Brüllbeton - Kriminalroman
Gästen fehlte. Ständig fragte er den Kriminalbeamten nach Dingen, die ihn eigentlich nichts angingen. Kroll versuchte, ihn soweit wie möglich zu ignorieren, ohne unhöflich zu wirken.
Für den nächsten Tag verabredete er sich mit Arnsberg in einem StraÃencafé auf dem Landauer Rathausplatz. Auch Mirja sollte mit von der Partie sein. Kroll kam als Erster, setzte sich an einen freien Tisch und hatte Zeit, sich ein wenig umzuschauen. Von der Mitte des mit Pflastersteinen ausgelegten Platzes grüÃte die Reiterstatue von Prinzregent Luitpold von Bayern herüber, um klarzustellen, dass sich die Pfalz bis zur Gründung der Bundesrepublik fest in bayerischer Hand befunden hatte.
Kroll hatte sich daran gewöhnen müssen, dass die Pfälzer in keiner Weise seinen Vorurteilen über die Bajuwaren entsprachen. Sein Freund Arnsberg pflegte zu sagen: Bayern und Pfälzer vertragen sich so wenig wie Bier und Wein. Die einen breit, behäbig und bierdurstig, die anderen witzig, wendig und weinselig. Die einen dem Katholizismus ergeben, die anderen durch die Französische Revolution geprägt. Natürlich wusste Kroll, dass dies nur eine weitere Spielart von Vorurteilen war, aber sie gefiel ihm, zumal Arnsberg ein Vertreter seiner Heimat war, auf den die Merkmale eines Pfälzers 100prozentig zutrafen.
Im Hintergrund leuchtete die weiÃe Fassade des alten Städtischen Kaufhauses, eine Kulisse, die Kroll an den Lübecker Marktplatz erinnerte. Im Unterschied zur norddeutschen Stadt ging es hier geruhsamer zu. Die Pfälzer standen gern in Gruppen zusammen, lieÃen alles viel ruhiger angehen. Mit Kamera oder Tabletcomputer bewaffnete Touristen sah man nur selten. Auch an den Tischen der StraÃencafés liebte man die direkte Kommunikation, wenn auch in einer Mundart, die zu verstehen Kroll gelegentlich ziemlich schwer fiel. In einer Ecke saÃen ein paar Jugendliche und stocherten wortlos auf ihren Smartphones herum. Sie schienen von dem Leben rings um sie herum nichts mitzubekommen.
Arnsberg kam, hier und da ein paar Bekannte grüÃend, quer über den Platz. ÃuÃerlich bildete er einen krassen Kontrast zu seinem Lübecker Kollegen. Obwohl fast gleichaltrig, wirkte er wie ein älterer Büroangestellter im gehobenen Dienst, war mit Anzug und Krawatte bekleidet, trug das lichte, graumelierte Haar kurz geschnitten und hatte einen schwarzen Regenschirm mit einem überdimensionalen Holzgriff unter den Arm geklemmt. Hinter der harmlos biederen Miene hätte niemand einen Menschen vermutet, der beruflich mit der Aufklärung von Gewaltverbrechen zu tun hatte und dennoch ein Genussmensch durch und durch war.
Die beiden begrüÃten sich herzlich, und man bestellte zur Wiedersehensfeier einen guten Pfälzer Wein. »Hier, diesen Grauburgunder vom Birkweiler Kastanienbusch musst du unbedingt probieren. Kommt an ein GroÃes Gewächs heran!«
Kroll wusste, dass er sich auf den Weingeschmack seines Freundes verlassen konnte, und nach dem zweiten Glas setzte bei ihm das typische Pfalzgefühl ein, die entspannte Lebensart, die er im Norden so vermisste. Der Wein machte redselig. Die beiden tauschten Jugenderinnerungen aus, träumten von einem gemeinsamen Urlaub in der Toskana und vergaÃen restlos ihren beruflichen Alltag, obwohl Kroll seinen Kollegen bereits im Vorfeld über den aktuellen Fall weitgehend informiert hatte.
Das änderte sich abrupt, als Mirja erschien. Kroll erkannte sie schon von Weitem an ihrem Rotschopf. Sie schien sich mit ihren Stöckelschuhen auf dem unebenen Pflaster nicht wohlzufühlen. Mit ihrer eleganten, der italienischen AltaRoma entlehnten Mode wirkte sie in der beschaulichen Kleinstadtidylle wie ein Wesen von einem anderen Stern.
Kroll gefiel vor allem ihr gelb-rot gestreifter Schal, der ein wenig Ãhnlichkeit mit der spanischen Nationalflagge aufwies. Er bildete einen gelungenen Ãbergang von ihrer Haarfarbe zu ihrem zeitlosen cremefarbenen Pradakleid, das ihr etwas kantiges Schlüsselbein sichtbar machte und ihr bis fast an die Knie reichte.
Kroll erhob sich und winkte sie an den Tisch. »Einen schicken Schal haben Sie«, begann Kroll das Gespräch mit einer harmlosen Schmeichelei.
»Oh danke. Gefällt er Ihnen? Den habe ich mir gerade eben da drüben in einer kleinen Boutique erstanden. Hat mir die nette Verkäuferin empfohlen. Wirklich reizende Menschen, diese Pfälzerinnen.«
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