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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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man unterstellt, daß die CVL-Saison nur halb so viele
    Spiele hat wie die der Major-Leagues, dann hatte Henry
    prozentual mehr Home Runs zu verzeichnen als Babe Ruth in
    seinen drei Top-Saisons bei den Yankees. In einer Major-
    League hätte Henry bei diesem Prozentsatz geschlagene
    zweiundachtzig Home Runs gemacht! Sogar die Fans von Lanett jubelten, als sein dritter Top-Ball über die Rightfield-Bande in einen von Reihern gesäumten Arm des
    Chattahoochee segelte.
    Ich schnitt in dieser Serie auch nicht schlecht ab – sieben Hits bei acht Schlaggelegenheiten. Jedesmal wenn Henry einen Ball
    über den Zaun drosch, war ich vor ihm an der Home Plate.
    Feststeht, daß wir vom Linenmaker-Pitching profitierten, und
    als wir Samstag früh nach Opelika aufbrachen, dann nicht ohne
    ein gewisses habgieriges Bedauern. Unser zweiter Sieg in
    Lanett, verbunden mit einem ganz ungewöhnlichen Sieg der
    Boll Weevils über die Gendarmes, hatte uns erneut Kopf an
    Kopf mit letzteren auf den ersten Platz geliftet.
    Lou Ed Dew, der Manager der Orphans, fuhr alles gegen uns
    auf, was er zu bieten hatte. Sie waren sechs Punkte
    zurückgefallen und konnten nur noch mit uns gleichziehen,
    wenn sie alle sechs verbleibenden Spiele gewannen – und wir
    und die Gendarmes auf unsere Begegnung verzichteten. Mit
    anderen Worten, die Orphans hatten absolut keine Chance –
    denn wir würden die Saison mit drei Heimspielen gegen
    LaGrange beschließen. Den Wimpel würden entweder die
    Hellbenders oder die Gendarmes holen. Die Orphans hatten
    aber immer noch einen Sprinter am Second und damit eine
    Chance, unsere Träume vorher platzen zu lassen. Lou Ed Dew
    wollte sie platzen lassen.
    Diese Wochenendserie – ein Doppel am Samstag und ein
    Einzel am Sonntag – wurde erst brenzlig, als Smiley Clough,
    das As der Orphans, den Hügel übernahm. Er warf mindestens
    einmal pro Schlagmann mit einer hochgestochenen und
    körperengen Wurffigur einen sirrenden niedrigen Brückenball,
    was er jedesmal mit einem Hoppla-das-wollte-ich-nicht-Grin-
    sen quittierte. Man wußte nicht, ob man mit dem Schlagholz
    auf ihn losgehen oder ihm sein Kontrollproblem abkaufen
    sollte. Bis wir kapierten, daß ihm der Schädel eingeschlagen
    und das Grinsen weggeschmirgelt gehörte, lag Clough mit

    zwei zu null in Führung und warf einen Ausbrecher, von dem
    Nutter schwor, er müsse seinen unschlagbaren Dreh einer
    Schmierspur aus Kentucky-Gelee verdanken. Wie auch immer,
    Clough hielt volle neun Innings durch und gönnte uns nicht
    einen Punkt.
    Das zweite Spiel des Doppels lief nicht viel besser. Zum
    Werfen hatte Dew einen schlacksbeinigen Jungen
    aufgetrieben, der aus dem Wurmfortsatz von Florida stammte
    und Marion Root hieß. Root warf einen Speed-Ball aus der
    Schulter, der mit jedem Fuß, den er sich der Home Plate
    näherte, um den Bruchteil eines Zolls schrumpfte. Wenn er uns
    erreichte, sah er aus wie das versteinerte Ei eines Kolibri.
    ∗
    ROOT FOR ROOT stand auf einem Spruchband im
    Outfield. Was die Fans der Orphans beherzigten, und Root
    brachte zwei Hits ins Neunte.
    Zum Glück tat das auch Fadeaway Ankers, unser eigenes
    Freiland-Ass, und bei unserer letzten Schlagrunde vor den
    Extra-Innings prügelte Henry noch ein Kolibriei zur
    Atlantikküste, was ihm einen Punkt einbrachte – ihm und
    Worthy Bebout, der einen aus der Schulter geworfenen Fast-
    Ball aus den Speichen seines Rundumschlags in die
    unüberdachten Ränge befördert hatte. Wir standen die zweite
    Hälfte des Innings durch und gewannen zwei zu null. Das
    Unentschieden ließ uns da, wo wir waren: Kopf an Kopf mit
    LaGrange in der Zielgeraden.
    An diesem Abend eröffnete mir Henry, Marion Root werde
    in die Major-Leagues aufsteigen. Und Henry meinte noch
    mehr – daß nämlich Root das Zeug habe, ein zweiter Bob
    Feller oder Johnny Vander Meer zu werden. Aber nicht lange,
    nachdem Root gegen uns gepitcht hatte, da meldete er sich zur
    Army und verbrachte die nächsten siebzehn Wochen im
    Infantry Replacement Center in Camp Wheeler bei Augusta*.

    ∗ STIMMUNG FÜR ROOT

    Er starb im folgenden Winter in Anzio* bei der 45. US-
    Division, zwei Wochen nach seiner Ankunft in Übersee.
    Das Spiel am Sonntag verdient keinen Kommentar. Wir
    verloren es. Der Punktestand war sechzehn zu drei, und keiner
    von unseren Runs war durch eigene Leistung erzielt. Da gibt es nichts – die Orphans wickelten uns in Wachspapier und
    verschnürten uns zu einem Paket. Absender: Opelika –
    Adresse:

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