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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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hätte; wir waren so perplex, weil er den Mund aufmachte, wo er doch sonst so schüchtern war.
    »Aber Baseball spielen kann er, da bin ich sicher«, fügte Junior hastig hinzu.
    »Er sieht so aus«, sagte Jumbo.
    »Wie ein Schweinedünndarm mit Ohren«, sagte Trapdoor
    Evans.
    Ich wurde wieder puterrot. Die ganze Gesellschaft mit
    Ausnahme von Heggie und Jumbo wieherte vor Lachen. Was
    Jumbo anging, so war mir nicht klar, ob er solche Sticheleien
    haßte oder nur den Humor eines Gußeisenkessels hatte. Aus
    meiner Sicht hatte Evans mich nicht verletzen wollen; er hatte sich auf meine Kosten lustig gemacht, mich verulkt, mehr
    nicht.
    »Tut mir leid, Ihr Handycap, Mr. Boles«, sagte Jumbo. »Ich
    heiße Henry Clerval. Muscles« – er wies mit dem Kopf auf
    Lon Musselwhite –, »muß noch lernen, wie man richtig
    miteinander bekanntmacht.«
    Mariani pfiff, was soviel hieß wie: »Mann, er hat dir eins
    drübergebraten, Muscles«, doch Jumbo quittierte das
    allgemeine Gekicher mit einem finsteren Blick.
    »Ausgerechnet du mußt mir was von Emily Post* erzählen«,
    sagte Musselwhite. »Kommst hier rein mit der Kappe auf. Du
    zahlst zehn Cent in die Gemeinschaftskasse, mein Lieber.«

    »Zehn Cent!« schrien alle. »Her damit! Her damit!«
    Jumbos gelb verkleisterte Augen blickten von einem zum
    anderen. Sich barfuß an Kizzys Tisch zu setzen, war offenbar
    okay, aber die Kappe aufzubehalten, war tabu in McKissic
    House. So als wär man in einem Schweinestall großgeworden.
    Jumbo riß sie vom Kopf und stopfte sie unter die Tischkante,
    da wo sein Schoß war. Sein Haar war fettig und schwarz mit
    einem silberweißen Schopf mitten über der knotigen Stirn und
    nickelgrauen Strähnen um die verstümmelten Ohren. Himmel!
    dachte ich, wer dem in pechschwarzer Nacht in die Arme lief,
    der starb gleich zwölfmal an Herzversagen. Weder die
    Deckenlampen noch die schlampige Gesellschaft der übrigen
    Hellbenders konnten über das Unheimliche an Henry Clerval
    hinwegtäuschen. Ich war häßlich, aber den hatten
    Quotenblinde mit zwei linken Händen in einer Fleischfabrik
    zusammengeflickt.
    Alle sagten Jumbo zu ihm, auch Musselwhite, und
    Musselwhite überragte gut die Hälfte des Teams. Es war
    schrecklich, zwischen diesen beiden Riesenkerls zu sitzen, von denen der eine, verglichen mit dem anderen, wie ein Zwerg
    wirkte. Ich wär am liebsten auf mein Zimmer geflohen, das
    Dumme war nur, ich hatte noch keins. Zu dem Zeitpunkt fand
    ich, daß es Schlimmeres gab, als daheim in Tenkiller an einem
    Fließband von Deck Glider zu stehen.
    Auch wenn ich nicht Reißaus nahm, wollte mir das Essen
    doch im Hals stecken bleiben. Anders Jumbo. Er rückte seine
    zehn Cent heraus und langte zu, ohne auf das Gerede über
    Krieg, das Baseballgeschwätz oder das Gemecker über Geld-
    und Familiennöte zu achten, mit dem die anderen ihre Zeit
    vertaten. Er erbat sich jede Gemüseschüssel, die er nicht selbst erreichen konnte. Die mit Kartoffelpüree, Erbsen, Eibisch und
    Kürbis putzte er leer. Er trank einen Krug Wasser, verdrückte
    einen halben Kranz Maisbrot und ein Dutzend Brötchen,

    schnitt eine von Kizzys Bananencremetorten durch und
    schluckte die eine Hälfte wie einen Becher voll Fusel. Als
    letzter gekommen, war er als erster fertig, legte seinen
    verkleckerten Schlabberlatz ab und starrte mit dem Blick eines zufriedenen Wiederkäuers in die Runde.
    »Entschuldigt mich bitte«, sagte er mit seiner Fagottstimme
    zu Muscles.
    »Was heißt entschuldigen?« Musselwhite nagte an seinem
    zweiten oder dritten Schweinekotelett. »Laß dich nur nicht
    aufhalten.«
    »Gentlemen«, sagte Jumbo, dann entfaltete er sich zu voller
    Größe. Er duckte sich aus der Kantine und stieg die
    Foyertreppe hinauf. Die Stufen ächzten (aber nicht mehr als sie es bei Junior Heggie oder mir getan hätten); er verschwand und hinterließ eine Flotte von leeren Schüsseln, seinen glitschigen Porzellanteller und eine mehr oder weniger staunende Runde
    von Männern. Nicht einmal die alten Hasen – und das will was
    heißen – konnten sich an seine Erscheinung gewöhnen oder an
    die Show, die er bei Mahlzeiten lieferte.
    »Der Große Donnerfuß«, sagte Reese Curriden.
    »Du meinst Sudikoff«, sagte Trapdoor Evans. »Verglichen
    mit ihm ist Jumbo eine Fee. Besonders, wenn er mit den Zehen
    blinzelt.«
    Sudikoff konnte sich nicht verteidigen; er war verheiratet und folglich nicht unter uns. Immerhin war er der erste
    Reservemann am First Base: der anmutige

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