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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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trotz des Ärgers mit Hoey und Konsorten und
    trotz eines Zimmergenossen, vor dem jeder Marinesoldat
    erblassen würde – ich war dabei, mich anzupassen. Auch an
    die komischen Rituale in McKissic House. An meine Rolle im
    Team. Ich spielte gerne für die Hellbenders. Ich wollte nicht an die elend langen Schürzenzipfel von Ma und in das
    stinklangweilige Staubloch von Oklahoma zurück. Ich liebte
    Mama Laurel, keine Frage, doch ich hatte eben erst

    angefangen, mich in der CVL zu behaupten – auf eigenen
    Füßen zu stehen.
    Während Jumbo über den öligen Splitt der Nebenstraßen von
    Alabama walzte, gab es für mich nichts zu tun. Ein paar von
    den Jungs gingen ihren Nebenjobs bei Foremost Forge oder Highbridge Box & Crate nach. Andere waren mit der Straßenbahn zu einer Matinee in die Stadt, und wer außer mir
    noch hiergeblieben war, hatte sich aufs Ohr gelegt, spielte
    Karten oder schrieb einen Brief. Ich hatte am Morgen erst
    einen Brief an Ma abgeschickt. Und Kartenspielen ohne das
    Zirpen von Grillen oder Tanzmusik im Hintergrund war so
    verlockend wie ein Schluck Soda.
    Ich stand von der Bettkante auf. Meine Hände hatten
    Langeweile. Also zündete ich mir eine Zigarette an,
    verschränkte die Arme vor der Brust und wippte von den
    Absätzen auf die Schuhspitzen und wieder zurück. Wie der
    Draufgänger in einem Gangsterfilm. Humphrey Bogart?
    George Brent? Lloyd Nolan? Da hätte ich doch einem von
    denen ähnlich sehen müssen, oder?
    Wie von ungefähr kam ich dabei Jumbos Territorium Schritt
    um Schritt näher: seinem monströsen Bett, dem Bücherregal
    aus Kieferbrettern und Konservendosen, dem Waschtischchen
    und dem Nachttisch mit der Leselampe. Ich stand da und paffte
    meine Old Gold und beäugte all das Zeug. Die Bücherbretter hatte ich schon mal in Augenschein genommen. Neben neuen
    Büchern aus der Bibliothek standen da Gedichte, Romane,
    philosophische Werke, historische und religiöse Texte,
    darunter viele alte Bücher und ein paar auf Französisch oder
    Deutsch.
    Ich schlenderte um das Bett herum, setzte mich vor das
    Bücherregal und schlug ein französisches Buch auf, das eine
    Frau namens Christine de Pisan* geschrieben hatte. Die Seiten
    rochen wie getrocknete Käferflügel – staubig herb nämlich –

    und nach saurer Tusche. Viel mehr als le und la und amour verstand ich nicht. Zwecklos. Ich klappte die alte Christine zu und stellte sie ins Regal zurück. Der Kuckuck weiß, warum ich
    mich vorbeugte und zwischen meine Beine linste. Vielleicht
    aus Langeweile oder Neugierde, jedenfalls war da irgendwas
    mitten unter Jumbos Bett gepfercht. Es sah aus wie ein
    schmales Einmannboot, ein Art Eskimo-Kanu.
    Ja, ein Kajak!
    Ich zerrte das rundherum mit Tierhaut bespannte Teil unter
    dem doppelten Sperrholzboden heraus, auf dem Jumbo schlief.
    Das Ding wollte nicht zwischen Bett und Regal passen. Ich
    mußte es längs drehen und mich mit gespreizten Beinen
    drüberstellen. Es hatte sich erstaunlich schwer bewegen lassen, wahrscheinlich weil Jumbo allerlei durch das Sitzloch
    hineingepackt hatte. Die Flanken waren mit Schneehasenfellen
    besetzt.
    Das erste, was ich im Sitzraum fand, war die Matte, die er bis zu meinem Wutausbruch in LaGrange als Abteiler benutzt
    hatte. Er hatte sie fünf- oder sechsmal gefaltet und wie einen Stöpsel in das Loch gestopft. Ich zog sie raus und spähte ins
    Innere. Da kauerte ein schlapper Beutel aus Tierhäuten,
    zugeschnürt mit Sehnen, an denen lauter Elfenbeinperlen
    saßen. Er roch seltsam muffig, auf eine Weise, die ich nicht
    beschreiben kann.
    So sehr ich mich dagegen wehrte, dieser Beutel war eine
    Herausforderung, eine Herausforderung nachzusehen, was drin
    war. Das Kajak unter dem Bett herauszuziehen, war mir noch
    wie verzeihliche Neugier vorgekommen, beim Herausnehmen
    der zusammengefalteten Matte hatte sich bereits mein
    Gewissen gemeldet, doch der Beutel war eine Versuchung, an
    der sich die Geister schieden. Ich benahm mich wie ein
    Schnüffler, und Ma hatte mich nicht dazu erzogen, meine Nase
    in andrer Leute Sachen zu stecken. Lieber sollte ich mir Mühe

    geben, Jumbos Zunge zu lockern als die Verschnürung dieses
    Beutels; aber vielleicht war ja das eine dazu angetan, das
    andere zu befördern.
    In dem Beutel befand sich ein Tagebuch, der Ledereinband
    war splissig und wolkig, hinter der letzten Seite steckte ein
    Packen Briefe. Das Bündel war so dick wie ein dünnes Buch.
    Ich besah es mir näher, aber ohne es aufzuknoten. Das

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