Brüder Des Zorns
durch das Schlafgemach ihres Mannes in die große Halle. Hinter der Tür stand eine Sänfte, neben der vier muskulöse Träger mit verschränkten Armen geduldig warteten. Der Anblick entlockte Fyana ein leises Lachen.
»Majestät, ich bin müde, aber ich bin kein Krüppel. Ich kann es aus eigener Kraft bis in mein Schlafgemach schaffen.«
»Das lasse ich nicht zu«, erklärte Masila. »Von nun an steht deine Gesundheit an zweiter Stelle hinter der meines Gemahls. Ruh dich aus. Meine Diener werden deinen Befehlen gehorchen, als hätte ich sie gegeben.« Sie wandte sich an Ansa. »Ich schicke heute Abend nach dir, wie wir besprochen haben.« Die Menschen in der Halle verneigten sich tief, als die Königin wieder im Zimmer ihres Mannes verschwand.
Verlegen stieg Fyana in die Sänfte. Die Sklaven bückten sich und hoben sie auf die Schultern. Grinsend schritt Ansa neben ihnen her. Während sie durch die Gänge schritten, verbeugten sich die Höflinge vor ihnen. Die Nachricht von den außergewöhnlichen Gunstbezeugungen der Königin hatte sich wie ein Lauffeuer im Palast verbreitet. Die Sklaven setzten die Sänfte vor einer Tür ab, die von zwei der grimmig dreinblickenden Barnen flankiert wurde.
»Noch nie haben mich Menschen getragen«, sagte Fyana, als sie aus der Sänfte kletterte. »Ein seltsames Gefühl!« Sie sah aber nicht so aus, als habe es ihr missfallen.
Ihre Zimmer standen den Gemächern des Königs in Größe und Ausstattung kaum nach. Ein Dutzend Sklaven, angeführt von einer Aufseherin, die eine kleine Zeremonienpeitsche im Gürtel trug, erwartete sie. Die Frau nahm sich sofort Fyanas an und führte sie zu einem Baderaum. Ansa ging in sein Zimmer und trat auf den Balkon. Auch dort wachten zwei Bamen. Anscheinend hatte die Königin sogar in ihrem eigenen Palast Angst um seine und Fyanas Sicherheit. Ansa hätte sich besser gefühlt, wenn er seine Waffen bei sich gehabt hätte.
Bei dem Gedanken warf er einen Blick auf den kleinen Haufen seiner Habseligkeiten, die neben dem Bett lagen. Aus einer Tasche ragte ein mit Leder umwickelter Griff. Er langte danach und hielt die Steinaxt in Händen, die er vor zwei Tagen gekauft hatte. Ansa ließ sie durch die Luft sausen und fühlte sich gleich sicherer, als er das leise Zischen vernahm.
Später entdeckte er einen an sein Schlafzimmer grenzenden Baderaum und beschloss, ein Bad zu nehmen. Er schickte die übereifrigen Diener fort, da er sich durchaus in der Lage fühlte, allein zu baden. Es kam ihm noch immer eigenartig vor, dass manche Leute selbst bei den einfachsten und alltäglichsten Dingen Bedienstete brauchten. Wahrscheinlich verlieh ihnen das ein Gefühl von größerer Wichtigkeit. Nach allem, was er gesehen hatte, bedurften sie dieser Äußerlichkeiten.
Nachdem er sich eingeseift und abgeschrubbt hatte, lehnte er sich entspannt in der Wanne zurück und überdachte die augenblickliche Lage. Wie eigenartig, sich gleichzeitig in unglaublichem Luxus zu sonnen und in großer Gefahr zu befinden. Hier gab es niemanden, dem sie vertrauen konnten, obwohl die Königin sehr aufrichtig wirkte.
Ansa trocknete sich ab und zog saubere Kleidung an. Dann wartete er, bis Fyana ihn rufen ließ. Sie lag auf ihrem Bett, gestützt von unzähligen Kissen, die zwei Dienerinnen kunstvoll aufhäuften.
»Lasst uns bitte eine Weile allein«, bat Fyana, und die beiden zogen sich unter Verneigungen zurück. Sie wandte sich wieder an Ansa. »Erzähle mir, was du unternommen hast, während ich beim König war.«
Er setzte sich auf die Kante des riesigen Bettes und berichtete ihr von der Unterhaltung mit der Königin, der Besichtigung des Stadions und von Lady Amahests Verführungsversuchen. Erfreut bemerkte er, wie sich Fyanas Augen verengten und ihre Nasenflügel bebten.
»Diese Schlampe! Noch dazu eine verheiratete Frau!« Sie schäumte vor Wut. »Wahrscheinlich hältst du dich jetzt für unwiderstehlich!«
Er lachte – zum ersten Mal an diesem Tag.
»Das würde ich gerne. Sie ist eine wunderschöne Frau.« Er genoss ihre zornige Miene. »Aber nicht einmal ich bin so eingebildet. Die Menschen hier machen kaum etwas, von dem sie sich nicht irgendeinen Vorteil versprechen. Vielleicht hat man sie auch dazu angespornt in der Erwartung, mehr über uns und unsere Pläne herauszufinden oder Einfluss auf mich zu gewinnen.«
»Genau. Vergiss das bloß nicht!«
»Ganz im Ernst, ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Aus welchem Grund auch immer sie sich an mich herangemacht
Weitere Kostenlose Bücher