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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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wir ihn ersteigen, wirst du es vielleicht schon sehen.«
    »Dann lass uns weitergehen.« Ohne sich noch einmal umzuwenden, setzte Jandaldon seinen Weg fort, und Rhya blickte ihm für eine Weile unschlüssig hinterher. Nach kurzem Zögern umfasste sie den Hals ihrer Craith-Echse und sprach ein paar Worte in das Ohr des Tieres. Dann löste sie den Zügel und lief eilig hinter dem Sänger her. Die Sonne hatte den höchsten Punkt ihrer Bahn bereits überschritten, als Jandaldon das letzte Stück des Hangs emporstieg. Die Erregung, die von ihm Besitz ergriffen hatte, nahm umso mehr zu, je weiter sich der Blick auf das vor ihm liegende Land öffnete. Jenseits des Hangs, im Norden und Osten, fiel der Fels steil zu einem zerklüfteten, steinigen Tal hin ab. Die Sonne war inzwischen aus den Wolken herausgetreten, und ihr Licht ließ die Dunstschleier aufleuchten, die das Land einhüllten.
    »Das Feuer«, rief Jandaldon. »Der Regen hat es verlöschen lassen.«
    »Du scheinst wenig Vertrauen in das ewige Feuer zu haben.« Rhya stand neben dem Sänger, und ihre Stimme war ruhig. »Es ist dort, nicht weit im Nordosten. Auch wenn es sich in das Tal zurückgezogen hat, brennen seine Flammen immer weiter, und kein Regen kann es auslöschen.«
    »Der Weg ins Tal hinunter ist schwierig. Kennst du einen Pfad, der mich sicher hinunterträgt?«
    »Warum sorgst du dich um deine Sicherheit? Suchst du nicht ohnehin deinen Tod? Ich kann dir keinen Weg weisen, denn ich kenne diese Hügel nicht besser als du. Doch ich kenne das Feuer. Es wird am Abend auf diesen Hügel zurückkehren, wir können es hier erwarten.«
    »Wir?« Endlich wandte Jandaldon seinen Blick von dem Tal, um in Rhyas Augen zu schauen. »Du solltest nicht länger an meiner Seite verweilen. Es ist Zeit, dass du dich in Sicherheit bringst.«
    »Ich weiß, was ich tue – besser als du. Lass uns nun hier lagern, und wir wollen noch einmal gemeinsam speisen. Vielleicht wird es unser letztes gemeinsames Mahl sein.«
    Zwischen den Felsen fand Rhya einige tote Bäume, und sie sammelte genügend Holz für ein Kochfeuer. Während die Flammen fröhlich prasselten, schnitt sie Trockenfleisch in kleine Stücke und gab getrocknete Wurzeln und Pilze hinzu, die sie in ihrem Gepäck bei sich trug. Schließlich stellte sie einen Topf in die heruntergebrannte Glut und gab das Fleisch mit den Zutaten und etwas Wasser hinein.
    Ungeduldig verfolgte Jandaldon die Vorbereitungen der Priesterin, die meiste Zeit jedoch blickte er in das Tal hinunter, in der Hoffnung, das Feuer zu sehen. Sie sprachen nur wenig, und schließlich aßen sie das heiße Fleischgericht, das dem Sänger tatsächlich wie ein Festmahl erschien, mit Aromen, die er nie zuvor gekostet hatte. Rhya nannte die Namen der Kräuter und Pilze, die sie dem Fleisch zugefügt hatte, doch Jandaldon hörte kaum zu, denn je tiefer die Sonne am Himmel sank, desto höher stieg seine Erregung. Als sie ihr Mahl beendet hatten, erhob er sich, um Ausschau zu halten. Rotgoldene Wolkenfetzen überzogen den Himmel, als hätte die tief stehende Sonne den ganzen Horizont in Brand gesetzt. Obwohl die letzten Strahlen des Abendlichts das tief eingeschnittene Tal nicht mehr erhellen konnten, war auch dort rötlicher Lichtschein zu sehen. Das ewige Feuer! Gebannt schaute Jandaldon hinunter, denn mit dem Schwinden des Tageslichts wurde das Leuchten des Feuers immer deutlicher sichtbar.
    Langsam kam es näher, und schon spürte Jandaldon, dass der Wind die Wärme der Flammen mit sich trug. Mit besorgter Miene trat er an Rhya heran, die mit geschlossenen Augen auf dem Boden hockte. Sie schien tief in sich versunken zu sein, und auch als Jandaldon sich leise räusperte, reagierte sie nicht.
    »Rhya«, sagte er schließlich. »Es ist Zeit, dass du gehst.«
    Die junge Frau atmete noch einige Male tief durch, bevor sie ihre Augen öffnete.
    »Ich werde nicht gehen«, sagte sie.
    »Was soll das heißen?«, fragte Jandaldon. »Ich werde nicht zulassen, dass du mit mir in den Tod gehst.«
    »Wie willst du mich daran hindern? Willst du mich auf deinen Armen davontragen? Dann würdest auch du dem Feuer entgehen.«
    »Du hast gesagt, dass du mich nicht hindern würdest. Warum versuchst du es nun doch?«
    »Ich hindere dich nicht. Und ich will dich auch nicht belügen, selbst wenn ich dich dadurch vielleicht würde retten können. Du musst dich nicht um mich sorgen, denn das Feuer wird mich nicht töten.«
    »Wie meinst du das? Wie willst du die Flammen

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