Brüder der Drachen
würden die Kräfte sich im Zentrum des Heiligtums fokussieren, wo der mächtigste der Dimensionssteine darauf wartete, seine Wirkung zu entfalten. Wenn dies geschah, dann würde das Tor sich öffnen, und Thaur-Angoths Diener würden aus dem Schattenreich zurück in diese Welt gelangen. Es wäre der Beginn eines neuen Zeitalters, denn Thaur-Angoth würde schließlich Aeon selbst herausfordern. Die Drachen waren bereits bezwungen, doch noch war der Dunkle Herr gefangen im Reich der Schatten, gebunden durch Aeons Macht. Auch dieser Kampf würde sich in wenigen Tagen entscheiden. Denn Thaur-Angoth würde aufbegehren gegen die Ketten, die ihn in seinem Verlies festhielten. Große Taten standen bevor, und schon bald würde es soweit sein.
Als ein Dämon sich aus dem Himmel zu ihm hinuntersenkte, wandte Eins sich von dem Leuchten des Himmelslichts ab.
»Was gibt es Neues, Drei ?«, fragte er.
»Ich bin eine weite Strecke geflogen«, erwiderte der Dämon. »Und ich spüre, dass unsere Späher in Unruhe sind. Irgendetwas ereignet sich, weit im Westen.«
»Das war zu erwarten.« Eins zuckte die Schultern. »Calidors Heer wird am Rand des Drachenlandes eingetroffen sein. Sie haben noch einen weiten Weg vor sich.«
»Wir werden ihr Vorrücken beobachten. Vier wird sich freuen – er hat lange kein Menschenblut mehr getrunken.«
»Er wird es auch jetzt nicht tun.« Die Augen von Eins funkelten. »Wenn ihm etwas zustoßen sollte, dann wären all unsere Pläne gescheitert.«
»Er wird sich nicht freuen, dies zu hören.«
»Er wird mir trotzdem gehorchen.« Mit grimmigem Blick wandte Eins sich dem Dämon zu. »Bereits einen unserer Gefährten haben wir durch Firions Tücken verloren. Wenn auch noch Vier vom rechten Pfad abkommen sollte, dann wäre unser Herr auf ewig gefangen. Fünf Ecken hat das Pentagramm – keine davon darf leer bleiben.«
» Vier wird auf seinem Platz sein – ich werde auf ihn achten.«
Der Dämon wandte sich ab und schwang sich hinauf in die rote Glut des nächtlichen Himmels. Eins sah ihm hinterher, und ein nachdenklicher Blick lag in seinem Auge.
»Es ist Zeit, dass dies endet«, murmelte er. »Möge Thaur-Angoth uns die Kraft geben, unser Ziel zu erreichen.«
*
Wind und Wellen bildeten ein einziges tosendes Inferno. Der Seedrache tanzte auf der aufgewühlten See – klein und verloren zwischen den entfesselten Urgewalten. Raydan und seine Männer kämpften an gegen die Launen der Natur, versuchten, das Schiff so zu manövrieren, dass es nicht von den gewaltigen Brechern zerschmettert wurde. Unter Deck hatten die fünf Auserwählten sich mit ihren übrigen Gefährten versammelt. Nur eine kleine flackernde Lampe spendete ihnen Licht, und Besorgnis und Erschöpfung waren in ihren Gesichtern zu lesen.
»Können wir nicht die Kraft der Elemente beschwören, um diesen Sturm zu beenden?«, fragte Selina. Sie saß dicht an Loridan gedrängt, der einen Arm schützend um ihre Schultern gelegt hatte.
»Wir könnten es versuchen.« Sad Olgar nickte ernst. »Doch es sind bereits gewaltige Kräfte entfesselt – Kräfte, die unser Schiff in weniger als einem Augenblick vernichten könnten. Ihr müsstet versuchen, aus den Runen eine Macht zu beschwören, die diesen Kräften ebenbürtig ist. Besonders Loridan und Jandaldon müssten dies tun, denn sie gebieten über das Wasser und die Luft. Traut Ihr Euch dies zu?«
Jandaldon betrachtete den Priester mit gerunzelter Stirn, dann schüttelte er stumm seinen Kopf.
»Ich hätte Angst, solche Mächte zu entfesseln«, sagte Loridan. »Nicht, wenn es noch andere Hoffnung gibt.«
»Ja, ich denke genauso«, sagte Sad Olgar. »Wenn Ihr die Runen nicht völlig unter Kontrolle hättet, dann könnten diese Kräfte sich gegen uns wenden. Doch es gibt noch andere Hoffnung. Auch wenn Firions Licht am Himmel verblasst ist gegen Eril-Angoths hellen Schein – wir wollen unsere Gebete an ihn richten und seine Hilfe erflehen.«
Erwartungsvoll blickte Timon zu dem Priester, aber dieser sprach kein lautes Gebet. Er saß ruhig auf dem Boden, seine Augen geschlossen, und seine Lippen formten lautlose Worte. Eine Weile verharrte der junge Zauberer unschlüssig, denn seine Gefährten saßen ebenso reglos und in sich selbst gekehrt wie Sad Olgar. Erschöpft schloss Timon schließlich die Augen, denn das wilde Schaukeln des Schiffes ließ seinen Magen aufbegehren, und er hatte in der vergangenen Nacht kaum geschlafen. Mit welchen Worten sollte er den Schöpfer um Hilfe bitten? In
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