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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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auseinander
    stoben. Er verkroch sich bäuchlings und lahm im Gebüsch. Ich setzte meinen Weg fort, unempfänglich für die Grausamkeit
    meines Tuns und den zerstörerischen Grad meiner Verfassung.
    In den luftigen Grenzen des Alligator-Parks schritt ich
    langsamer aus und gewahrte intuitiv einen Anflug dessen, was nicht nur meinem Opfer, sondern auch mir drohte. Ich sprach ein einziges Wort laut aus: »SÜHNE.« Die Schemen von
    Wippen, primitiven Geräten, die zur Belustigung dienten,
    besänftigten mich mit ihren schräggestellten Planken. Ich muß die Glut meines Zorns eindämmen, sagte ich mir; ich muß
    Hoey gegenübertreten wie ein vernünftiges und wohlmeinendes Wesen dem anderen. Als ich an seine Tür pochte, öffnete sein Jüngster – Dein Namensvetter, Daniel – und starrte zu mir empor wie aus einem Graben.
    »Es ist Jumbo!« rief er. »Der größte Mann der Welt! Mit den allermeisten Home Runs aller Saisons!«
    Linda Jane Hoey tauchte hinter Klein Daniel auf, in ihrer
    Miene stritten Nachsicht und Ärger miteinander, als sei das schwarze Schaf der Familie mitten in eine private Feier
    geplatzt. Ich war nicht gerade beliebt bei Mrs. Hoey; meine Größe und mein Gebaren bereiteten ihr großes Unbehagen.
    Bei Heimspielen hatte sie sich und die Kinder immer frostig von mir ferngehalten, vielleicht weil sie befürchtete, ich könnte mit ihren Sprößlingen, wenn sie mir in die Quere kämen, so umgehen, wie ich es eben mit diesem elenden Hund getan
    hatte. Noch ehe ich nach ihrem Gemahl fragen konnte, gewann ihr Ärger über mein ungebetenes Erscheinen die Oberhand.
    »Buck gehört heute abend seiner Familie, Mr. Clerval, und
    seine Familie gehört ihm. Was wünschen Sie?«
    »Nur auf ein Wort. Lassen Sie mich mit ihm reden, und ich
    werde sofort wieder gehen, wenn eine gewisse wichtige
    Angelegenheit zwischen ihrem Gatten und mir bereinigt ist.«
    »Was für eine Angelegenheit?«

    Woraufhin, ganz wie ein immaterielles Phantom, Ligonier
    Hoey zur Stelle war und Linda Jane und Klein Daniel von der Tür wegzog. Er stand barfuß vor mir, das Kinn vorgeschoben –
    wie durfte ich das verstehen?
    »Was kann ich für dich tun, Clerval? Ziemlich spät für’n
    Freundschaftstreffen. Mir steht der Sinn nicht danach.«
    »Das wundert mich nicht«, sagte ich. »Bei dem Versuch,
    unser abschließendes Doppelaus zu vereiteln, bist du
    übermäßig aggressiv vorgegangen.
    Ich fürchte, du
    WOLLTEST, daß es zu diesen Verletzungen kam.«
    »Wollte er nicht!« sagte Klein Daniel laut. »Wollte er gar nicht!«
    Hoey befahl seiner Frau, sich zusammen mit Klein Daniel
    zurückzuziehen. Als wir unter uns waren, sagte er: »Tick dich ins Knie, Jumbo. Mein Motto ist, geh aufs Ganze und mach dir nicht ins Hemd, wenns in die Hose geht.«
    »Bis heute hat das Motto nicht dazu geführt, daß du
    zeitlebens nicht mehr spielen kannst«, bemerkte ich.
    »Sag mal, was willst du? Krokodilstränen? Eine schriftliche Entschuldigung?«
    »Buck, dein Essen wird kalt!« rief Mrs. Hoey. »Könnt ihr
    euer Problem nicht später diskutieren?« Die vorwurfsvolle
    Anfrage galt, wie ich spürte, hauptsächlich mir.
    »Tür mich gibt es kein ›später‹ in Highbridge«, erklärte ich ihm. »Am Dienstag fahre ich nach Philadelphia.«
    »Gratuliere«, sagte Hoey grob. »Reit nur drauf rum.«
    »Was ich will, ist nicht bloß, daß du vor dein unglückliches Opfer trittst…«
    »He, war Dumbo nicht schon unglücklich, lange bevor ich
    ihn umgenietet hob?«
    »…und dich zu deinem Verbrechen bekennst, sondern auch,
    ja, eine schriftliche Entschuldigung im ›Herald‹ und eine

    finanzielle Wiedergutmachung für die ruinierte Karriere von Daniel Boles.«
    »BUCK! BUCK, NUN KOMM ENDLICH!«
    Der Schurke rief über die Schulter: »Um Himmels willen,
    Trau, gib Ruhe! Wir gehen an die frische Luft, um die Sache zu bereden!« Er ging mit mir auf die Veranda hinaus und riß die Tür ins Schloß, daß es nur so dröhnte. Ich fragte mich, ob seine Grobheit eher mir oder seiner Trau galt.
    Wir gingen Seite an Seite in den Alligator-Park. Die Hunde, die mich zuvor belästigt hatten, mieden uns jetzt und bellten nur halbherzig. Hoey und ich erreichten den Spielplatz, und die dunklen Schemen der Wippbretter hatten ihre
    besänftigende Wirkung auf mich nicht verloren. Einen Moment lang war ich überzeugt, Hoey und ich würden uns nicht bloß in der Schuldfrage, sondern auch auf eine Linderung Deiner
    Situation einigen. Wir standen neben einer Rutsche – ein

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