Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
Vom Netzwerk:
Facettenaugen
    über dem Vereinshaus und dem Outfield wachten. Selbst im
    Bus war das Knallen der Schlaghölzer zu hören, die Einschläge
    von Pferdeleder in Handschuhleder, die Rufe der Spieler.
    Bereits beim Anblick des äußeren Skeletts von McKissic Field
    fragte ich mich, ob die New York Yankees ein vergleichbares
    Stadion hatten.

    »Komm mit«, sagte Darius. »Die morgendliche Schwitzkur
    von Mister JayMac ist gleich zu Ende.« Ich wollte nach hinten
    zu Euclid, um meinen Sack zu holen, weil ich dachte, ich
    würde vielleicht meinen Handschuh brauchen, aber Darius
    schüttelte den Kopf. »Ne, ne, Danl. Heute wird bloß
    zugeguckt. Sei bloß froh, daß du nicht gezwungen bist, es mit
    den Kerls da draußen aufzunehmen.«
    Darius lotste mich durch einen Eingang bei den Sitzen an der
    Third Base Line. Wir duckten uns durch einen niedrigen
    Betontunnel und tauchten in die blendende Sommerhelle des
    Baseballplatzes hinaus.
    Rasen, den man nicht für möglich hielt, tipptopp gepflegt und
    grün, der ganze Stolz einer Platzmeisterei. Selbst die Reklame an den Banden wirkte magisch: Schilder der hiesigen
    Warenhäuser, Octagon-Laundry Soap, Obelisk Self-Rising
    Flour, War Bonds, Old Golds, Shelby Razor Blades, 666 Cold Medicine. Das meiste, was da angepriesen wurde, kann man längst nicht mehr kaufen, aber in dem Augenblick damals, da
    machte es mich ganz närrisch. Am liebsten wär ich über den
    Outfield-Rasen gerannt (ich, ein Shortstop) und wär
    grapschend an Feen-A-Mint oder Moroline Petroleum Jelly hochgesprungen. Ich wollte den Ball gegen die bunten Bilder
    spielen. Und gleich nach dem Spiel wollte ich in die Stadt
    rennen, um mich mit Kaugummi, Cola, Seife, Zigaretten und
    Weißderhimmel einzudecken.
    Du lieber Himmel, McKissic Field war das Paradies!
    Auch wenn es einfach nur so war, daß kein anderer Platz der
    CVL neben dem von Mister JayMac bestehen konnte (mal
    abgesehen von dem in LaGrange). Auch wenn sich sehr bald
    herausstellte, daß nicht einmal McKissic Field das Land der
    Verheißung war. Womit ich sagen will, daß das Infield Beulen
    hatte; daß es schattige Ecken gab, in denen ein Feldspieler
    verlorengehen konnte, und daß es verzogene Schemel in den

    Duschräumen und gesplissene Bänke auf den Tribünen gab.
    An diesem Morgen aber war ich überwältigt von diesem
    Stadion.
    Nahe der Third Base Line donnerte Darius mit der Faust an
    eine niedrige Wand und schlenderte über den Infield-Rasen. Er
    hob einen Catcherhandschuh auf und winkte dem Spieler, der
    am Schlagkäfig* lungerte. Der Spieler – Peter Hay, genannt
    Haystack, was ich aber damals noch nicht wußte – folgte ihm
    zum ›Stierpferch‹*, wo Darius in die Hocke ging, um Hays
    Aufwärm-Bälle zu fangen. Nicht lange, und Darius klatschte in
    den Handschuh, um Hay anzufeuern; er feuerte die Bälle härter
    zurück als Hay sie warf. Hay strengte sich an, mehr aus sich
    herauszuholen. Eine erstaunliche Szene: ein Schwarzer, der auf einem Baseballplatz in Süd-Georgia einen älteren weißen
    Spieler trainierte, ohne dabei mit wilden Flüchen zu sparen.
    »Wenn mich ein Nigger so anmachte, ich würd ihm die Eier abschneiden.«
    Erst jetzt bemerkte ich die Frischlinge – drei Burschen in
    Straßenkleidung – in den Sitzreihen hinter mir. Der Junge, der eben geredet hatte, kauerte zwischen zwei Gleichaltrigen, alle blinzelten sie wie Maulwürfe, jeder so nervös und großspurig
    wie der andere. Der geredet hatte, trug dreckige Boots und
    einen groben Overall; er hatte Arme wie ein Hufschmied. Und
    außerdem einen ziemlich vorlauten Fünfuhrfrühbart.
    »Würdest du dich von einem Nigger so runtermachen
    lassen?« sagte er an meine Adresse.
    Ich drehte mich halb um. Ich zuckte die Achseln.
    »Bist du Baseballspieler?« fragte er. »Oder hast du dich bloß
    verlaufen?«
    »Der Nigger hat ihn mitgebracht«, sagte ein anderer. »Er hat
    sich nicht verlaufen.«
    Die beiden trugen billige Sakkos und Krawatten. Sie waren
    größer als der Farmerjunge; wie Esquire- Models nahmen sie sich neben ihm aus – oder als hätten sie den Tag mit dem
    Sonntag verwechselt und McKissic Field mit einer
    Konzerthalle. Später fand ich heraus, daß sie Heggie und
    Dobbs hießen. Der Farmerjunge mit dem Stoppelbart war ein
    Aufschneider aus Süd-Georgia mit Namen Philip Ankers.
    »Und häßlich ist er auch noch«, sagte Ankers und sah mich
    dabei an. »Der Nigger kann reden und tun, was er will, das
    ändert nichts daran, daß er häßlich ist.«
    Gut

Weitere Kostenlose Bücher