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Bruderherz

Titel: Bruderherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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einen Haftbefehl gegen dich.«
    »Warum das, in aller Welt?«
    »Wegen des Mordes an deiner Mutter.«
    »O nein, nein, nein, nein…!«
    »Andy, ich weiß, dass du es nicht getan hast. Ich glaube dir. Aber das Beste ist, du sprichst mit der Polizei und klärst diesen Mist auf. Wo bist du? Ich schicke dir jemanden, der dich abholt.«
    »Danke für alles, Cynthia.« Ich legte den Hörer auf und dachte: Sie mussten sie irgendwann finden. Orson, du hast mich schon wieder reingelegt! Ich starrte auf meinen auf dem Sofa liegenden Bruder. Er würde bald aufwachen. Bis das hier nicht erledigt ist, hast du kein Zuhause mehr. Vielleicht wirst du nie wieder nach Hause kommen.
     
    Orson wachte am frühen Nachmittag auf und fand sich nackt auf einem Holzstuhl in seinem Fernsehzimmer gefesselt. Handschellen fixierten seine Arme hinter der Lehne und ein Seil seine Beine am Stuhl. Ich hatte die Tür und die Läden geschlossen und den Fernseher so laut gestellt, dass das Gerät vibrierte. Währenddessen saß ich auf der Couch und wartete darauf, dass er sein Bewusstsein und seinen Verstand wiedererlangen würde.
    »Verstehst du mich?«, brüllte ich. Er erwiderte etwas, doch ich konnte ihn wegen des Fernsehers nicht verstehen. »Sprich lauter!« Ich wusste, dass er immer noch orientierungslos war.
    »Ja. Was ist…« Ich sah, dass ihm alles wieder einfiel – der Kampf, der Kofferraum, Walter. Als er lächelte, wusste ich, dass er wieder bei vollem Bewusstsein war. Ich nahm die Fernbedienung von der Couch und stellte den Ton aus.
    »Orson«, erklärte ich. »Das Spiel geht folgendermaßen: Ich stelle die Fragen. Du beantwortest sie. Schnell, präzise…«
    »Wo ist Walt? Nein. Lass mich raten. Liegt er in meinem Loch?«
    Ich kämpfte meine Wut nieder, denn ich spürte, dass meine Folter effektiver sein würde, wenn ich ruhig blieb. Also riss ich mich zusammen und fragte: »Hast du immer noch die Videobänder und die Fotos von dir und mir in der Wüste?«
    »Natürlich.«
    »Wo sind sie?« Er lächelte und schüttelte den Kopf.
    Ich schaltete den Ton wieder ein und der Fernseher brummte. Es war eine Wiederholung der »Andy Griffith Show«, in der Barney Fife versucht, Mitglied in einem Kirchenchor zu werden, obwohl er absolut kein Talent zum Singen hat. Wir haben uns diese Show immer zusammen mit unserem Vater angeschaut.
    Ich stand auf, trat hinter seinen Stuhl, holte ein silbernes Feuerzeug aus meiner Tasche, das ich in Orsons Schrank gefunden hatte, und ließ es aufflammen. Trotz der Hölle, durch die er mich geschickt hatte, fiel es mir sehr schwer, ihm Brandwunden zuzufügen. Aber ich tat es trotzdem.
    Orson stöhnte elendig und nach sechs Sekunden klappte ich das Feuerzeug zu und setzte mich wieder auf die Couch. Schweiß perlte auf seiner Stirn, sein Gesicht war rot angelaufen. Ich stellte den Fernseher leise.
    »Puh!« Er lächelte trotz der Schmerzen. »Mann, das ist unangenehm! Aber du weißt ja, der Rücken ist nicht der sensibelste Teil des Körpers. Du solltest mein Gesicht verbrennen. Die Lippen, die Augen. Lass sie kochen.«
    »Orson, sind die Videobänder und die Fotos hier in dem Haus?«
    »Nein.«
    »Sind sie in Woodside?«
    »Brenn weiter.«
    Das Stimmengewirr aus dem Fernseher schallte durch den Raum. Ich beugte mich vor und hielt das Feuerzeug gegen die Innenseite von Orsons Oberschenkel, während dieser mir mit fanatischem Interesse zuschaute. Dieses Mal fühlte ich mich weniger unwohl dabei, ihm Schmerzen zuzufügen.
    Als die züngelnde Flamme seine Haut leckte, überbrüllte er die falsche Singstimme von Barney Fife. Als das haarige, weiße Fleisch anfing zu kochen, ließ ich das Feuerzeug zuschnappen und stellte den Ton des Fernsehers ab. Er jaulte immer noch mit geschlossenen Augen, seine Zähne klapperten, der Atem ging stoßweise.
    »Wo bleibt dein Einsatz?«, fragte er, immer noch zuckend. Er saugte Luft durch die Zähne ein, um die Schreie zu unterdrücken. Er schaute auf seinen Schenkel, auf dem die gefolterte Haut zu einer leuchtenden Blase erblüht war. Ich konnte das süßliche, verbrannte Fleisch riechen, ein angenehm seltsamer Geruch, ähnlich wie Benzin.
    »In Ordnung, Orson«, sagte ich. »Also, Nummer drei.«
    »Vielleicht sind sie hier in der Stadt in einem Schließfach, das du niemals finden wirst. Vielleicht…« Der Fernseher plärrte wieder und ich stand auf und hielt das Feuerzeug unter Orsons rechtes Auge. »In der Wüste! In der Wüste!«, schrie er hysterisch, als ich es

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