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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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beobachten konnte. In den Händen hielt er seine Laute – den einzigen Besitz, der ihm geblieben war. Langsam zog er das Instrument aus dem ledernen Beutel, in den es gehüllt war. Seine Finger zupften an den Saiten, und die Melodie, die er spielte, war leise und traurig. Als er wieder aufblickte, sah er, dass das Feuer immer noch auf dem fernen Hügel verharrte, vielleicht fünf Meilen von ihm entfernt.
    »Warum schläfst du nicht?« Rhya war leise an Jandaldon herangetreten, und ihre Stimme ließ ihn aufschrecken.
    »Wie könnte ich schlafen, wenn ich dem Ziel meiner Wünsche so nah bin? Warum sollte ich schlafen, wenn morgen der letzte Tag meines Lebens ist?«
    »Ja, morgen könnte der letzte Tag deines Lebens sein. Ist es immer noch dein Wunsch zu sterben?«
    »Ja, es ist mein Wunsch.«
    »Dann wird dies hier also unsere letzte gemeinsame Nacht werden.«
    »Ja, dies wird unsere letzte Nacht sein. Aber was ist, wenn das Feuer sich uns weiter nähert?« Widerstrebend wandte Jandaldon seinen Blick von dem fernen Feuerschein ab, um Rhya anzusehen. »Ich möchte nicht, dass dir etwas geschieht.«
    »Es ist schön, dass du dich um mich sorgst.« Rhya lächelte. »Dennoch sind deine Bedenken unbegründet. Wir sind sicher hier an diesem Ort – das Feuer wird uns nicht behelligen.«
    »Woher weißt du das?« Zweifel lag in Jandaldons Stimme, als er die Frau mit gerunzelter Stirn ansah.
    »Ich weiß es, weil ich schon lange in diesem Land lebe, und weil ich dem Feuer schon oft begegnet bin. Komm nun, und vergiss das Morgen für eine Weile.«
    Rhya fasste die Hand des Sängers und wollte ihn mit sich ziehen, doch Jandaldon löste seine Hand aus der ihren. Sorgfältig verpackte er seine Laute, und nach kurzem Zögern hielt er sie Rhya entgegen.
    »Meine Laute – ich möchte sie dir schenken. Morgen brauche ich sie nicht mehr.«
    »Du kannst sie mir morgen schenken.« Rhya machte keine Anstalten, das Instrument entgegenzunehmen. »Wenn du morgen immer noch den Wunsch hast zu sterben.«
    »Was sollte mich davon abbringen? Hast du nicht versprochen, dass du mich nicht daran hindern würdest, in das Feuer zu gehen.«
    »Wie sollte ich dich hindern? Ich bin eine schwache Frau. Trotzdem werde ich nicht wortlos zusehen, wie du deinen Tod suchst. Denkst du denn immer noch, dass es für dich nichts gibt, für das es zu leben lohnt?«
    »Nein, es gibt nichts.« Jandaldon wandte sich von Rhya ab, und sein Blick wurde wieder von dem Feuer angezogen. Fasziniert schwieg der Sänger, bis nach kurzer Zeit Rhya wieder das Wort ergriff.
    »Sieh mich an, Jandaldon. Und dann sage mir noch einmal, dass das Leben dir nichts mehr bedeutet.«
    Als Jandaldon sich umdrehte, erstarrte er staunend, denn Rhya hatte in der Zwischenzeit ihr Kleid abgelegt. Nackt stand sie vor ihm, und ihr schlanker Körper schien im Licht Eril-Firions zu leuchten.
    »Warum tust du das?«, fragte Jandaldon, und verlegen wandte er seinen Blick ab. »Es ist mir nicht entgangen, wie schön du bist. Aber zu lange habe ich einer Frau hinterhergetrauert, die unerreichbar für mich war. Auch deine Schönheit scheint mir zu erhaben, zu göttlich, um jemals erreichbar zu sein.«
    »Du hast gesagt, dass deine Liebe zu Jeslyn dich getötet hat. Was kann meine Schönheit also noch daran ändern? Oder ist da doch noch etwas in dir, das lebt und sich nach Liebe sehnt? Würdest du dir meine Liebe wünschen?«
    »Du bist grausam. Hast du mir nicht gesagt, dass die Priester der Elemente alleine leben, sich nicht an einen anderen Menschen binden?«
    »Das ist wahr. Wir leben alleine, solange wir Priester sind, trotzdem gibt es kein Gebot und kein Gelübde, das uns die Liebe verbietet. Und ich bin nicht grausam – du bist grausam zu dir selbst. Wenn du deinen Wunsch nach Liebe unterdrückst, nur weil du denkst, dass sie für dich unerreichbar ist, dann bist du selbst der Quell deiner Leiden.«
    »Willst du damit sagen, dass ich bei dir Liebe finden kann?«
    »Darum geht es nicht – nicht jetzt. Alles was jetzt zählt, ist nur, ob du Liebe willst. Und ob du leben willst.«
    »Ja«, sagte Jandaldon, nachdem er eine Weile gezögert hatte. »Ich möchte lieben und geliebt werden.«
    »Ist dann nicht alles gut? Wenn ich den Wunsch nach Liebe in dir wieder erwecken kann, warum soll es dann nicht auch eine andere Frau können?«
    »Du liebst mich also nicht?«
    »Ich liebe dich nicht weniger, als du mich liebst, doch dein Schicksal steht immer noch zwischen uns. Wenn du nicht sterben willst,

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