Bruderdienst: Roman (German Edition)
auch für ihre Flugzeuge keinen Sprit. Sie pfeifen immer auf dem letzten Loch. Sissy, bei mir klingelt es. Ein Freund will eine Tour besprechen. Kannst du in ein paar Stunden noch mal anrufen. Nach unserer Zeit gegen Mitternacht?«
»Klar, mein Lieber, und danke erst mal.«
Esser kam herein. »Das war aber ein abrupter Schluss!«, sagte er.
»Irgendetwas hat ihm wohl nicht gepasst. Es ist nicht sinnvoll, Wu an die Wand zu drücken«, sagte sie. »Immerhin hat er gesagt, ich kann wieder anrufen, ich will ihn mir nicht vergraulen. Das Ganze war wohl doch schon einen Tick zu professionell.«
Esser dachte kurz darüber nach und nickte dann. »Könnte sein.« Er griff nach seinem Fragenkatalog und bemerkte: »Das brauchen wir auch nicht mehr.«
»Auf was, zum Teufel, wollen wir eigentlich hinaus?« Svenja grinste Esser schief an. »Sie würden mich außerordentlich glücklich machen, wenn ich am Herrschaftswissen teilhaben dürfte.«
Esser lächelte voll Verständnis. »Schrecklich, diese Vorgesetzten, nicht wahr? Wir sind auf einen gigantischen Beschiss aus.«
»Und wer betrügt da wen?«
»Wenn wir diese Frage beantwortet haben, können wir uns ausruhen.«
»Das ist mir zu hoch«, murmelte Svenja resigniert.
Sehr viel später, als die Affäre für den Unterricht der Eleven aufbereitet wurde, kam der Verdacht auf, dass auch Esser zu diesem Zeitpunkt bereits die Antwort auf die Frage aller Fragen kannte. Es muss aber betont werden, dass sehr wahrscheinlich die Frage aller Fragen da noch gar nicht gestellt werden konnte, weil man sie einfach noch nicht kannte. Bei Krause kann man zumindest eine Ahnung von den Dingen zu jenem Zeitpunkt voraussetzen, bei Esser eher nicht. Wie Esser später selbst mit viel Ironie gestand »taumelte ich noch heftig im All«.
Krause und Moshe waren auf der Intensivstation. Eine Krankenschwester hatte ihnen den Weg gezeigt, sie mussten lichtblaue Schutzkleidung anlegen und eine alberne Plastikhaube tragen. Sogar ihre Schuhe wurden so verpackt. »Zwei Minuten, höchstens!«, hatte eine vollkommen verhüllte Figur streng festgelegt, von der man nicht mit Sicherheit sagen konnte, welchen Geschlechts sie war.
Krause trat an das Bett. Es war beängstigend viel Technik um seine Frau, und eine noch viel beängstigendere Stille in dem Raum.
»Wally!«, sagte Krause, ratlos vor Furcht. »Guck mal, wen ich dir mitgebracht habe.«
Moshe trat schüchtern einen halben Schritt vor und nickte ihr wortlos zu.
Sie war hellwach, sie grinste eindeutig, obwohl da ein dünner Schlauch in ihre Nasenlöcher führte und ein gewaltiges Rohr in ihren Mund. Ihre Augen funkelten.
»Hast du Schmerzen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Bald hast du es geschafft und kannst mir zu Hause wieder auf den Geist gehen.«
Moshe sagte mit weicher Stimme: »Es freut mich aufrichtig, dich leben zu sehen. Und es wird Zeit, dass du nach Hause kommst. Dein Mann richtet da ein furchtbares Chaos an, und im Kühlschrank ist auch keine Hoffnung mehr.«
Sie lächelte.
Dann wandte Moshe sich unvermittelt ab und verschwand hinter dem Vorhang.
»Sie sagen mir Bescheid, wenn du wieder in deinem Zimmer bist«, sagte Krause. »Und mach schnell, verdammt noch mal, du wirst gebraucht.«
Wally hatte die Augen jetzt geschlossen und sah so aus, als schlafe sie ein. Krause nahm das als ein Zeichen und war erleichtert, dass er gehen konnte.
In einer Art Schleuse befreiten sie sich von dem Plastikzeug, und Moshe sagte ziemlich nervös: »Ich kann diese Maschinen einfach nicht ertragen, sie lassen die Menschen irgendwie verschwinden.«
»Schon gut, mein Alter.« Krause ging voran, als sie den Korridor entlangtrabten. »Ich müsste mich eigentlich im Dienst sehen lassen.«
»Das passt doch. Ich fahre in die Botschaft und komme dann mit den Filmen.«
»Das wäre schön. Und wenn alles optimal läuft, grillen wir heute noch.«
»Lieber nicht«, warnte Moshe. »Es gibt Wünsche, die besser nicht in Erfüllung gehen.«
»Ja, da hast du wohl recht.« Krause grinste.
Sie saßen im Steuerhaus des Bootes und hatten nicht mehr Platz als in einem Einmannzelt. Der Skipper war unterwegs, um Kleidung für Kim zu kaufen, billig und einfach, wie Müller betont hatte. Nichts Exklusives!
»Ich habe keine Ahnung, wie es mit mir weitergehen soll«, sagte Kim nachdenklich.
»Du musst dir keinen Druck machen«, beruhigte ihn Müller. »Du kannst dir alles in Ruhe ansehen und dann entscheiden.«
»Ich weiß nicht, ob
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