Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder im Kosmos

Brüder im Kosmos

Titel: Brüder im Kosmos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
Vom Netzwerk:
hatte, kehrte er in die Mitte zurück und bestieg das kleine Podest, um eine Ansprache zu halten. Er sah, daß er ihre ungeteilte Aufmerksamkeit hatte, aber er blieb noch eine halbe Minute still stehen, befingerte das Mikrophon und beobachte sie, bevor er langsam zu sprechen begann.
    »Ihr Männer seid neugierig und verwundert«, fing er an, »und mit Recht. Nun, ich habe jetzt nicht die Absicht, eure Neugierde zu befriedigen. Das überlasse ich euren Offizieren für den heutigen Abend. Einstweilen mag der Hinweis genügen, daß es bestimmte Dinge gab, von denen die Wache nichts zu wissen brauchte. Aber soweit es euch angeht, gibt es jetzt keine Gründe mehr, eine Politik der Geheimhaltung zu betreiben. Ich werde jetzt über unseren Feind sprechen, seine körperlichen Merkmale, seine Bewaffnung und die wirksamsten Methoden seiner Bekämpfung Dabei werde ich auch die taktischen und strategischen Prinzipien berühren, die uns den Sieg bringen werden.«
    Nicht wenige Münder klappten auf bei dieser kühlen Prophezeiung, daß das Expeditionskorps etwas erreichen würde, das seit Jahrhunderten nicht gelungen war. Dermod ignorierte sie und fuhr fort:
    »In einem normalen Zweikampf wäre ein Kelgianer kein Gegner für einen von uns«, sagte er. »Die Kelgianer sind nichts als große, formlose Säcke aus Haut und Fell, gefüllt mit Blut und halbflüssigem Schleim, ohne eine nennenswerte Knochenstruktur. Eine tiefe Wunde an irgendeiner Stelle ihres Körpers führt ziemlich rasch zum Tod durch Verbluten, sofern sie nicht sehr schnell mit besonderen medizinischen Mitteln behandelt wird. Wir dagegen sind zäh, widerstandsfähig und bedeutend beweglicher, was der Grund ist, daß die Wache in einem Versuch, die Chancen auszugleichen, den Kelgianern Explosivmunition und uns normale Stahlmantelgeschosse gegeben hat. Aber trotz dieses Vorteils an Feuerkraft bin ich überzeugt, daß es für die Kelgianer keine, für uns aber sehr reale Chancen gibt, diesen Krieg zu gewinnen …«
     
    Das gefiel ihnen kein bißchen. Er zwang sie, an ein möglicherweise blutiges Ende für sie selbst zu denken. Eilig ging Dermod zum nächsten Punkt über. Heutzutage hatte es keinen Sinn mehr, an Ideale zu appellieren oder seinen Männern den Gedanken an einen ruhmvollen Tod schmackhaft zu machen. Statt dessen versprach er gut auf sie achtzugeben; er garantierte nicht Ruhm, sondern Sicherheit.
    »Täuscht euch nicht, Männer«, fuhr er fort, »meine Strategie wird Leben kosten, feindliche Leben. Was eure und meine Sicherheit betrifft – ich werde diesen Krieg als Frontkommandeur führen, und nicht von der Basis hier –, so gibt es eine Redensart, die die Situation klar umreißt: Wir können nicht ewig leben, aber wir werden es versuchen!
    Ja, ihr werdet sicher sein, Männer«, fuhr er grimmig fort. »Aber Sicherheit liegt nicht darin, entscheidenden Kontakt mit dem Feind zu vermeiden, wegzulaufen oder zu desertieren. Sie liegt darin, daß man seinen Feind tötet, bevor er einen selbst töten kann; entschlossen, schnell und mit einem Minimum an Getue. Wir müssen ihn überfallen, wenn er es am wenigsten erwartet – zur Essenszeit, während er schläft, und besonders dann, wenn er überzeugt ist, daß wir nirgendwo im Umkreis von hundert Kilometern sind. Wir müssen aus dem Boden wachsen und zuschlagen, bevor er überhaupt merkt, daß er bedroht wird. Da! Seht!«
    Auf ein Signal von Dermod kamen die fehlenden Offiziere im Gänsemarsch auf den Exerzierplatz, und sofort stieg ein brüllendes Gelächter aus den Reihen der angetretenen Mannschaften auf. Aber ihre sonst so makellos gekleideten Offiziere latschten unbeeindruckt weiter, ohne Gleichschritt, leicht gebückt und umherspähend. Ihre Gesichter waren geschwärzt, ihre Uniformen mit formlosen grünen, braunen und stumpfgelben Flecken bemalt, und ihre Helme waren mit schmutzigen Tarnnetzen überzogen, in denen Gräser und Zweige steckten. Das einzige an ihnen, das sauber und gepflegt aussah, waren die Gewehre in ihren Händen.
    Dermod beobachtete sie und war zufrieden mit sich. Seine Ansprache war so kurz und sachlich gewesen, daß die meisten Männer ein wenig benommen waren. Aber nun war der Moment für eine kleine Komödie gekommen, der psychologisch richtige Zeitpunkt, die Spannung abzubauen und ihnen gleichzeitig eine sehr wichtige Lektion beizubringen …
    Die lockere Reihe der Offiziere wanderte über den Platz und ging ein paar Meter in den angrenzenden Busch, und plötzlich waren sie nicht

Weitere Kostenlose Bücher