Brüchige Siege
hätte; wir waren so perplex, weil er den Mund aufmachte, wo er doch sonst so schüchtern war.
»Aber Baseball spielen kann er, da bin ich sicher«, fügte Junior hastig hinzu.
»Er sieht so aus«, sagte Jumbo.
»Wie ein Schweinedünndarm mit Ohren«, sagte Trapdoor
Evans.
Ich wurde wieder puterrot. Die ganze Gesellschaft mit
Ausnahme von Heggie und Jumbo wieherte vor Lachen. Was
Jumbo anging, so war mir nicht klar, ob er solche Sticheleien
haßte oder nur den Humor eines Gußeisenkessels hatte. Aus
meiner Sicht hatte Evans mich nicht verletzen wollen; er hatte sich auf meine Kosten lustig gemacht, mich verulkt, mehr
nicht.
»Tut mir leid, Ihr Handycap, Mr. Boles«, sagte Jumbo. »Ich
heiße Henry Clerval. Muscles« – er wies mit dem Kopf auf
Lon Musselwhite –, »muß noch lernen, wie man richtig
miteinander bekanntmacht.«
Mariani pfiff, was soviel hieß wie: »Mann, er hat dir eins
drübergebraten, Muscles«, doch Jumbo quittierte das
allgemeine Gekicher mit einem finsteren Blick.
»Ausgerechnet du mußt mir was von Emily Post* erzählen«,
sagte Musselwhite. »Kommst hier rein mit der Kappe auf. Du
zahlst zehn Cent in die Gemeinschaftskasse, mein Lieber.«
»Zehn Cent!« schrien alle. »Her damit! Her damit!«
Jumbos gelb verkleisterte Augen blickten von einem zum
anderen. Sich barfuß an Kizzys Tisch zu setzen, war offenbar
okay, aber die Kappe aufzubehalten, war tabu in McKissic
House. So als wär man in einem Schweinestall großgeworden.
Jumbo riß sie vom Kopf und stopfte sie unter die Tischkante,
da wo sein Schoß war. Sein Haar war fettig und schwarz mit
einem silberweißen Schopf mitten über der knotigen Stirn und
nickelgrauen Strähnen um die verstümmelten Ohren. Himmel!
dachte ich, wer dem in pechschwarzer Nacht in die Arme lief,
der starb gleich zwölfmal an Herzversagen. Weder die
Deckenlampen noch die schlampige Gesellschaft der übrigen
Hellbenders konnten über das Unheimliche an Henry Clerval
hinwegtäuschen. Ich war häßlich, aber den hatten
Quotenblinde mit zwei linken Händen in einer Fleischfabrik
zusammengeflickt.
Alle sagten Jumbo zu ihm, auch Musselwhite, und
Musselwhite überragte gut die Hälfte des Teams. Es war
schrecklich, zwischen diesen beiden Riesenkerls zu sitzen, von denen der eine, verglichen mit dem anderen, wie ein Zwerg
wirkte. Ich wär am liebsten auf mein Zimmer geflohen, das
Dumme war nur, ich hatte noch keins. Zu dem Zeitpunkt fand
ich, daß es Schlimmeres gab, als daheim in Tenkiller an einem
Fließband von Deck Glider zu stehen.
Auch wenn ich nicht Reißaus nahm, wollte mir das Essen
doch im Hals stecken bleiben. Anders Jumbo. Er rückte seine
zehn Cent heraus und langte zu, ohne auf das Gerede über
Krieg, das Baseballgeschwätz oder das Gemecker über Geld-
und Familiennöte zu achten, mit dem die anderen ihre Zeit
vertaten. Er erbat sich jede Gemüseschüssel, die er nicht selbst erreichen konnte. Die mit Kartoffelpüree, Erbsen, Eibisch und
Kürbis putzte er leer. Er trank einen Krug Wasser, verdrückte
einen halben Kranz Maisbrot und ein Dutzend Brötchen,
schnitt eine von Kizzys Bananencremetorten durch und
schluckte die eine Hälfte wie einen Becher voll Fusel. Als
letzter gekommen, war er als erster fertig, legte seinen
verkleckerten Schlabberlatz ab und starrte mit dem Blick eines zufriedenen Wiederkäuers in die Runde.
»Entschuldigt mich bitte«, sagte er mit seiner Fagottstimme
zu Muscles.
»Was heißt entschuldigen?« Musselwhite nagte an seinem
zweiten oder dritten Schweinekotelett. »Laß dich nur nicht
aufhalten.«
»Gentlemen«, sagte Jumbo, dann entfaltete er sich zu voller
Größe. Er duckte sich aus der Kantine und stieg die
Foyertreppe hinauf. Die Stufen ächzten (aber nicht mehr als sie es bei Junior Heggie oder mir getan hätten); er verschwand und hinterließ eine Flotte von leeren Schüsseln, seinen glitschigen Porzellanteller und eine mehr oder weniger staunende Runde
von Männern. Nicht einmal die alten Hasen – und das will was
heißen – konnten sich an seine Erscheinung gewöhnen oder an
die Show, die er bei Mahlzeiten lieferte.
»Der Große Donnerfuß«, sagte Reese Curriden.
»Du meinst Sudikoff«, sagte Trapdoor Evans. »Verglichen
mit ihm ist Jumbo eine Fee. Besonders, wenn er mit den Zehen
blinzelt.«
Sudikoff konnte sich nicht verteidigen; er war verheiratet und folglich nicht unter uns. Immerhin war er der erste
Reservemann am First Base: der anmutige
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