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Brudermord

Titel: Brudermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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einen Baum gefahren? Clara schüttelte langsam den Kopf. Es erschien ihr immer unwahrscheinlicher, dass es ein Unfall oder gar ein Selbstmord gewesen war, da mochten die Untersuchungsergebnisse sagen, was sie wollten. Mit dem Diebstahl dieser Mappe hatte Ralph Lerchenberg sich selbst in höchste Gefahr gebracht: Er hatte der Klinikleitung das beste Mordmotiv gegeben, das man sich wünschen konnte.
    Clara schloss die Akte und stützte ihre Hände darauf. Sie würde es nur nicht beweisen können. Noch nicht. Schließlich stand sie auf und schlüpfte in ihren Mantel. Elise öffnete ein Auge. »Wir gehen zu Ri-ta!«, flüsterte Clara in ihre Richtung, und sofort war die Dogge auf den Beinen. Es war definitiv Zeit für ein zweites Frühstück.
     
    Bei Rita traf Clara auf Willi, der in seiner angestammten Ecke saß und Zeitung las, vor sich eine Tasse Tee. Clara setzte sich zu ihm. »Ich muss mit dir reden«, begann sie ohne Umschweife.
    Willi sah von seiner Lektüre auf. »Ich wünsche dir auch einen schönen guten Morgen«, gab er mit hochgezogenen Brauen zurück und faltete seine Zeitung zusammen. »Wo brennt’s denn?«
    Clara bestellte bei Rita ihr übliches Frühstück, Cappuccino und Croissants für sich und Elise, und begann zu erzählen. Als sie bei dem Inhalt der grauen Mappe anlangte, warf sie Willi immer wieder prüfende Blicke zu, um sich zu vergewissern, ob er ihr noch folgte oder ob er das Ganze für ein Hirngespinst hielt.
    Sein Gesicht verriet keine Regung. Schweigend hörte er ihr zu und nippte dann und wann an seinem Tee. Als sie ihren Bericht mit dem heutigen Telefonat mit Britta Lerchenberg beendete, schwieg Willi noch eine ganze Weile. Dann sagte er langsam: »Weißt du eigentlich, was du da sagst? Das ist ungeheuerlich. Grauenhaft. Wenn du das beweisen kannst, dann … ich kann gar nicht glauben, dass so etwas möglich sein soll.« Er nahm die Brille ab und rieb sich die Augen.
    Clara nickte traurig. Genauso war es ihr auch gegangen, als sie die Versuchsprotokolle gelesen hatte. Nur dass es sie noch viel tiefer gepackt hatte, dass etwas in ihr berührt worden war, von dem sie lieber nichts gewusst hätte. Etwas, mit dem sie jetzt kämpfen musste, um es wieder in die Ecke zu verbannen, aus der es gekrochen war. Doch davon erzählte sie Willi nichts.
    »Ich brauche deinen Rat. Was soll ich jetzt tun?«, fragte sie.
    Willi verzog gequält das Gesicht. »Was möchtest du jetzt hören? Das, was ich dazu sagen kann, sicher nicht.«
    Clara runzelte die Stirn. »Ich weiß auch, dass ich zur Polizei gehen sollte. Aber glaub mir, das würde im Moment zu überhaupt nichts führen, die sind so mit dem Fall Johannes Imhofen beschäftigt …«
    »Aber doch gerade deswegen, Clara!«, wandte Willi ein. »Wenn das alles stimmt, was du vermutest, dann könnte doch auch dieser Selmany ein Motiv gehabt haben, Johannes Imhofen umzubringen! Er ist vielleicht auch dahintergekommen, was sie mit seiner Schwester angestellt haben, und wollte …«
    Clara schüttelte den Kopf. »Nach vierundzwanzig Jahren, in denen er sich kein bisschen um seine Schwester gekümmert hat? Ihn hat es überhaupt nicht interessiert, was aus Ruth wird, glaub mir. Frau Lerchenberg meinte, er hatte selbst das größte Interesse daran, dass Ruth in der Klinik blieb. Er hat Ralph Lerchenberg sogar Geld dafür geboten, damit er die Sache ruhen lässt.« Sie rührte nachdenklich in ihrem Cappuccino und leckte dann den Milchschaum vom Löffel. »Ich frage mich die ganze Zeit, warum er von seiner Schwester eigentlich überhaupt nichts mehr wissen wollte? Sie haben früh ihre Eltern verloren, er hat sich jahrelang um sie gekümmert, als sie noch ein Teenager war. Das müsste die beiden doch aneinanderschweißen, oder?«
    Willi wiegte den Kopf hin und her. »Na ja, Ruth Imhofen ist nicht gerade die Schwester, die man sich wünscht, wenn man ehrgeizig ist und karrieregeil.«
    »Aber das ist doch schon Jahre her«, wandte Clara ein. »Johannes Imhofen hatte es doch längst nicht mehr nötig, irgendwelche Skandale zu fürchten. Wie hätte Ruth ihm denn schaden können?«
    »Nun, irgendjemand hat ihm jedenfalls geschadet«, gab Willi zurück. »Und zwar ziemlich nachhaltig.«
    Clara sah ihn an. »Du meinst, Johannes Imhofen hat befürchtet, dass seine Schwester ihn …« Sie schüttelte langsam den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
    »Warum nicht? Es soll schon vorgekommen sein, dass sich die Dinge tatsächlich so ereignet haben, wie sie auf den ersten Blick

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