Brüchige Siege
Facettenaugen
über dem Vereinshaus und dem Outfield wachten. Selbst im
Bus war das Knallen der Schlaghölzer zu hören, die Einschläge
von Pferdeleder in Handschuhleder, die Rufe der Spieler.
Bereits beim Anblick des äußeren Skeletts von McKissic Field
fragte ich mich, ob die New York Yankees ein vergleichbares
Stadion hatten.
»Komm mit«, sagte Darius. »Die morgendliche Schwitzkur
von Mister JayMac ist gleich zu Ende.« Ich wollte nach hinten
zu Euclid, um meinen Sack zu holen, weil ich dachte, ich
würde vielleicht meinen Handschuh brauchen, aber Darius
schüttelte den Kopf. »Ne, ne, Danl. Heute wird bloß
zugeguckt. Sei bloß froh, daß du nicht gezwungen bist, es mit
den Kerls da draußen aufzunehmen.«
Darius lotste mich durch einen Eingang bei den Sitzen an der
Third Base Line. Wir duckten uns durch einen niedrigen
Betontunnel und tauchten in die blendende Sommerhelle des
Baseballplatzes hinaus.
Rasen, den man nicht für möglich hielt, tipptopp gepflegt und
grün, der ganze Stolz einer Platzmeisterei. Selbst die Reklame an den Banden wirkte magisch: Schilder der hiesigen
Warenhäuser, Octagon-Laundry Soap, Obelisk Self-Rising
Flour, War Bonds, Old Golds, Shelby Razor Blades, 666 Cold Medicine. Das meiste, was da angepriesen wurde, kann man längst nicht mehr kaufen, aber in dem Augenblick damals, da
machte es mich ganz närrisch. Am liebsten wär ich über den
Outfield-Rasen gerannt (ich, ein Shortstop) und wär
grapschend an Feen-A-Mint oder Moroline Petroleum Jelly hochgesprungen. Ich wollte den Ball gegen die bunten Bilder
spielen. Und gleich nach dem Spiel wollte ich in die Stadt
rennen, um mich mit Kaugummi, Cola, Seife, Zigaretten und
Weißderhimmel einzudecken.
Du lieber Himmel, McKissic Field war das Paradies!
Auch wenn es einfach nur so war, daß kein anderer Platz der
CVL neben dem von Mister JayMac bestehen konnte (mal
abgesehen von dem in LaGrange). Auch wenn sich sehr bald
herausstellte, daß nicht einmal McKissic Field das Land der
Verheißung war. Womit ich sagen will, daß das Infield Beulen
hatte; daß es schattige Ecken gab, in denen ein Feldspieler
verlorengehen konnte, und daß es verzogene Schemel in den
Duschräumen und gesplissene Bänke auf den Tribünen gab.
An diesem Morgen aber war ich überwältigt von diesem
Stadion.
Nahe der Third Base Line donnerte Darius mit der Faust an
eine niedrige Wand und schlenderte über den Infield-Rasen. Er
hob einen Catcherhandschuh auf und winkte dem Spieler, der
am Schlagkäfig* lungerte. Der Spieler – Peter Hay, genannt
Haystack, was ich aber damals noch nicht wußte – folgte ihm
zum ›Stierpferch‹*, wo Darius in die Hocke ging, um Hays
Aufwärm-Bälle zu fangen. Nicht lange, und Darius klatschte in
den Handschuh, um Hay anzufeuern; er feuerte die Bälle härter
zurück als Hay sie warf. Hay strengte sich an, mehr aus sich
herauszuholen. Eine erstaunliche Szene: ein Schwarzer, der auf einem Baseballplatz in Süd-Georgia einen älteren weißen
Spieler trainierte, ohne dabei mit wilden Flüchen zu sparen.
»Wenn mich ein Nigger so anmachte, ich würd ihm die Eier abschneiden.«
Erst jetzt bemerkte ich die Frischlinge – drei Burschen in
Straßenkleidung – in den Sitzreihen hinter mir. Der Junge, der eben geredet hatte, kauerte zwischen zwei Gleichaltrigen, alle blinzelten sie wie Maulwürfe, jeder so nervös und großspurig
wie der andere. Der geredet hatte, trug dreckige Boots und
einen groben Overall; er hatte Arme wie ein Hufschmied. Und
außerdem einen ziemlich vorlauten Fünfuhrfrühbart.
»Würdest du dich von einem Nigger so runtermachen
lassen?« sagte er an meine Adresse.
Ich drehte mich halb um. Ich zuckte die Achseln.
»Bist du Baseballspieler?« fragte er. »Oder hast du dich bloß
verlaufen?«
»Der Nigger hat ihn mitgebracht«, sagte ein anderer. »Er hat
sich nicht verlaufen.«
Die beiden trugen billige Sakkos und Krawatten. Sie waren
größer als der Farmerjunge; wie Esquire- Models nahmen sie sich neben ihm aus – oder als hätten sie den Tag mit dem
Sonntag verwechselt und McKissic Field mit einer
Konzerthalle. Später fand ich heraus, daß sie Heggie und
Dobbs hießen. Der Farmerjunge mit dem Stoppelbart war ein
Aufschneider aus Süd-Georgia mit Namen Philip Ankers.
»Und häßlich ist er auch noch«, sagte Ankers und sah mich
dabei an. »Der Nigger kann reden und tun, was er will, das
ändert nichts daran, daß er häßlich ist.«
Gut
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