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Brudermord

Titel: Brudermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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ein idiotischer Auftritt. Wie war sie nur auf die Idee gekommen, dieser Frau helfen zu können? Sie war ja selbst reif für die Klapsmühle. Schweigend blieb sie sitzen, und Ruth setzte sich still neben sie und wartete. Es war absurd. Sie war es doch, die Ruth hatte retten wollen, sie unterstützen, für sie kämpfen.
    Als sie schließlich aufstanden und zurückgingen, fiel Clara immer noch nichts ein, womit sie das Gespräch wieder aufnehmen könnte. In ihrem Kopf herrschte ein wildes Durcheinander von Gefühlen, Ängsten und irgendwelchen vagen Dingen, die sie glaubte, während ihrer Unterhaltung oder was davon übrig geblieben war, erkannt zu haben, aber nicht zu fassen bekam.
    Als sie sich Haus Maximilian näherten, bemerkte Clara, dass Ruth ihre Tüte nicht mehr dabeihatte.
    »Sie haben Ihre alten Kleider liegen lassen«, sagte sie, doch Ruth schüttelte den Kopf.
    »Die brauche ich nicht mehr.« Dann reichte sie Clara die Hand: »Vielen Dank für den schönen Tag.«
    Clara ergriff sie und versuchte ein Lächeln. »Ich muss mich auch bedanken«, sagte sie schließlich und spürte, wie sie erneut rot wurde. Hastig wandte sie sich ab. »Ich melde mich wieder«, murmelte sie mit gesenktem Kopf und ging.
     
    Auf dem Weg zur Kanzlei versuchte Clara mit aller Macht, nicht zu denken. Sie wollte nicht darüber nachdenken, was mit ihr passierte, allein der Gedanke daran, dass etwas passieren könnte, ließ ihre Handflächen feucht werden.
    Im Büro angekommen, stürmte sie an Linda und Willi vorbei ins Bad, ohne die beiden oder Elise, die auf ihrer Matratze lümmelte, auch nur eines Blickes zu würdigen. Weit aufgerissene, grüne Augen starrten sie im Spiegel an. Sie spritzte sich Wasser in ihr erhitztes Gesicht und rieb mit beiden Händen darüber. »Scheiße, scheiße, scheiße«, murmelte sie in ihre kühlen Handflächen. »Das muss, verdammt noch mal, aufhören.« Sie trank noch ein wenig Wasser direkt aus dem Hahn, dann trocknete sie ihr Gesicht ab und ging zu ihrem Schreibtisch.
    »Wo bist du denn abgeblieben?«, wollte Willi wissen und musterte sie erstaunt. »Alles in Ordnung?«
    Clara nickte. »Alles bestens, danke.« Sie ließ sich auf ihren Sessel plumpsen und sah auf die Uhr: Viertel nach vier. Sie war viel länger mit Ruth unterwegs gewesen als geplant. Während sie so dasaß und das verbliebene Häuflein Akten auf ihrem Schreibtisch betrachtete, das sie sich für den Nachmittag aufgespart hatte, überkam sie plötzlich eine bleierne Müdigkeit. Sie hatte das Gefühl, als könne sie keinen Augenblick mehr die Augen offenhalten. »War Linda mit Elise draußen?«, fragte sie matt.
    Willi nickte. »Linda, also, ähem … wir beide waren mit ihr an der Isar unten. Ziemlich lange sogar.« Er nahm die Brille ab und begann umständlich, sie zu putzen. Dabei vermied er sorgfältig, in Claras oder Lindas Richtung zu sehen.
    Linda tat so, als sei sie vollkommen damit beschäftigt, etwas in ihrer tadellos aufgeräumten Schreibtischschublade zu suchen, und gab keinen Kommentar dazu ab.
    Clara war zu müde, um nachzufragen, wie sie es sonst getan hätte, sie war zu müde, um überhaupt zu reagieren. Schwerfällig stand sie auf und zog ihren Mantel, den sie gerade eben an die Garderobe gehängt hatte, wieder an. Sie rief nach Elise. »Ich gehe nach Hause«, sagte sie, und noch bevor einer der beiden ein Wort erwidern konnte, war sie verschwunden. Willi und Linda sahen ihr verdutzt nach.
     
    Zu Hause hatte die Müdigkeit um keinen Deut nachgelassen. Clara strich sich ein dickes Butterbrot und trank ein Glas kalte Milch dazu. Während sie bedächtig kaute, sah sie sich in ihrer kleinen Küche um. Im Gegensatz zu heute Morgen blieben die Wände jetzt dort, wo sie hingehörten. Ein fröhliches, kunterbuntes Durcheinander von liebgewonnenen Gegenständen, freundlichen Farben, Erinnerungen. Dieser Raum war immer ihre Zuflucht gewesen. Ein Zimmer für die Seele. Heute Morgen hatte er ihr Angst gemacht.
    Lag das Wochenende erst zwei Tage zurück? Sie konnte es kaum glauben. Zwei traumhafte, helle Tage. Es konnte doch nicht sein, dass dieses Gefühl der Leichtigkeit, das sie umgeben hatte, so abrupt verschwunden war? Völlig unerwartet hatte sich diese unerklärliche Angst Bahn gebrochen. Und das Schlimmste daran war, dass es keinen wirklichen Grund dafür gab, kein Wovor , kein Objekt, kein Ziel. Und so war es auch unmöglich, sich davor in Sicherheit zu bringen. Der Angreifer kam nicht von außen, sondern aus ihr selbst. Sie

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