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Brunetti 02 - Endstation Venedig

Brunetti 02 - Endstation Venedig

Titel: Brunetti 02 - Endstation Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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direktes Ziel, aber auch wenn er nicht im eigentlichen Sinne Autofahrer war, wußte er doch genug, um sich mit derartigen Vorschlägen zurückzuhalten. Nach ungefähr zwanzig Minuten scherte der Lastwagen dann in eine langgezogene Parkbucht aus, die offensichtlich zu diesem Zweck angelegt war, und die nachfolgenden Autos schossen vorbei, manche mit einem dankbar winkenden Fahrer, die meisten, ohne sich weiter darum zu kümmern. Zehn Minuten später erreichten sie die kleine Stadt Barcis, und Ambrogiani bog links in eine Seitenstraße, die zum See führte.
    Schwerfällig stieg Ambrogiani aus, offensichtlich entnervt von der Fahrt. »Trinken wir was«, sagte er und stapfte schon auf ein Cafe zu, dessen Tische auf einer großen Terrasse eines der Häuser am See standen. Er zog einen Stuhl unter einem der sonnenbeschirmten Tische hervor und ließ sich darauf nieder. Vor ihnen lag mit geradezu unheimlich blauem Wasser der See, dahinter ragten die Berge empor. Ein Ober kam, um ihre Bestellung aufzunehmen, und brachte ihnen einige Minuten später zweimal Kaffee und zwei Gläser mit Mineralwasser.
    Als Brunetti seinen Kaffee ausgetrunken und einen Schluck Wasser probiert hatte, fragte er: »Und?«
    Ambrogiani lächelte. »Hübscher See, nicht?«
    »Ja, wunderschön. Was sind wir, Touristen?«
    »Sieht so aus. Schade, daß wir nicht hierbleiben und den ganzen Tag auf den See schauen können, nicht?«
    Es verunsicherte Brunetti, daß er nicht wußte, ob sein Begleiter es ernst meinte. Aber ja, es wäre nett. Er dachte an die beiden jungen Amerikaner und hoffte, daß sie ihr Wochenende hier hatten verbringen können, ungeachtet der Grunde für ihren Ausflug. Wenn sie verliebt gewesen waren, war das hier ein herrlicher Ort. Sofort korrigierte er als sein eigener Redakteur diesen Gedanken: Für Verliebte war jeder Ort herrlich.
    Brunetti winkte dem Ober und zahlte. Sie hatten sich auf der Fahrt verständigt, daß sie keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollten, indem sie Fragen nach Lastwagen mit roten Streifen stellten, die in Nebenstraßen abbogen. Sie waren Touristen, auch wenn einer von ihnen Jackett und Krawatte trug, und Touristen hatten nun einmal das Recht, an einem Picknickplatz anzuhalten und sich die Berge anzusehen, während der Verkehr an ihnen vorüberbrauste. Da er nicht wußte, wie lange sie unterwegs sein würden, ging er drinnen an den Tresen und fragte, ob sie ein paar Sandwichs mitnehmen könnten. Der Mann hatte nur Schinken und Käse anzubieten. Brunetti nickte und bat ihn, vier davon zurechtzumachen und ihnen noch eine Flasche Rotwein und zwei Plastikbecher mit einzupacken.
    Damit gingen sie zu Ambrogianis Wagen zurück und fuhren den Berg hinunter, wieder in Richtung Pordenone. Etwa zwei Kilometer hinter Barcis sahen sie auf der rechten Seite einen großen Parkplatz liegen und steuerten ihn an. Ambrogiani parkte den Wagen so, daß sie statt der Berge die Straße im Blick hatten, und stellte den Motor ab. »Da waren wir.«
    »Nicht gerade das, was ich mir unter einem Wochenendausflug vorstelle«, bekannte Brunetti.
    »Ich habe schon Schlimmeres erlebt«, erwiderte Ambrogiani und erzählte dann, wie er einmal in Aspromonte ein Entführungsopfer suchen sollte und drei Tage in den Hügeln gelegen und durch, ein Fernglas beobachtet hatte, wie Leute in einer Schäferhütte ein und aus gingen.
    »Und wie endete es?« wollte Brunetti wissen.
    »Oh, wir haben sie geschnappt.« Dann lachte er. »Aber es war das falsche Opfer, nicht das, nach dem wir eigentlich suchten. Die Familie dieses Mädchens hatte uns gar nicht verständigt, den Fall nicht gemeldet. Sie waren bereit, das Lösegeld zu zahlen, aber wir waren da, bevor sie Gelegenheit hatten, auch nur eine Lira loszuwerden.«
    »Was wurde aus dem anderen? Dem, den ihr eigentlich gesucht habt?«
    »Sie haben ihn umgebracht. Wir fanden ihn eine Woche nach dem Mädchen. Sie hatten ihm die Kehle durchgeschnitten. Der Geruch hat uns aufmerksam gemacht. Und die Vögel.«
    »Warum haben die das getan?«
    »Wahrscheinlich, weil wir das Mädchen gefunden hatten. Wir haben die Familie davor gewarnt, etwas verlauten zu lassen, als wir das Kind zurückbrachten. Aber irgend jemand hat die Zeitungen verständigt, und die brachten es auf allen Titelseiten. ›Glückliche Befreiung‹, die ganze Chose, Fotos mit ihrer Mutter, und wie das Mädchen ihre erste Pasta nach zwei Monaten aß. Die Entführer müssen das gelesen haben und dachten wohl, wir hätten ihre Spur.
    Daraufhin

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