Brüchige Siege
gingen uns nicht an die Wäsche, wir knutschten auch
nicht, wir hielten nicht mal lange Händchen. Wir hingen bloß
rum und unterhielten uns oder hingen rum und unterhielten uns
nicht, und dieser gräßliche Morgen bei ihr zu Hause in Cotton
Creek lag so weit zurück, als wär das ‘38 passiert und nicht
uns, sondern zwei flüchtigen Bekannten. Wenn Phoebe auf
einen Kunden warten mußte oder mit der Registrierkasse
klingelte, saß ich auf einem Schemel hinter dem Ladentisch
und quälte mich durch den Pariah.
»Taugt das was, Ichabod?«
»Weiß n-nicht. Da passiert nicht viel. Dieser Franzmann im
Senegal haust ein Jahr lang im Keller eines Regierungsge-
gegebäudes, und keiner weiß davon. Oder würde sich kü-
kümmern, wenn er’s wüßte.«
»Erinnert mich an Mr. Bebout.«
»Henry fand es gut.«
»Tja, Henry ist ein Genie. Ein hundertprozentiger Eierkopf.«
Was hätte ich dazu sagen sollen?
»Er ist der netteste häßliche Mann, den ich kenne«, sagte
Phoebe. »Aber mach jetzt das blöde Buch zu und rede mit
mir.«
Ich klappte das Buch zu.
Keiner kann behaupten, Buck Hoey hätte bei den Gendarmes
zuletzt noch für Furore gesorgt, denn sie hatten die ganze
Saison über prima gespielt. Andererseits brachte Hoey die
Gendarmes im August – sozusagen mit Links – ganz schön
zum Schwitzen, und zwar durch seine Tyrannisiererei, seine
Energie und seine Aufsässigkeit. Er war so versessen darauf,
daß sein neuer Verein seinen alten Verein schlug, daß Emmett
Strock ihn schon hätte erschießen müssen, um ihn vom Feld zu
nehmen. In der Tat sollte sich der Hoey-gegen-Fortenberry-
plus-Cash-Handel sehr bald als der schlechteste Tausch
herausstellen, den Mister JayMac je eingefädelt hatte.
Sehen Sie, Strock stellte Hoey ans Third, nicht mehr Binkie
Lister; Hoey brauchte da nicht so viel Infield abzudecken wie
am Short. Dieser Schachzug, gepaart mit Hoeys natürlicher
Entschlossenheit und seinem Haß auf Mister JayMac, verlieh
Hoey die Kraft, seinen Schlagschnitt um sechzig Punkte zu
steigern. Hinzu kam, daß er anfing, sein Wissen über die
Schwingfiguren und die Körpersprache von CVL-Pitchern zu
nutzen, um Bases zu stehlen (was ihm gar nicht ähnlich sah).
Nicht zu vergessen sein Durocher-Talent, Beleidigungen zu
schleudern, das er einsetzte, um gegnerische Schlagmänner
vom Third aus mit solchen Widerwärtigkeiten zu spicken, daß
sie irritiert waren und ihre Chancen verpaßten (Hoey wie er
leibte und lebte). Mit dem Resultat, daß (wie uns zu Ohren
kam) derselbe Buck Hoey, dessenthalben es in The Prefecture unlängst Burma-Shave-Näpfchen gehagelt hatte, nunmehr der
Liebling von LaGrange war. Sogar Binkie Lister, der nur noch
eine unterstützende Funktion hatte, mochte Hoey; und Cliff
Nugent, der größte Star der Gendarmes, anerkannte Hoeys
Wert und gönnte ihm seine Beliebtheit.
Ein Segen, daß wir in der Entscheidungsserie den
Heimvorteil auf unserer Seite hatten. McKissic Field war –
nicht zuletzt durch das Kopf-an-Kopf-Rennen um den CVL-
Wimpel und die ganzen Herzblut-und-Schweiß-Artikel über
uns im Herald – restlos ausverkauft. Wobei ›restlos‹ noch untertrieben ist.
Ich zog mich in einem Nebenraum von Hitch & Shirleen’s um, kaum mehr als eine schattige Straße breit vom Stadion
entfernt. Die ersten Fans kamen bereits vier oder fünf Stunden vor dem offiziellen Spielbeginn um 19.30 Uhr. Weiße und
Farbige, GIs und Zivilisten besetzten das Stadion wie eine
Armee, die zum Gottesdienst kam.
Etliche Besucher fanden durch die Tür von Hitch &
Shirleen’s, um sich Coca-Cola, Gebäck, Kaugummi, Chips und dergleichen zu kaufen, einfach weil das Zeug hier billiger war als an den Ständen im Stadion. Phoebes Verwandte
väterlicherseits kamen in den Laden runter und halfen beim
Bedienen, und ich überquerte auf meinen Spikes die stark
belebte Straße, um rechtzeitig zur letzten Vorbesprechung um
18.30 Uhr im Clubhaus zu sein. Autogrammjäger und Ratgeber
umkreisten mich wie Mücken. Für hundert Yards brauchte ich
eine Viertelstunde, und ich hörte ein paar Fans von LaGrange
nörgeln, sie wären an zwei Toren von den Kartenverkäufern
abgewiesen worden.
»Wenn wir das Spiel sehen wollen«, sagte ein Mann, »dann
müssen wir vielleicht Nigger-Plätze kaufen, mehr ist nicht.«
Von innen gesehen, kam einem das Stadion wie ein riesiger,
aufgeblasener Ballon vor. Es knarrte und schwankte und
wogte. Und dann jubelten unsere
Weitere Kostenlose Bücher