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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Verletzungen geschildert, ohne
    etwas zu beschönigen und ohne die finanziellen
    Verpflichtungen des Vereins in Frage zu stellen – und das,
    obwohl mein Vertrag nichts über eine Versicherung gegen
    Verletzungen sagte, die ich mir – gleichgültig wie – beim
    Spielen zuziehen würde. Er hätte Mama Laurel die Fahrt nach
    Highbridge gezahlt, doch Ma hatte ihm bei einem anderen
    Telefonat unter Tränen erklärt, daß sie der Besuch im
    Hothlepoya-County-Hospital den Job kosten könne. Colonel
    Elshtain hatte Deck Glider zwar zu einem Rüstungsvertrag verholfen, schien aber ansonsten keinen Einfluß auf das
    Management der Tenkiller-Fabrik zu haben, und Ma konnte
    ihren Job nicht aufs Spiel setzen, indem sie um Sonderurlaub
    bat.
    »Dann bleiben Sie nur zu Hause, Mrs. Boles«, hätte er zu Ma
    gesagt, sagte mir Mister JayMac. »Ich kümmere mich um
    Danny, als wär er mein eigener Sohn.«
    Sie können sich vorstellen, wie dankbar ich war.
    Immerhin konnte ich ab und zu mit Ma telefonieren. Ich riet
    ihr, bei ihrem Job zu bleiben und für mich zu beten. Meistens
    telefonierten wir sonntags, nach der faden Unterhaltung mit
    Mister JayMac, derweil er auf einem Stuhl an der Tür saß,

    einen Trauerflor am Ärmel und tiefgreifende Verwirrung im
    aufgedunsenen Gesicht. Manchmal unterhielten wir uns auch,
    Ma und ich, während Mister JayMac, der das Telefon mit
    hereingebracht hatte, ganz in zerdrücktem Schwarz und
    puterrot vor Kummer, direkt danebensaß.
    »Ja, Mama, sie behandeln mich wirklich gut«, sagte ich. »Ja,
    Mama, er ist da.« Was hätte ich sonst sagen sollen? Erstens
    kam es der Wahrheit ziemlich nahe und zweitens hörte Mister
    JayMac mit.
    Kein Mensch brachte mir einen Highbridge Herald,
    jedenfalls nicht vor meinem ersten Freitag im Hospital. Und
    als Nutter damit ins Zimmer kam, da war es nur die Sportseite, die er mitbrachte. Ein paar Ergebnistabellen von Major-Leagues und ein großer Artikel über einen
    Leichtathletikwettkampf der GIs in Camp Penticuff. Meine
    Saturday Evening Posts hatte ich schon von der ersten bis zur letzten Seite gelesen.
    »Wo ist der Rest von dem Blatt? Kein Mensch will mir ‘nen
    Herald geben, und du kommst mit diesem lumpigen
    Schnipsel.«
    »Dachte, du interessierst dich doch nur für Sport«, sagte
    Nutter. »Was tut sich denn schon in dieser Stadt – vor allem nach der Baseballsaison?«
    »Wie war das Begräbnis von Miss Giselle?«
    »Gedenkgottesdienst. Das Übliche. Worte, Tränen, du weißt
    schon. Wie bei Charlie Snow. Der einzige Unterschied –
    danach hat Mister JayMac die Asche seiner Frau mit nach
    Hause genommen, in einer Urne.«
    »Ah ja.« Ich wechselte das Thema. »Wo ist Henry? Er hat
    mich noch nicht einmal besucht, und hier in der
    Ergebnistabelle der Phillies« – ich schlug mit dem Handrücken
    an die Seite – »kommt er auch nicht vor. Wo hängt er aus?«
    »Ich weiß nicht.«

    »Ist er nicht nach Philadelphia?«
    »Vielleicht sitzt er auf der Bank. Daß er nicht in der Tabelle steht, heißt nur, daß er nicht mitgespielt hat.«
    Ich grübelte herum. »Warum kommt Hoey mich nicht
    besuchen? Das ist er mir schuldig, der Mistkerl.«
    »Herrje, Boles, bist du ein sturer Bock. Hoey konnte dich
    noch nie ausstehen. Und es war – es ist ihm verdammt peinlich.«
    »Bestimmt.«
    »Hoey war noch nie einer von denen, die sich anschleichen
    und mit dem Hut in der Hand um Verzeihung bitten. Aber
    wem sag ich das.«
    Am Samstag ergatterte ich eine Zeitung. Jemand hatte etwas
    aus der Titelseite geschnitten. Die diensthabende Schwester
    erklärte mir, ein Assistenzarzt habe einen Vetter in England,
    im Hauptquartier der Neunten Air Force; dieser, also der Arzt, habe den Artikel ausgeschnitten für eine Art Chronik, die er
    seinem Vetter zur Rückkehr aus Übersee schenken wolle. Und
    eine andere Zeitung war nicht aufzutreiben – das Hospital sei peinlich auf Ordnung und Sauberkeit bedacht und führe alle
    abgelegten Zeitungen umgehend der Altpapierverwertung zu.
    Ich glaubte der Mieze. Sie log wie ein Pressesprecher, aber
    damals wußte ich noch zu wenig, um das ganze Theater zu
    durchschauen.
    Zwei Tage später, gegen fünf Uhr nachmittags, steckte eine
    andere Schwester den Kopf ins Zimmer. »Hier draußen ist ein
    Niggerjunge, der sagt, er will Sie besuchen. Soll ich ihn
    reinlassen?«
    Das konnte nur Euclid sein. »Jawoll, Ma’am, lassen Sie ihn
    rein.«
    Euclid kam ins Zimmer, den Blick niedergeschlagen, den
    Kopf in Armesünderhaltung. Er sah

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