeln könnte, aber es fiel ihm auf Anhieb nichts ein. Ein Lehrer hatte einmal gesagt: Wenn Sie einen Fehler machen, haben Sie nur zwei Möglichkeiten. Entweder Sie geben ihn sofort zu und warten ab. Oder aber Sie tun so, als hätten Sie das nicht bemerkt.
    Du bist ein Blödmann, schalt er sich. Du machst einen Riesenfehler an einer völlig unmöglichen Stelle. Wieso musstest du den Typ provozieren? Wie ein Kind! Wie ein trotziges Kind!
    Er wanderte eine halbe Stunde um den Block und spielte dabei mit dem Gedanken, Sowinski oder die Leitung Operative Sicherheit anzurufen, den Fehler einzugestehen und den Befehl zu bekommen, auf der Stelle den Rückzug anzutreten und sich in den Flieger Richtung Heimat zu setzen.
    Aber er rief nicht an, er wanderte stur weiter, sah nichts und niemanden und kochte vor Wut auf sich selbst. Wie hatten die Instruktoren immer wieder gesagt? Treffen Sie niemals eine Entscheidung, wenn Sie wütend sind.
    Er fragte sich, ob er überhaupt der richtige Mann für den Bundesnachrichtendienst war. Ob es nicht entschieden besser wäre, auszuscheiden und etwas ganz anderes zu versuchen. Irgendetwas Ruhiges bei einer Bank zum Beispiel. Seine Mutter würde ohnehin in den nächsten Monaten von ihm gehen, er würde dann sowieso allein sein, und Berlin war möglicherweise auch nicht der richtige Platz für ihn. Vielleicht war es irgendwo weit weg besser, auf einer griechischen Insel zum Beispiel. Eine Kneipe aufmachen. Er erinnerte sich, dass seine Mutter ihn einmal nachts gefragt hatte: »Was wirst du tun, wenn ich nicht mehr bin?« Er hatte keine Antwort darauf gehabt, schon die Frage war ihm furchtbar erschienen, hatte seinen Mund ganz trocken gemacht, und er war aufgesprungen und hatte das Zimmer verlassen.
    Als er den

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