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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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und die
    Stufen hinauf. Ich blieb sitzen.
    Darius sagte: »Du bist auch taub, was?« Er besah mich im
    Rückspiegel.
    Ich schüttelte den Kopf. Ich dachte wohl, Darius hätte mich
    bei der Hand genommen, mir gut zugesprochen. Statt dessen
    schloß er die Bustür und warf den ersten Gang ein; der Braune
    Bomber machte einen Satz von der Kieszufahrt unter die
    Pekan- und Hartriegelbäume und holperte an einer der
    schäbigen Feuertreppen aus Kiefernholz vorbei zum Hinterhof.
    Um mir nicht das Genick am Blechdach zu brechen,

    verklammerte ich mich und mein kostbares Leben aus
    Leibeskräften mit dem Bus.
    Darius bremste an einer mit Fliegendraht abgeschirmten
    Veranda unweit eines alten Wagenschuppens. Der verdreckte
    Draht wies Risse auf; die splissigen Stufen direkt zur Küche
    krängten mal hier- und mal dorthin. Die Dachrinnen waren
    durchgerostet; Teile hingen lose herunter und erinnerten an
    Spülrutschen in einer Kiesgrube. Die Dachtraufe hatte, wenn
    man von unten dagegensah, lauter saubere kleine Bohrlöcher,
    als hätte jemand Haken hineingedreht, um Töpfe mit
    Chrysanthemen oder Begonien aufzuhängen. Tatsächlich
    stammten die Löcher von Holzbienen und nicht von einem
    Blumennarren. Die einzige Augenweide zwischen Veranda
    und Wagenschuppen waren ein paar verrostete Pfannen, ein
    Komposthaufen und ein Traktor, den man für Kriegszwecke
    ausgeschlachtet hatte.
    Durch den Fliegendraht war eine lange Reihe von
    Küchenfenstern zu sehen, dahinter und hinter einer Art Tresen
    tanzte der Kopf einer farbigen Frau mit ergrautem Haar. Die
    Wangen waren eingefallen, quellende Lippen und Augen, eine
    Schnabelnase. Das Haar war zu Rattenschwänzen geflochten,
    die hinten herunter und über die Schulter nach vorne fielen,
    mehr nach Art einer Squaw als einer Negermami. Aus dem
    Bus heraus schien sie einfach keinen Körper zu haben; der
    Kopf hüpfte in den Schwaden und dem Geschepper der Küche
    hierhin und dorthin.
    »Kizzy«, sagte Darius. »Entweder macht sie dir was zu essen
    oder schnippelt dich in die Pastete. Ich würd’s einfach mal
    probieren.«
    In dem Augenblick gewahrte ich Mister JayMac; er spazierte
    durch einen
    großen Victory-Garten* auf das alte
    Personalquartier zu: ein adretter kleiner Bungalow, umstanden
    von Hortensiensträuchern mit rauchblauen Blüten, die so groß

    waren wie Kohlköpfe; das rote Ziegeldach erinnerte eher an
    Spanien als an die Südstaaten.
    »Da drüben ist das Büro«, klärte Darius mich auf. »Und das
    Schlafzimmer. Er und Miss Giselle brauchen ihre Ruhe.«
    Mister JayMac nahm sich sichtlich Zeit, und ich dachte, Darius würde vielleicht noch mehr erzählen, doch er sagte nur noch:
    »Steig aus, Danl. Na, los! Mach schon!«
    Ich stand auf. Ich war am Ziel. Hier war mein neues
    ›Zuhause‹. Ob ich nun wußte, was ich tun oder wie ich einen
    Fuß vor den anderen setzen sollte, oder nicht…
    »Heiliger Jesus«, sagte Darius. Er kam den Gang entlang,
    packte mich beim Arm und zerrte mich aus dem Bus und die
    maroden Stufen zur Küche hinauf. »Dieser junge Mann ist
    hungrig und sprachlos«, sagte er. »Gib ihm was zu futtern,
    Kizzy, aber erwarte kein Dankeschön.« Er rumste durch eine
    Schwingtür, die eher zu einem Wirtshaus paßte als zu einem
    viktorianischen Anwesen.
    Durch eine andere Tür kam Euclid aus der Kantine und dem
    Clubraum dahinter, wo die Hellbenders, von Jungs wie mir bis
    zu graumelierten Käuzen wie Creighton Nutter, den
    Nachrichten lauschten und über die Besetzung von Attu*
    debattierten.
    »Blödsinn«, sagte jemand. »Solln die Japse sich das Ding
    einmachen. So’n vereister Brocken ist nicht einen GI wert,
    geschweige denn fünfhundert.«
    »Wenn du mich fragst«, meinte ein anderer Spieler, »ich
    würd die Truppen nach hier holen und den streikenden
    Bergleuten mal richtig Feuer unterm Arsch machen.«
    »Was weißt du denn vom Bergbau, Fanning«, sagte jemand
    anders. »Mein Dad hat Kohle abgebaut. Ohne Baseball wär ich
    Bergmann geworden.«
    Ein Wort ergab das andere. Ich erinnere mich ausgerechnet
    an dieses Gespräch, weil mir jener Traum von Umnak und der

    prasselnden Flutwelle aus Marsden-Platten immer noch
    gegenwärtig ist. So oft ich die Augen schließe, kann ich diesen schwarzweiß-milchigen Alptraum abspulen.
    Euclid überließ mir sein Plastic-Man- Comic.Er kletterte auf den Schemel neben dem Holzofen und bat um etwas zu essen.
    Kizzy nahm ein leeres Marmeladenglas und füllte es randvoll
    mit Buttermilch, dann gab sie ihm noch

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