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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Haar, küsste sie neuerlich. Sie berührte ihn nicht, auf den Gedanken kam sie gar nicht. Er spreizte ihre Beine ein Stück. »Ich will nicht, dass du dich fürchtest«, sagte er.
    »Es ist in Ordnung«, sagte sie.
    Aber es war nicht in Ordnung. Er schaffte es nicht, in ihren starren, trockenen Körper einzudringen; dazu hätte er mit einer Brutalität vorgehen müssen, zu der er nicht fähig war. Nach einer Minute oder zwei stützte er sich auf einen Ellbogen und sah auf sie hinab. »Es hat gar keine Eile«, sagte er. Er schob ihr die Hand unters Gesäß. Eléonore, hätte er gern gesagt, mir fehlt es an Übung, und du scheinst mir auch nicht gerade ein Naturtalent. Sie wölbte ihm ihr Becken entgegen. Jemand hat ihr beigebracht, dass man hart arbeiten muss für das, was man im Leben erreichen will – dass man die Zähne zusammenbeißen muss und nie aufgeben darf … arme Eléonore, arme Frauen. Ganz unverhofft, in einem leicht schiefen Winkel, gelang es ihm doch. Sie gab keinen Laut von sich. Er zog ihren Kopf an seine Schulter, um ihr Gesicht nicht sehen, nicht mitbekommen zu müssen, ob es ihr weh tat. Vorsichtig manövrierte er sich in eine etwas bequemere Stellung. Es ist zu lange her, dachte er wieder, entweder man macht es ständig, oder man lässt es ganz. Entsprechend rasch war es denn auch vorüber. Er erstickte einen schwachen Erleichterungsseufzer an ihrem Hals. Dann gab er sie frei, und ihr Kopf fiel zurück auf das Kissen.
    »Habe ich dir wehgetan?«
    »Schon in Ordnung.«
    Er wälzte sich auf die Seite und schloss die Augen. Jetzt dachte sie sicher: Und darum machen sie alle so viel Wind? Aber das musste sie ja denken. Seine eigene Enttäuschung war es, über die er nicht hinwegkam, ein bitteres, beschmutztes Gefühl in der Kehle. Darin steckt eine Lektion, dachte er: Wenn Freuden, auf die man lange verzichtet hat, sich als schal erweisen, schmerzt es doppelt, denn man verliert nicht nur eine Illusion, man fühlt sich auch als Versager. Mit dem Mädchen in Versailles war es natürlich viel besser gewesen, aber dahin führte nun kein Weg zurück, der innere Abscheu vor der Gelegenheitsbegegnung ließ sich nicht überwinden. Sollte er zu Eléonore sagen: Tut mir leid, dass es so schnell ging, mir ist klar, dass du nicht viel Spaß daran hattest? Aber wozu, sie hatte ja keine Vergleichsmöglichkeit und würde nur wieder versichern, dass es schon in Ordnung sei.
    »Ich stehe jetzt auf«, sagte sie.
    Er legte den Arm um sie. »Bleib noch.« Er küsste ihre Brüste.
    »In Ordnung. Wenn du willst.«
    Er tastete verstohlen herum. Kein Blut, zumindest spürte er keins. Er dachte, wahrscheinlich ist ihr klar, dass mehr daran sein muss als das, dass es mit zunehmender Übung besser wird – schließlich wird sie ja auch wissen, welchen Raum es im Leben mancher Menschen einnimmt.
    Wenigstens schien sie jetzt etwas weniger verkrampft. Sie lächelte. Es war ein selbstzufriedenes Lächeln. Was mochte ihr durch den Kopf gehen? »Dieses Bett ist nicht besonders groß«, sagte sie.
    »Nein, aber …« Wenn es dazu kam, würde er deutlich werden müssen. Er würde sagen müssen, Eléonore, Cornélia, sosehr ich es zu schätzen weiß, dass du mir so großzügig deinen Körper anbietest: ich habe nicht vor, meine Nächte mit dir zu verbringen, selbst wenn uns deine ganze Familie beim Ummöblieren hilft. Er schloss die Augen wieder. Er überlegte, welche Ausflüchte er Maurice gegenüber gebrauchen konnte, wenn er auszog – wie er mit Madames Fragen und zweifellos auch Tränen umgehen würde. Dann stellte er sich die Bezichtigungen vor, die auf die verwirrte, schuldlose Eléonore niederprasseln würden, die ganze Gehässigkeit der Frauen. Und außerdem wollte er ja gar nicht wegziehen, wollte nicht in eine kalte, einsame Bleibe in einem anderen Distrikt übersiedeln müssen, um dann bei den Jakobinern Maurice Duplay zu begegnen und sich die Erkundigungen nach seiner Familie zu verkneifen. Es würde wieder passieren, so viel stand fest. Wenn Eléonore beschloss, dass es wieder einmal Zeit war, würde sie einfach die Treppe heraufkommen und auf ihn warten, und er würde genauso wenig imstande sein, sie fortzuschicken, wie heute. Bei wem sie sich wohl Rat holen würde, fragte er sich – schließlich musste ja jemand ihr sagen, wie oft sie damit zu rechnen hatte. Die fürchterlichsten Eventualitäten stürmten auf ihn ein, während er den Kreis ihrer möglichen Vertrauten abzustecken versuchte. Ein Glück nur, dass sie Mme

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