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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Runner* ›aus‹ werfen
    und überwarf Jessie Muldrow am First. Schlecht. Schleeecht.
    An der Home Plate* schwang ich zu heftig, verdrillte einmal
    den Ball, so daß er nach hinten über den Zaun ging, und schlug ihn beim zweiten Mal steil in die Höhe. Hundsmiserabel. Nicht
    mal die Phillies hätten mich gewollt. Bei der dritten
    Schlaggelegenheit war Mister JayMac auf und davon. Ich ging
    aufs Schlagmal, und lief bei einem schwach geschwungenen
    Abtropfer aus schierer Bestürzung los. Na, wenn schon. Mama
    sollte lieber mit Colonel Elshtain reden, ob Deck Glider nicht einen Fließbandjob für mich hatte.
    Dienstagnachmittag, bei dem Spiel gegen Checo-tha, vergaß
    ich die Zuschauer, die Bench Jockeys* im anderen Unterstand,
    die Hunde, die auf der Cookson Road kläfften, einfach alles bis auf die seildicken Nähte auf jedem Ball, der angeschwebt kam.
    Ich weiß nicht, wieso, aber der Ball kam mir so groß wie der
    Mond vor. Ob beim Schlagen oder im Feld, ich konnte ihn
    nicht verfehlen. Was Mister JayMac und mich anging, hätte er
    statt auf der Tribüne ebensogut in Belgisch-Kongo sein
    können. Ich spielte großartig. Als die Jungs von Checotha
    später in ihren Bus stiegen, sahen sie aus wie kümmerliche und eingefallene Hartriegelstümpfe.
    Auch nach diesem Spiel ließ Mister JayMac nichts von sich
    hören. Jetzt, nach getaner Arbeit, kehrten meine Gedanken zu
    ihm zurück, zu meinem Ticket nach Hauptsache-raus-aus-

    Tenkiller. Als er sich immer noch nicht blicken ließ, dachte
    ich: Du kannst mich mal, Mister.
    Kurz nach dem Abendessen kreuzte dann Mister JayMac in
    der Cody Street auf. In unserer Villa-Stuck war gerade mal
    Platz für eine Couch, zwei Betten, einen schäbigen Tisch, das
    Klosett und das billige Radio, das wie ein Kapellchen aussah.
    Bei uns schien es immer nach Kohl und Eiern zu riechen.
    Mister JayMac kam nicht mal auf einsachtzig, doch in dem
    Buttermilchmantel mit den sonnensegelgroßen Revers und
    Taschen füllte er unser Haus, so wie das Filmschauspieler manchmal mit der Leinwand tun. Mama holte ihm einen Stuhl
    aus der Küche und bat ihn, Platz zu nehmen. Sie wollte nicht,
    daß er so bedrohlich wirkte. Ma und ich kauerten uns aufs Sofa, nahmen uns aus wie zwei Kinder im Wartezimmer des
    Zahnarztes.
    »Ma’am«, sagte Mister JayMac, »ich fahre morgen nach
    Highbridge zurück. Ihren Sohn würde ich gerne mitnehmen.«
    Er sah mich nicht mal an dabei. Seine ganze edle Artigkeit
    zielte auf Mama. »Mein Verein, die Hellbenders, brauchen den
    Jungen dringend.«
    »So dringend wie die Red Stix. Und erst muß Danny die
    Schule beenden.«
    »Verstehe, Ma’am«, sagte Mister JayMac.
    »Er geht jetzt fast zwölf Jahre zur Schule«, sagte Mama.
    »Soll er wegen der läppischen zwei Monate auf das Diplom
    verzichten?«
    »Na ja, so gesehen. Ein vernünftiger Standpunkt«, sagte
    Mister JayMac.
    »Er braucht seine Schulbildung.«
    »Was die Skulptur für den Marmorblock ist«, sagte Mister JayMac, »das ist die Bildung für die Seele.«*
    »Ja, Addison hat recht.«

    »So ist es«, sagte Mister JayMac. »Aber Bildung gibt es hier
    und dort. Wenn Danny morgen nicht mit nach Highbridge
    kommt, dann verpaßt er die Chance, mit uns zu trainieren, und
    er verpaßt den Eröffnungsmonat unserer Saison.« Er fuhr mit
    der Hand unters Revers und zog ein geschnürtes Papierbündel
    heraus. »Hier ist ein Vertrag, Mrs. Boles.« Er löste die
    Verschnürung und händigte Ma ein amtlich aussehendes
    Formular aus, auf dem oben eine Büroklammer saß.
    »Zusammen mit einem Scheck über fünfundsiebzig Dollar,
    sein erster voller Monatslohn.« Hätte er mir eine Vipernatter
    ins Hemd gesteckt – der Schauder, der mich durchrieselte,
    wäre der gleiche gewesen. »Aber, Mrs. Boles, Sie müssen
    meine Vollmacht gegenzeichnen und Danny mitfahren lassen.«
    Er langte hinüber und tippte auf den Scheck.
    Ich war ein Sklave aus freien Stücken, ich wollte verkauft
    werden. Schule bestand aus Unterricht und Gähnen,
    kichernden Mädchen und Schlaumeiern, die saudumme Witze
    rissen.
    Mama starrte auf den angeklammerten Scheck. »Coach
    Brandon sagt, ein paar Nigger bekämen fast das Doppelte.«
    »Schon möglich«, sagte Mister JayMac. »Ich wage aber zu
    behaupten, daß diese Jungs mehr Fans haben als Danny zur
    Zeit.«
    »Tja, er kann jetzt sowieso nicht fort«, sagte Mama. »Und
    wenn er kann, sind fünfundsiebzig zu wenig. Das reicht grade
    mal für Kaffee und Kuchen. Ob Anfänger oder nicht, kein
    farbiger Junge

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