Brüder Des Zorns
verbieten. Er wollte Fyana keinesfalls aus den Augen verlieren.
Das Zimmer war sehr groß, aber die Luft stickig und von schweren Weihrauchschwaden durchdrungen. Wandteppiche und Vorhänge bedeckten Wände und Fenster. Eine kleine Menschenmenge drängte sich im Raum. Kostbar gewandete Männer und Frauen standen um ein Bett herum, das mitten im Zimmer auf einem Podest ruhte. Ihre kummervollen Mienen verhießen nichts Gutes für die Gestalt, die auf den Kissen lag.
Die Königin führte sie zu dem Podest, und sie stiegen die drei Stufen empor. Im Bett lag ein Mann, dessen Alter schwer einzuschätzen war. Haare und Bart waren glatt und von brauner Farbe. Unter der Gesichtshaut traten die Knochen spitz hervor. Blaue Augen starrten ins Leere. Beide Arme ruhten auf der Decke, und die schmalen, bleichen Hände lagen reglos auf den kunstvoll mit goldenen und roten Stickereien verzierten Laken. Bis auf das schwache Heben und Senken der Brust bewegte sich der Kranke nicht. Nicht einmal die Finger zuckten.
»So liegt er seit zehn Tagen«, erklärte die Königin.
»Was ist geschehen?« fragte Fyana. Sie berührte den König nicht. Ansa musterte die Gesichter der Umstehenden. Etliche blieben ausdruckslos, andere blickten abweisend oder verächtlich.
»Es passierte während eines Festmahls. Der König war wie immer bei bester Gesundheit. Tagsüber hatte er stundenlang im Sattel gesessen und in den Wäldern gejagt. Keinem seiner Begleiter fiel irgendetwas Ungewöhnliches auf. Während der Mahlzeit wurde er plötzlich totenblass und sagte mir, er wolle sich früh zurückziehen, da er sich unwohl fühle. Er verließ den Saal, aber sein Verhalten kam mir so seltsam vor, dass ich ihm folgte. Er lag auf dem Boden dieses Zimmers und war nicht in der Lage, sich zu bewegen oder zu sprechen. Genau wie jetzt.«
»Du hast ihn gefunden?« Fyana schaute auf. »Keiner der Diener oder Höflinge sah, wie er zusammenbrach?« Auch Ansa hatte sich darüber Gedanken gemacht, wollte aber Fyana das Sprechen überlassen, solange er nicht angeredet wurde.
»Ein Gang verbindet die öffentlichen Räume und die königlichen Gemächer, so müssen wir nicht die überfüllten Korridore benutzen. Dort lag er. Seit jenem Augenblick hat er nichts gesagt und sich nicht bewegt. Kannst du ihm helfen?« Ihr Tonfall war ebenso beherrscht wie ihr Benehmen, aber in ihrem Blick lag ein leises Flehen.
»Ich will tun, was ich kann. Würdest du bitte Vorhänge und Fenster öffnen lassen? Die Luft und der Rauch im Zimmer reichen aus, um jeden Kranken umzubringen!«
»Majestät, ich protestiere!« Ein weißbärtiger Mann in schwarzem Gewand trat vor. Seine Robe zierten Stickereien von Tieren und Sternen. »Wenn man die Fenster öffnet gestattet man Krankheit und Pestilenz ungehindertes Eindringen!«
Ein zweiter Mann, der den Kopfputz der Priester trug, trat ebenfalls vor. »Lass dich nicht darauf ein, meine Königin! Ich stellte geistige Schutzschilde rings um das Bett Seiner Majestät auf. Gelangen Luft und Sonne ins Zimmer …« – er legte eine dramatische Pause ein – »… darf man mich nicht für die entsetzlichen Folgen verantwortlich machen!«
»Meine Herren«, sagte die Königin, »ich danke euch für eure Bemühungen, aber wir müssen neue Wege beschreiten. Ihr dürft euch zurückziehen.« Sie wandte sich wieder dem Bett zu, aber beide Männer protestierten heftig.
»Unglaublich! Eine Beleidigung der hohen Gilde der Ärzteschaft!« rief der schwarz gekleidete Mann.
»Und des Tempels!« fügte der Priester hinzu. »Willst du dieser Wilden aus der Wüste erlauben, den Anordnungen der Hohenpriester zuwiderzuhandeln?«
Ansa entschied, dass er lange genug geschwiegen hatte. »Ihr habt dem König in den letzten zehn Tagen nicht geholfen. Verschwindet! Oder bedeutet euch der Befehl eurer Königin gar nichts?«
Entsetztes Raunen lief durch den Raum. Der Arzt und der Priester waren wie vom Donner gerührt und mochten kaum glauben, von einem Barbaren gemaßregelt worden zu sein, der kaum dem Knabenalter entwachsen war. Die Königin sah sie mit steinerner Miene an.
»Genau. Soll ich die Barnen rufen lassen?«
Vor Wut und Entsetzen einer Ohnmacht nahe, zogen sie sich unter gemurmelten Entschuldigungen aus dem Gemach zurück, von ihren Begleitern gefolgt. Diener eilten herbei, zogen die Vorhänge zurück und rissen die Fenster auf. Nach wenigen Augenblicken war die Luft im Zimmer erträglich, und das schummrige Licht war dem hellen Tag gewichen.
»Ich brauche
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