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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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einen Teller mit
    Tomatenscheiben und einen krümligen Brocken Maisbrot.
    »Danbo auch, Tante Kiz«, sagte er.
    »Warum ißt du nicht in der Kantine?« wollte Kizzy von mir
    wissen. »Da ist mehr Platz.«
    Ich schüttelte den Kopf. Sie würden mir Fragen stellen, ganz
    wie Ankers, der Farmerjunge, vorhin im Stadion, und sie
    würden sich nur wieder über mein Schweigen ärgern oder
    lustig machen. Das eine war so unangenehm wie das andere.
    Kizzy (falls sie wirklich Euclids Tante war, dann auch die
    von Darius) hatte Hände wie lange aschfarbene Makrelen. Sie
    säbelte mir einen Brocken Maisbrot ab und schüttete mir ein
    Glas Buttermilch ein, das noch größer war als Euclids
    Marmeladenglas. Ich stand an dem Tisch mit der Teigrolle
    mitten in der Küche und schlang Maisbrot und Buttermilch
    hinunter; die Bullerhitze des Holzofens trieb mir den Schweiß
    aus allen Poren. Die Tapete der Küche – Damen in bunten
    Gewändern und Herren mit Zylinder auf Oldtimer-Fahrrädern
    – schälte sich in den Dämpfen und Dünsten von Gemüse und
    Tee von den Wänden.
    »Versammlung im Clubraum, halb sieben«, sagte Euclid. Er
    kleisterte sich einen Klumpen Erdbeermarmelade aufs Brot
    und keilte sich den ganzen Brocken in den Mund. »Haste
    gehört?«

    Kizzy gab mir von allem, was sie dahatte, darunter eine
    Schüssel mit Blattgemüse, kaltem Huhn und Pfeffersoße.
    Zuletzt fand ich mich, in der einen Hand mein Comic und in
    der anderen einen grünen baseballgroßen Apfel, auf den
    Hinterhof bugsiert.
    »Ich ruf dich zum Abendessen«, sagte sie.
    Ich setzte mich in den rostigen Sattel des verschrotteten
    Traktors und las Plastic Man und verscheuchte Mücken. Ich konnte das Radio im Clubraum hören: Tanzmusik, Witzeleien
    über ein Herzblatt-Spiel, eine Soap-Opera und
    Kriegsnachrichten. Ich döste, die Fahrt mit der Eisenbahn saß
    mir noch in den Knochen. Ich wachte auf, blätterte rückwärts
    durch Euclids Comic. Ich döste wieder ein. Als ich aufwachte,
    kletterte ich aus dem Traktor und erkundete das Terrain. Ich
    hielt deutlichen Abstand zum Bungalow, vielleicht aus Respekt
    vor Mister JayMacs und Miss Giselles Privatsphäre oder
    einfach, weil ich Angst hatte, er würde mir eine Ladung Schrot verpassen, wenn ich sie störte. Schließlich saß ich wieder auf dem Traktor und döste. »Danbo«, sagte Euclid. »Abendessen.«
    Ich hatte zwar keinen Appetit, setzte mich aber trotzdem zu
    den anderen, die in McKissic House wohnten. Wir saßen zu
    sechst an dem langen Tisch. Lon Musselwhite, der sechs Fuß
    vier große Leftfielder* und Größte in der Kantine, saß am
    Kopfende mit dem Rücken zur Küche. (Ehre, wem Ehre
    gebührt: Er war Mannschaftskapitän.) Der Stuhl am anderen
    Ende, mehr Thron als Gebrauchsmöbel, blieb leer, obwohl
    Kizzy den Platz gedeckt hatte. Vermutlich für Mister JayMac,
    der hier aufkreuzte, wann immer ihm danach war. Reese
    Curriden, der Third-Base-Mann, und Q. U. Parris, ein Pitcher
    mit Spitznamen Quip, holten, damit Kizzy sich nicht
    totzuschuften brauchte, die Schüsseln mit Gemüse und die
    Fleischplatten aus der Küche.

    »Keine falschen Hoffnungen«, sagte Reese Curriden an die
    Adresse von uns Neulingen. »Das ist nur zum Eingewöhnen.
    Nächste Woche seid ihr dran.«
    ∗
    »Mit Küchendienst«, sagte Quip Parris. Er war klein,
    weizenblond und lebendig wie ein Uhrwerk. Nicht lange, und
    ich begriff, daß er sich als den Nabel der Pitcherriege
    betrachtete. Er stammte aus Raleigh, North Carolina. Die
    Initialen standen für Quintus Uriah, was erklärt, warum ihn
    alle Quip nannten.1
    Als fast alles aufgetragen war, klopfte Musselwhite mit dem
    Löffel ans Teeglas und sagte: »Senkt bitte alle den Kopf.« Alle senkten den Kopf. Kizzy kam mit drei Bananencremetorten
    zurück, die sie auf einem Gestell aus lackierten Holzstäben vor sich hertrug. Sie ächzte vernehmlich. »Liebster Herr Jesus«,
    sagte Musselwhite, »segne die Lady, die unsere Speisen
    zubereitet hat, und die Speisen und alle, die davon essen. Mach uns stark – auch damit wir unsere CVL-Gegner besiegen, so
    wie du unsere Streitkräfte stark machen mögest, damit sie die
    Nips und Krauts besiegen. Amen.«
    »Amen«, sagte jeder am Tisch.
    »Reicht die Erbsen weiter«, sagte Musselwhite.
    Schüsseln gingen reihum, Kizzy fand schließlich Platz für das
    Gestell mit den baisergekrönten Torten.
    »Okay, Jungs«, sagte Musselwhite, »dann stellt euch mal
    vor.« Er löffelte sich Erbsen, Tomaten, frittierten Kürbis,
    Eibisch,

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