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Brudermord

Titel: Brudermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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für Artgenossen, die ihr nicht mindestens bis zur Schulter reichten, aber es gab eine bestimmte Art des Kläffens, vornehmlich von Yorkshireterriern und sonstigen kleinen Wadelbeißern, die Elise ihre gute Erziehung vergessen ließ und die pure Anarchie zum Vorschein brachten.
    Clara hegte ein gewisses Verständnis für ihre Dogge, sah jedoch im Gegensatz zu ihr ein, dass man auch Rücksicht auf die anderen Hundebesitzer nehmen musste, die dieses Verständnis nicht aufbringen konnten.
    »Was führt dich denn zu mir, Liebes?« Frau Pronizius warf der jungen Frau, die an der Tür stehen geblieben war, einen herrischen Blick zu, die diese veranlasste, sich sofort zurückzuziehen und leise die Tür hinter sich zu schließen.
    Clara beschloss, dass es sinnlos war, um den heißen Brei herumzureden und so zu tun, als habe sie Frau Pronizius einfach nur besuchen wollen. Smalltalk konnte sie sich bei ihr sparen.
    »Es geht um die alte Dame, von der Sie letztes Mal meinten, sie sei womöglich umgebracht worden …«, begann sie und fügte dann noch hinzu: »Nach der Beerdigung von Dr. Lerchenberg.«
    Esther Pronizius runzelte die Stirn. »Ja«, meinte sie schließlich langsam, »ich kann mich an den Nachmittag erinnern.«
    »Meinten Sie mit der alten Dame Frau Agnes Thiele?«, fragte Clara weiter und verstärkte den Griff um Elises Halsband, da diese jetzt eine Tür entdeckt hatte, hinter der ein leises Winseln erklang.
    Frau Pronizius warf Elise einen strengen Blick zu, der diese kein bisschen beeindruckte, dann nickte sie bedächtig. »Ja, so hat sie geheißen, sie war Nervenärztin oder wie man das jetzt auch immer nennt. Wenn ich mich nicht täusche, hat sie vor diesem Dr. Selmany die Klinik, in der auch Ralph Lerchenberg gearbeitet hat, sogar geleitet. Ich kannte sie von der Gemeindearbeit. Sie hat nach ihrer Pensionierung bei den Gottesdiensten oft die Orgel gespielt, wenn der Organist verhindert war oder bei besonderen Anlässen. Und um die Bücherei hat sie sich auch gekümmert. Alles ehrenamtlich natürlich. Ihr Mann ist ja schon vor vielen Jahren gestorben, und die Kinder wohnen sonst wo. Die habe ich noch nie hier gesehen.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ist schon schlimm. Da zieht man unter großen Opfern und Entbehrungen Kinder groß, und dann lassen sie einen im Stich. Von Dankbarkeit keine Spur.«
    Sie beugte sich zu Clara hinüber und tätschelte ihre Hand. »Schön, dass du dich jetzt wieder öfter bei deinen Eltern sehen lässt. Sie werden ja auch nicht jünger, nicht wahr?«
    Clara antwortete nicht. Dieses Mal prallte die offensichtliche Spitze an ihr ab, und es meldeten sich keine Schuldgefühle. Ihr wurde dagegen übel bei dem Gedanken, dass Dr. Thiele die ganzen Jahre hindurch ein ganz normales Leben geführt hatte, während sie Ruth in der Klinik hatte dahinvegetieren lassen.
    »Die Nachbarin von Frau Thiele meinte, sie sei an einem Schlaganfall gestorben.«
    »Ja ja, sie hatte mehrere, soviel ich weiß. Hat ja immer geraucht, als sie noch konnte, ich sage immer schon, das Rauchen hat der Teufel gemacht. Wer keinen Krebs bekommt, stirbt am Schlaganfall oder Herzinfarkt. Rauchst du eigentlich immer noch, Claraschätzchen?«
    Clara nickte und sagte liebenswürdig: »Wie ein Schlot. Und ich trinke auch. Am liebsten Whiskey und Bier.«
    Erwartungsgemäß machte Frau Pronizius einen schockierten Eindruck. Sie war für Ironie nicht empfänglich. Besorgt schüttelte sie den Kopf. »Clarakind, so jung bist du doch auch nicht mehr, du solltest langsam etwas vernünftiger werden.«
    Clara lächelte: »Ich werd’s mir merken, Frau Pronizius.« Dann fuhr sie mit ihrem Anliegen fort, bevor die alte Dame noch auf den Gedanken kam, sie wegen möglicher Heiratskandidaten auszufragen. »Aber wenn Frau Thiele an einem Schlaganfall gestorben ist, wie kamen Sie dann darauf, Dr. Selmany habe etwas mit ihrem Tod zu tun?«
    »Habe ich das gesagt? Nein, da musst du dich getäuscht haben. So habe ich das nicht gesagt.« Sie schüttelte energisch den Kopf.
    »Sie sagten etwas davon, dass beim Tod einer Bekannten etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sei«, half ihr Clara auf die Sprünge. »Und da wir gerade von Dr. Selmany redeten, war ich der Meinung …«
    »Ach ja, jetzt weiß ich es wieder. Das war Eva. Sie hat mich ganz verrückt gemacht mit ihren Andeutungen. Sie hat die alte Frau Thiele immerhin jahrelang gepflegt, und da sieht man am Ende die Dinge vielleicht doch etwas zu emotional.«
    »Eva? Hieß so Frau Thieles

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