Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
Vom Netzwerk:
Abpraller und alles inbegriffen, ohne einmal
    den Ball zu verlieren oder einen einzigen Wurf zu verjubeln.
    »Wenn du das kannst«, sagte Daddy, »dann spielst du sie
    alle.«
    Daddy brachte mir auch das Schlagen bei. Dazu mußte ich in
    ∗
    die Sparrow Alley , die Gasse zwischen Cherokee Feed Store
    ∗∗
    und Schlatt’s Small Appliances . In den Spalten oben in der
    Wand des Lebensmittelladens nisteten Hunderte von
    Haussperlingen und Zaunkönigen. Ein Wohnsilo für
    Singvögel. Die Vögel zirpten und schimpften. Wenn man nicht
    aufpaßte, kriegte man das eine oder andere weiße Bömbchen
    ab.

    ∗ Sperlingsgasse
    ∗∗ Small Appliances = Haushaltswaren(laden)

    In unseren Spielen stand der Pitcher halbwegs in der Gasse
    und der Hitter* an der Mündung zur Straße. Als Schlagstock
    diente ein Besen- oder Mopstiel. Daddy fing immer damit an,
    den Spaldeen aus der Unterhand zu werfen. Es dauerte nicht
    lange, dann ging er zu einem mäßigen Armschwung und einem
    Dreiviertelansatz über. Ich mußte so viele Bälle entlang einer gedachten Wäscheleine zum Zentrum schlagen, wie ich
    konnte. Der Spaldeen durfte Daddy höchstens um ein Fuß
    verfehlen. Ging er vorher an die Wand, war das ein ›Aus‹.
    Passierte es hinter Daddy, war das ein Hit. Dasselbe galt für
    ungefangene Speerbälle entlang der ›Wäscheleine‹. Rollbälle
    waren Fouls, aber Steilbälle beendeten das Inning, auch wenn
    es eben erst begonnen hatte. Ein Home Run mußte zum
    anderen Ende der Sparrow Alley hinaus, in der Luft, versteht
    sich.
    ∗
    Die Boles & Son Jes-for-Fun Oklahoma World Seeries , so nannte Daddy unsere Spiele. Wenn kein Staubsturm
    dazwischenkam, spielten wir, bis es dunkel wurde.
    Gewöhnlich gewann Daddy. Wenn ich gewann, war ich stolz wie ein Hahn und eingebildet wie ein Pfau. Dann gab ich
    mächtig an bei Mama. Heute weiß ich, daß ich nur gewann,
    weil Daddy mich gewinnen ließ. Meistens jedenfalls.
    Besonders nach einer Zechtour, wenn er mich richtig
    fertigmachen wollte, dann war er leicht zu schlagen, da kannte ich kein Pardon.
    Nach den ersten Home Runs verlor er das Spiel absichtlich
    oder zerbrach den Stock auf seinem Knie und nannte mich eine
    arrogante Rotznase. Ich ging ihm aus dem Weg, wenn er
    getrunken hatte, auch wenn er dann ziemlich harmlos und gar
    nicht gemein war, bisich in Führung ging und er kapierte, wie miese er reagierte. Es war schon komisch, aber kaum war die
    Prohibition überall vorbei, nur nicht in Oklahoma, da schwor

    ∗ jes = just

    Daddy dem Alkohol ab. Vorübergehend. Wenn ich im
    Gassenbaseball einen Home Run schlug, lachte er und nannte
    mich »Tenkiller’s Ty Cobb«*.
    Dick Boles war nicht Jesus Christus, doch meine
    Kindheitserinnerung wollte überhaupt nicht zu dem Bild
    passen, das Sergeant Pumphrey an die Wand gemalt hatte –
    Dad sei der schäbigste Typ, mit dem er je das Pech gehabt
    hätte, Dienst zu schieben. Bis ich elf oder zwölf war, war Dick Boles ein solcher Superdaddy gewesen, wie ihn sich ein Junge
    nur wünschen kann.
    Viele Leute, deren Farmland ruiniert war, beluden ihre Pick-
    ups und machten sich auf den Weg nach Kalifornien ins San
    Joaquin Valley: Okies. Will Rogers* meinte, in beiden Staaten sei der IQ-Level sprunghaft gestiegen. Wer weiß? Die Boles
    gingen jedenfalls nicht fort. Daddy liebte Oklahoma, und
    Mama hatte ringsum immer noch Verwandtschaft –
    hauptsächlich in Muskogee und Tulsa. Jobs waren allerdings
    ein Problem, und ‘35 machte Daddy sich für acht Monate
    unsichtbar. Mama wußte, daß er nicht tot war, denn er ließ ihr über eine Kusine in Tahlequah monatlich zwanzig Dollar
    schicken. Ich ging inzwischen zur Schule, und Mama war
    Verkäuferin bei Rexall.
    Es stellte sich heraus, daß Daddy beim Civilian Conservation
    Corps* angeheuert hatte. Sie stellten nur Ledige ein, und
    Daddy muß sie irgendwie beschwindelt haben. Die meiste Zeit
    verbrachte er damit, Windbrecher in Kansas zu pflanzen, und
    wohnte in einem Camp zwischen Coffeyville und
    Independence. Das CCC finanzierte seinen Bedarf an Alkohol
    und Nahrung und sorgte dafür, daß er sich den Arsch aufriß.
    Dafür bekam er vierzig Dollar pro Monat und frische Luft und
    Sonne, soviel er wollte, sofern die Staubstürme ausblieben. Im September schlich Daddy sich davon und kam schnurstracks
    nach Hause. Einer von seinen Bossen hatte sich wie General

    Black Jack Pershing* persönlich aufgeführt, und – Daddy hatte
    zu wenig Gelegenheit gehabt, an

Weitere Kostenlose Bücher