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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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schwitzte
    Cherokeepisse.
    »Du kleiner Schuft«, sagte Mama, »vergiß nicht zu
    schreiben.«
    Ich war knapp einssechzig, aber Audie Murphy, der später
    nachkam, kehrte als meist dekorierter Soldat aus dem Krieg
    zurück, und der war auch kein Grobian. Was mich anging, ich
    war tipptopp in Form. Wenn ich in der Chattahoochee-Hitze
    Baseball spielen konnte, warum wollten diese Klugscheißer
    von Infantristen nicht glauben, daß ich durchs Artilleriefeuer der Japse stürmen konnte? Warum nahm Mama an, ich würde
    unter der Sonne von Georgia verdunsten und ihr nicht mal eine
    Karte schicken?
    »Ich kann nicht zusehen, wie du abfährst. Mach’s gut. Und
    halt die Ohren steif.«

    Zwei Nonnen kamen lächelnd auf uns zu. Nur, daß es keine
    Nonnen waren, sondern kuschelbusige Mädels in
    Rotkreuztracht. Sie schoben einen Hospitalwagen, der mit
    lauter Schnickschnack beladen war, wie Stewardessen auf
    einem Delta-Flug. Sie hielten mich für einen Rekruten.
    Wollten mir Magazine, Tootsie Rolls und Lucky Strikes geben.
    »Er will nichts«, sagte Mama. »Danke.« Die
    Rotkreuzschwestern trollten sich, aber nicht die neugierigen
    Soldaten. Als Mama mich auf den Mund küßte, so richtig lieb
    und feucht, da machten sie einen Kicheraufstand. Ma überließ
    mich den Elshtains und ging. Ich hoffte, der Colonel würde die Burschen zusammenstauchen wegen ungebührlichen Betragens
    in der Öffentlichkeit und weil sie sich auf andrer Leute Kosten amüsierten, aber Pustekuchen. Soldaten auf Urlaub genossen
    Privilegien, waren die verlorenen Söhne im feinen Kaftan. Zu
    Recht vielleicht. Vierzehn Wochen Grundausbildung war kein
    Pappenstiel, und ‘ne Menge von ihnen, wie Goochie, kehrten
    als Nummer heim, als Gefallene, die nicht mehr aufstanden.
    Colonel Elshtain zeigte Verständnis. Er hatte im Ersten
    Weltkrieg gedient, dem Krieg, der allen Kriegen ein Ende
    setzen sollte, und er hatte Verständnis.
    Dann gingen auch der Colonel und Miss Tulipa, und ich war
    allein mit all den gewieften Helden und lächelnden
    Rotkreuzschwestern. Eine Rotkappe dirigierte uns – zumindest
    gingen alle, wo ich auch hinging – zu unseren Personenwagen,
    und Träger mit Handkarren luden unsere Säcke in die
    Gepäckwagen. Wie dem auch sei, diese Bahnfahrt von
    Oklahoma nach Georgia ließ mich die Menschheit mit neuen
    Augen sehen. Bis ich aus dem Zug sprang, hätte ich schwören
    können, die Verteidigung der Vereinigten Staaten lag in den
    Händen von sadistischen Kretins. Schießwütige Scheißkerle,
    die in New York State und in Louisiana farbige
    Ausbildungslager terrorisierten. Menschentiere, die zwei

    Monate später in L.A. den Hat-Dance* mit Zoot-Suiters
    tanzten. Als Zivilist kam ich mir vor wie eine
    Weichschildkröte, ein gefundenes Fressen für diese Raubtiere.
    Ich war freigestellt, nicht etwa weil ich ein Angsthase, sondern weil ich noch keine achtzehn war. Wenn man das letzte Jahr
    seiner Kindheit mit drittklassigem Baseball beschließen will –
    ist man dann ein Feigling?
    Wie Vieh wurden wir in den Zug gepfercht. Im Klo hatte
    jemand ein internes Cartoon auf den Spiegel geklebt – ein GI
    steht draußen vor einer Pullman-Toilette, in Unterwäsche und
    mit seinem Rasierzeug. Er befingert sein Stoppelkinn. »Großer Gott«, stößt er hervor. »Ich muß den Kerl neben mir rasiert haben!« Alle Sitze waren besetzt; alle Gänge verstopft.
    Einmal bloß war ich aufgestanden, schon saß ein Sergeant
    auf meinem Platz. Also quetschte ich mich durch die
    tickernden Wagen, bis ich den einzigen freien Platz in den
    letzten fünf Pullmans fand. Ich saß neben einem PFC*, dessen
    Kopf wie die Bowlingkugel auf dem Hals des Burschen in dem
    Cartoon aussah. Ein Koloß mit dem Gesicht eines Pekinesen.
    »Wer sagt dir, daß hier noch frei ist?« wollte er wissen.
    »Fick dich ins Knie«, wollte ich sagen, doch das
    provozierende Knurren in der Stimme des PFC raubte mir
    allen Mut. (Nicht, daß ich haufenweise davon gehabt hätte.)
    Der PFC sagte: »Hübsche Ohren, Bauerntölpel. Kriegt man
    bei euch am Meter, wie?«
    Ich machte »Dah« wie der Bauerntölpel, zu dem er mich
    stempelte, und legte die Hand an den Adamsapfel, um mein
    Sprachproblem zu signalisieren.
    »Tonsilitis?« sagte er. »Streptokokken? Doch nichts
    Ansteckendes mit der Stimme?«
    »Ich st-st-stottere.«
    »Klaro. Und blind bist du auch, sonst hättest du mitgekriegt,
    daß ich den Platz für Pumphrey freihalte.«

    »P-P-Pum…?«
    »P-p-pum dich«, spottete er. »Wie heißt

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