Brüder Des Zorns
warf die Königin ein.
Der Finanzminister, ein fetter, mit Juwelen behängter Mann, stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Verzeihung, Majestät, aber schöne Frauen leben auch in meinem Haus.«
»Es gibt keinen Grund zur Besorgnis«, erklärte der Außenminister. »Meine Untergebenen besuchten Chiwa, nachdem die Insulaner es eroberten. Sie haben Königin Larissa mehrmals gesehen.«
Der Erste Ratgeber erhob sich, und die Königin nickte ihm zu.
»Ich weiß nichts über die Absichten dieser … dieser Abenteurer. Wir müssen sie als Feinde betrachten, bis ihre Taten uns vom Gegenteil überzeugen. Was mich viel mehr belastet, ist der Zustand unseres Herrschers. Es schickt sich nicht, für einen Krieg zu rüsten, solange er bewusstlos liegt und nichts dazu sagen kann. Deshalb bin ich dafür, die Einladung auf die Insel der Tränen anzunehmen. Die Verhandlungen geben uns Gelegenheit, Zeit zu schinden. Während unser verehrter Kriegsminister den gewohnten Eifer an den Tag legt, sich in den Kampf zu stürzen, schätze ich, dass die Vorbereitungen dafür noch lange währen und wir vorläufig keine Angriffe auf ausländische Gegner durchführen können.« Er setzte sich wieder.
»Lord Ulfas«, fragte die Königin, »wie weit sind deine Vorbereitungen gediehen?«
Der Angesprochene rutschte unbehaglich hin und her. »Als wir die ersten Gerüchte von einer Invasion vernahmen, befahl Seine Majestät den Offizieren im ganzen Land, ihre Soldaten zusammenzurufen, als Vorsichtsmaßnahme, sozusagen. Wenige Tage später erkrankte der Herrscher, und seitdem ist nichts weiter unternommen worden. Die Soldaten versammeln sich, aber wir haben seit Jahren keinen Krieg geführt und wenige Übungen abgehalten. Inzwischen sollte der größte Teil der Bewaffneten in den Festungen eingetroffen sein. Wenn du mir den Befehl gibst, Königin, schicke ich Boten aus, damit sich alle an einem Ort sammeln.«
Der Erste Ratgeber räusperte sich vernehmlich. »Bisher wurde dies nie ohne Befehl des Königs getan.«
»Bisher gab es auch noch keinen Fall, in dem der Herrscher von Gran nicht in der Lage war, Befehle zu erteilen«, wies ihn die Königin zurecht. »Vor seiner Krankheit befahl mein Gemahl, die Soldaten zusammenzurufen. Ich bin sicher, er hätte damit fortgefahren, wenn er das Land in Gefahr wähnte. Als Regentin an seiner Statt ordne ich die Mobilmachung der Truppen an. Sie sollen sich auf dem Schlachtfeld in Sichtweite der Hauptstadt versammeln, Lord Ulfas.«
»Es wird geschehen, Hoheit«, sagte Ulfas beflissen.
»Einen Augenblick bitte«, warf der Außenminister ein. »Mein Respekt und meine Treue meiner Königin gegenüber sind unverbrüchlich, aber noch wurde nichts unternommen, dich offiziell zur Regentin zu ernennen. Ich möchte nur daran erinnern, dass die hier versammelten Ratsmitglieder nicht die Befugnis haben, das zu beschließen. Nur das gesamte Parlament aller Edlen des Reiches kann das entscheiden.«
»Lord Floris«, sagte die Königin, »so weit ich mich erinnere, bist du für die Außenpolitik des Landes zuständig und nicht für innenpolitische Dinge. Als Ratsmitglied steht es dir frei, eine Meinung zu äußern, aber vergiss bitte nicht, wo deine Grenzen liegen.« Sie hob die Stimme, um alle Anwesenden anzusprechen. »Wollen wir uns hier streiten, während ein feindliches Heer an unseren Grenzen lauert? Ich erwarte die baldige Genesung des Königs. Es wäre gut, wenn er sein Reich noch vorfindet, sobald er in der Lage ist, den Thron erneut zu besteigen. Befindet sich jemand im Raum, der ein betrübliches Ende der Krankheit wünscht?« Entsetztes Schweigen herrschte, bis der Erste Ratgeber das Wort ergriff.
»Majestät, es gibt keinen Grund, die Treue der Ratgeber anzuzweifeln. Selbstverständlich wünschen alle Anwesenden, dass der König schnellstmöglich genesen möge.«
Mit kaum merklicher Geste meldete sich Lord Osha zu Wort.
»Wir hören den Hofmarschall an.«
»Majestät, meine Herren! Dieses Gezänk ist völlig unangebracht, da wir uns möglicherweise einer tödlichen Bedrohung des Reiches gegenübersehen. Da die genaue Stellung Ihrer Majestät scheinbar nicht ganz geklärt ist, möchte ich wissen, ob alle Lords im Raume die Entscheidung des Parlamentes akzeptieren würden?« Zustimmendes Gemurmel antwortete ihm.
»Darf ich darauf hinweisen«, fuhr er fort, »dass, wenn der Kriegsrat versammelt ist und jeder Lord seine Truppen anführt, genau dieses Parlament besteht?« Widerwillig murmelte man
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