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Brüllbeton - Kriminalroman

Brüllbeton - Kriminalroman

Titel: Brüllbeton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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physischen Grenzen zu überwinden, das Menschenunmögliche zu wagen, Anerkennung zu finden. Das ist dein zweiter Schatten, der bei jedem Rennen mitfährt. Ich will es nicht verheimlichen, dass auch ich diese Merckx’, Armstrongs und Landis’ bewundere. Wegen ihrer ungeheueren sportlichen Leistungsfähigkeit. Damit will ich ihre Dopingsünden keineswegs verharmlosen. Das Tragische ist, dass der Medienrummel, der im Profisport damit einhergeht, die Köpfe vergiftet. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Dopingsubstanzen stärken nicht, sondern vergiften auf lange Sicht. Es fängt damit an, dass sich das Äußere verändert, dass die Augenwülste, die Ohren, die Nase und das Kinn gorillaähnlich aufquellen. Ich kenne Sportler, die sich fast jedes Jahr zwei Nummern größere Schuhe sponsern lassen müssen, weil die Dopinggifte die Füße anschwellen lassen. Ganz zu schweigen von den organischen Veränderungen. Die erhöhte Blutviskosität führt zu höherem Thromboserisiko. Die Dopingstoffe vermehren die Bindegewebeeinlagerungen im Herzen, was Belastungen wie Bluthochdruck und Zuckerkrankheit nach sich zieht, bis hin zu bösartigen Tumoren und extrem geringer Lebenserwartung.«
    Â»Nun mal nicht gleich den Teufel an die Wand«, versuchte Julia einzulenken, weil sie spürte, dass sie fachlich in dem Gespräch nicht mehr richtig mithalten konnte. Aber der Trainer ließ nicht nach: »Den Teufel brauche ich erst gar nicht zu malen, er ist konkret da. Und zwar nicht nur im Körper, sondern auch im Geist. Ja, mehr noch: im Bewusstsein der Gesellschaft, die schon immer nach Brot und Spielen gerufen hat. Nicht der Mensch und der Sport sind es, die zählen, sondern die Show, der Kick, das Highlight, der Rekord.«
    Der Trainer lehnte sich in seinem Stuhl zurück und atmete tief durch. »Dabei hätten die Spitzensportler all das gar nicht nötig.«
    Hopfinger gingen schon geraume Zeit andere Gedanken durch den Kopf. Schon vorhin, als Julia das Dopen als Privatangelegenheit hinstellte, wollte er einhaken und auf das Problem des kriminellen Handels mit Dopingmitteln hinweisen. Er wusste, dass die internationale Mafia heutzutage mit dem Dopingschmuggel wesentlich mehr Profit machte als mit dem Drogenhandel. Und er hatte erst kürzlich erfahren müssen, dass Gewaltverbrechen und Mord damit einhergingen. Doch er wollte sich hier in diesem Kreise nicht als Kriminalbeamter outen.
    Inhaltlich hatten ihn die Argumente des Trainers mehr als die von Julia überzeugt. Dennoch, angesichts der eigenen Anstrengungen, die ihm die Überwindung des Puig de Son Martí gekostet hatten, wagte er, ein neues Argument einzubringen: »Das ist ja alles ganz plausibel. Presserummel, Preisgelder, Ehrenmedaillen. Aber: Ist denn die Tour de France heutzutage überhaupt noch ohne illegale Hilfsmittel zu schaffen? Oder wie der Radprofi Freddy Maertens einmal sagte: ›Mit nur einem Steak täglich kann man die Tour nicht bis zum Ende durchhalten. Wer behauptet, mit natürlichen Mitteln sei dies möglich, ist ein Lügner‹. Anders gefragt: Sollte man die Tour de France nicht einfach ganz und für alle Zeiten abschaffen?«
    Â»Absolut nicht«, entgegnete der Trainer. »Die Fahrer bestimmen das Rennen, nicht die Strecke. Früher waren die Etappen sogar länger. 1926 saß der Toursieger 239 Stunden im Sattel, 2005 brauchte Lance Armstrong nur 85 Stunden zu radeln. Die Durchschnittsgeschwindigkeiten waren geringer. Man nahm sich einfach mehr Zeit, und das war auch möglich, weil es nicht allein darum ging, Rekorde zu brechen. Heute, besonders angestachelt durch die Massenmedien, sind die Zuschauer geil darauf, zu sehen, wie der eine das Menschenunmögliche leistet und der andere scheitert. Wie schon gesagt: Brot und Spiele, Sieg oder Untergang. Wie bei den Gladiatorenkämpfen im alten Rom. Die Sensationsmache ist es, was letztendlich den Sportler kaputtmacht, nicht die Drogen.«
    Â»Und die Pharmaindustrie, die sich an dem Dopingmarkt eine goldene Nase verdient«, warf Julia ein.
    Â»Auch das, liebe Julia, ist kein wirklich gutes Argument«, konterte der Trainer. »Beim Doping geht es hochgerechnet lediglich um Millionen. Das sind Peanuts für eine Branche, die gewohnt ist, in Milliardendimensionen zu denken. Wenn jemand verdient, dann ist es der illegale Sumpf des Schwarzhandels, dann sind es die kriminellen Banden, die

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