Brüllbeton - Kriminalroman
Kroll. Doch dann beruhigte er sich wieder. Es lag ja nahe, dass auch der Portier eines Hotels aus der Umgebung mal in die Stadt zum Einkaufen ging.
Arnsberg hatte Krolls momentane Verwirrung nicht bemerkt. Er stellte sein leeres Weinglas weit von sich und lehnte sich auf seinem Stuhl mit verschränkten Armen zurück. »Nun ja, da gibt es nicht viel zu erzählen. Landau ist für uns in Bezug auf Drogen- oder Dopingschmuggel bislang ein unbeschriebenes Blatt gewesen. Das gehörte nicht zu unserem Einsatzgebiet, alles ist an uns auf den Autobahnen von Hamburg nach StraÃburg vorbeigerauscht. Wir haben zwar gehört, dass es in der Hamburger Szene in jüngster Zeit heftige Reibereien gegeben hat, aber nennenswerte kriminelle Aktivitäten sind uns vor Ort, abgesehen von dem üblichen kleinformatigen Cannabis- und Ecstasydeal, bisher nicht aufgefallen.«
Sicherlich war es ein Zufall, dass gerade in diesem Augenblick eine Gruppe Radsportler den Rathausplatz überquerte, ohne sich groÃartig für die architektonischen Sehenswürdigkeiten zu interessieren. Arnsberg schaute ihnen versonnen nach.
»Und was das Doping angeht, so haben wir noch weniger Anhaltspunkte. Allerdings ist mir aufgefallen, dass die Radsportler, die für die Tour de France trainieren, immer öfter einen Umweg über die Grüne Grenze zwischen dem Elsass und dem Pfälzerwald machen. Sie kommen bevorzugt über Wissembourg, Reisdorf und Annweiler. Mag sein, dass es da das eine oder andere krumme Geschäft gibt, aber ein bandenmäÃiges Vorgehen kann ich mir nicht vorstellen. Das wäre, wie gesagt, eher Sache der StraÃburger Kollegen. Und was deine Lagerhalle angeht: Da gibt es auch nicht den Hauch eines Verdachts.«
Kroll musste innerlich zugeben, dass sich auch für ihn die beschauliche Pfalz nicht mit den internationalen DopingÂskandalen einer Tour de France vertrug. Kleinlaut gab er zu: »Ich habe ja leider auch keine starken Beweise in der Hand. Das Einzige, wovon ich ausgehen kann, sind Mirjas Aussagen und die merkwürdigen Transportlisten aus ihrer Firma.«
Er leerte sein Weinglas und stellte es ebenfalls weit von sich ab. Der letzte Tropfen schmeckte ihm nicht mehr, zu sehr fühlte er sich wieder im Dienst. »Ich denke, lieber Bernhard, es ist besser, ich binde euch vorläufig in meine Recherchen nicht ein, sondern ermittle erst einmal auf eigene Faust.«
Arnsberg wollte widersprechen, aber Kroll legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Unterarm. »So gefährlich wird es schon nicht werden, schlieÃlich sind wir hier nicht im Hamburger Rotlichtmilieu. Ich denke, es wird erst einmal reichen, dass ich die Lagerhalle ein wenig von auÃen beobachte. Mirja kann mir dabei helfen, sie kennt den Betrieb besser als ich.«
»Aber vorsichtig«, mahnte sein Freund. »Wir dürfen Frau Brandinger auf keinen Fall gefährden.«
Mirja hielt den Einwand für überflüssig. »Keine Angst, ich kann schon ganz gut selber auf mich aufpassen, Herr Arnsberg.« Mit einem koketten Seitenblick auf Kroll ergänzte sie: »Wir beide können uns ja als Liebespaar tarnen. Das ist immer noch besser als ein gaffender Polizist, der mit einem Fernrohr hinter einem Baum steht.«
Es war das erste Mal, dass Mirja an diesem Tag lächelte. Dann griff sie nach ihrem Schal und stand auf. »Ich möchte mich jetzt verabschieden und ein wenig durch die Stadt bummeln. Am besten, Herr Kroll, wir treffen uns am Freitagnachmittag bei der Lagerhalle. Freitags sind die Arbeiter am unkonzentriertesten, weil sie nur noch ihr Wochenende im Kopf haben.«
»Gut«, willigte Kroll ein. »Die genaue Uhrzeit können wir noch vereinbaren. Ihre Handynummer habe ich ja. Und dann bitte als Liebespaar verkleidet!«
Als Mirja auÃer Sichtweite war, meinte Arnsberg schmunzelnd: »Eine charmante Frau. Bei der hast du einen Stein im Brett. Ich gönne es dir altem Junggesellen. Aber wehe, du vernachlässigst deinen Freund Bernhard. Treffen wir uns morgen Abend auf einen Umtrunk? Ich kenne hier um die Ecke ein Lokal, wo man sich den Tresterschnaps nicht entgehen lassen sollte.«
*
Die Lagerhalle befand sich am Rand der Stadt in einer Gegend, die vom Touristenstrom nicht berührt wurde. Es war zwar kein Industriegebiet, jedoch gab es hier weder Sehenswürdigkeiten noch Lokale, um sich einen süffigen Pfalzwein zu genehmigen. Ein paar Kleingärten und ein
Weitere Kostenlose Bücher