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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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er. »Gabrielle Danton hat auf mich so vernünftig gewirkt. Wie konnte sie Ihnen ein solches Versprechen abnehmen?«
    »Ich weiß auch nicht, wie es zugegangen ist«, sagte Louise, »aber so ist es jetzt.«
    Dupin nickte. »Gut«, sagte er, »ich kann nicht behaupten, dass ich Sie verstehe oder dass mir das gefällt, aber wenn Sie sagen, ich soll warten, warte ich. Versprochen ist versprochen, egal wie unselig. Aber, meine Liebe, tun Sie mir einen Gefallen – halten Sie sich, so gut es geht, von Georges Danton fern.«
    Sie wappnete sich für das Donnerwetter. Kaum war Claude Dupin gegangen, brach ihre Mutter in Tränen aus; ihr Vater saß mit Grabesmiene da, als täten ihm alle Beteiligten gleich leid. Ihre Mutter nannte sie eine dumme Gans, sie packte sie bei den Schultern und schüttelte sie: Erzähl mir nicht, dass du es versprochen hast, das ist nicht der Grund, gib’s zu, spuck’s aus, du musst in irgendwen dort verliebt sein. Wer ist es, sag schon – es ist dieser Journalist, stimmt’s? Du kannst seinen Namen ruhig aussprechen, sagte Louise, er ist schließlich nicht der Teufel. Vor ihrem inneren Auge stand jäh und schneidend schmerzhaft das Bild der lachenden Gabrielle – Gabrielle, wie sie auf dem Sofa saß und über Claude Dupin kicherte, warm und lebendig, ihre geschwollene Hand auf Camilles Schulter. Brennend heiße Tränen schossen ihr aus den Augen. Du kleines Flittchen, sagte ihre Mutter. Eine Ohrfeige klatschte.
    Das war das zweite Mal in nur einem Monat. Hier oben, dachte sie, wird es immer mehr so wie da unten.
    »Sie müssen wieder nach Belgien?«, fragte sie Danton.
    »Zum letzten Mal, hoffe ich. Ich bin im Konvent gerade nur schwer abkömmlich.«
    »Und die Kinder, kommen sie wieder nach Hause?«
    »Ja. Die Dienstboten sollen sich um sie kümmern.«
    »Ich kann sie doch nicht den Dienstboten überlassen!«
    »Du hast schon viel zu viel getan. Du solltest nicht Kindermädchen spielen. Du solltest dich vergnügen.«
    Er fragte sich vage, womit sich eine achtbare Fünfzehnjährige wohl vergnügen konnte.
    »Sie sind an mich gewöhnt«, sagte sie. »Ich kümmere mich gern um sie. Können Sie mir erklären, was Sie tun, während Sie fort sind?«
    »Ich treffe mich mit General Dumouriez.«
    »Warum müssen Sie sich so oft mit ihm treffen?«
    »Das ist ein bisschen kompliziert. Einige seiner jüngsten Machenschaften sind nicht ganz im Geist der Revolution. Zum Beispiel hatten wir überall in Belgien Jakobinerclubs gegründet, und jetzt schließt er sie alle. Der Konvent möchte wissen, wieso. Möglicherweise müssen wir ihn festnehmen lassen, wenn sich herausstellt, dass er kein Patriot ist.«
    »Kein Patriot? Was ist er dann? Ein Anhänger der Österreicher? Oder des Königs?«
    »Es gibt keinen König.«
    »Natürlich gibt es ihn. Er ist im Gefängnis eingesperrt. Der Dauphin ist jetzt der König.«
    »Nein, er ist gar nichts – nur ein ganz normaler kleiner Junge.«
    »Wenn das stimmt, warum muss er dann eingesperrt sein?«
    »Was für ein widerspruchsfreudiges Mädchen du bist! Verfolgst du die Ereignisse? Liest du die Zeitung?«
    »Ja.«
    »Dann weißt du auch, dass die Franzosen beschlossen haben, dass sie keinen König mehr wollen.«
    »Nein, Paris hat das beschlossen. Das ist etwas anderes. Deshalb haben wir ja Bürgerkrieg.«
    »Aber, Kind – Abgeordnete aus ganz Frankreich haben für das Ende der Monarchie gestimmt.«
    »Aber einen Volksentscheid haben sie nicht zugelassen. Davor hatten sie Angst.«
    Danton wirkte ungehalten. »Denken deine Eltern so?«
    »Meine Mutter. Ich auch. Mein Vater denkt gar nichts. Er täte es gern, aber er kann das Risiko nicht eingehen.«
    »Du solltest dich in Acht nehmen, denn deine Eltern sind offenbar Royalisten, und das ist heutzutage eine gefährliche Sache. Du musst gut aufpassen, was du sagst.«
    »Dürfen die Menschen denn nicht reden, wie sie wollen? Ich dachte, so steht es in der Erklärung der Menschenrechte. Meinungsfreiheit.«
    »Jeder hat das Recht, seine Meinung zu äußern – aber wir befinden uns im Krieg, deshalb sollte die Meinung nicht subversiv oder staatsgefährdend sein. Weißt du, was damit gemeint ist?«
    Sie nickte.
    »Du darfst nicht vergessen, wer ich bin.«
    »Das wissen Sie schon zu verhindern, Bürger Danton.«
    »Komm her«, sagte er. »Ich versuche, es dir zu erklären.«
    »Nein.«
    »Und warum nicht?«
    »Meine Eltern haben mir verboten, mit Ihnen allein zu sein.«
    »Aber das bist du doch schon. Wovor haben sie Angst,

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