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Brunetti 02 - Endstation Venedig

Brunetti 02 - Endstation Venedig

Titel: Brunetti 02 - Endstation Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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ohne auch nur einen Moment daran zu denken, daß die Person auf dem amerikanischen Stützpunkt, die von Fosters Neugier und Dr. Peters' Affäre mit ihm erfahren hatte, ebensogut ein Italiener wie ein Amerikaner sein konnte. Und er hatte Brunetti sogar noch eine Waffe angeboten!
    Er schlug vornüber und zu Boden, benommen und nach Atem ringend. Er versuchte auf die Knie zu kommen, dachte an Paola und sah das blendende Sonnenlicht ringsum. Ambrogiani ließ sich neben ihn fallen, warf einen Arm über seinen Rücken und drückte ihn wieder nach unten. »Bleib liegen. Kopf runter!« zischte er Brunetti ins Ohr, während er neben ihm lag und ihn mit dem Arm weiter auf dem Boden hielt.
    Brunetti lag auf der Erde, die Finger ins Gras gekrallt, die Augen geschlossen, und fühlte nur das Gewicht von Ambrogianis Arm und den Schweiß, der seinen ganzen Körper bedeckte. Sein rasender Pulsschlag wurde vom Geräusch eines Lastwagens übertönt, der offenbar vom Ende der Schotterstrasse auf sie zukam. Er hörte den Motor vorbeidonnern und leiser werden, während der Laster in Richtung Hauptstraße zurückfuhr. Als er nicht mehr zu hören war, wuchtete Ambrogiani sich hoch und begann sich abzubursten. »Entschuldige«, sagte er, während er mit ausgestreckter Hand auf Brunetti herunterlächelte. »Ich habe einfach gehandelt, zum Nachdenken war keine Zeit. Alles in Ordnung?«
    Brunetti ergriff seine Hand, zog sich daran hoch und blieb mit zitternden Knien neben dem anderen stehen. »Ja, alles in Ordnung«, sagte er und bückte sich, um sich notdürftig den Staub abzuklopfen. Seine Unterwäsche klebte ihm am Körper, eine Nachwirkung der animalischen Angst, die so plötzlich über ihn gekommen war.
    Ambrogiani drehte sich um und und ging wieder auf den Weg zurück; entweder hatte er Brunettis Furcht gar nicht bemerkt, oder er war so taktvoll und tat wenigstens so. Brunetti strich sich noch ein paarmal über seinen Anzug, holte tief Luft und folgte Ambrogiani bis zu der Stelle, wo die Straße anstieg. Sie endete dort nicht, sondern machte eine scharfe Biegung und endete erst dann abrupt am Rand eines kleinen Steilabfalls. Zusammen traten die beiden Männer heran und blickten hinunter. Vor ihnen lag eine Fläche von der Große eines halben Fußballplatzes, fast ganz mit wildem Wein bedeckt, der sie im Lauf des letzten Sommers leicht überwuchert haben konnte. Unmittelbar unter ihnen lagen vielleicht hundert Metallfässer, dazwischen große schwarze Plastiksäcke, Industrieformat und jeweils an einem Ende zugeschnürt. Irgendwann mußte hier ein Bulldozer am Werk gewesen sein, denn die weiter entfernt liegenden Fässer verschwanden fast unter der mit Weinlaub bewachsenen Erde, die über sie gehäuft war. Unmöglich zu sagen, wie weit die bedeckten Fässer reichten, hoffnungslos, sie zählen zu wollen.
    »Tja, wie's aussieht, haben wir gefunden, wonach der Amerikaner gesucht hat«, meinte Ambrogiani.
    »Ich nehme an, er hat das auch gefunden.«
    Ambrogiani nickte. »Sonst hätte man ihn nicht umbringen müssen. Was glaubst du, was er getan hat? Gamberetto direkt darauf angesprochen?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Brunetti. Eine derartige Reaktion war nicht plausibel. Was hätte Gamberetto denn im schlimmsten Fall schon passieren können? Eine Geldstrafe? Er hätte es bestimmt auf die Fahrer geschoben, vielleicht sogar einen dafür bezahlt, daß er behauptete, er habe das von sich aus getan. Er würde kaum den Vertrag für einen Krankenhausbau verlieren, wenn so etwas aufgedeckt wurde; das italienische Gesetz behandelte solche Dinge höchstens als Übertretung. Größeren Ärger würde er bekommen, wenn er mit einem nicht zugelassenen Auto erwischt wurde. Dadurch entging dem Staat schließlich Geld, während das hier nur die Erde vergiftete.
    »Meinst du, wir können mal da runtersteigen?« fragte er.
    Ambrogiani starrte ihn an. »Willst du dir das Zeug aus der Nähe ansehen?«
    »Ich möchte wissen, was auf den Fässern steht.«
    »Vielleicht, wenn wir da drüben links hinuntergehen.« Ambrogiani deutete auf einen schmalen Pfad, der zu der Müllkippe hinunterführte. Zusammen kletterten sie den steilen Abhang hinunter, kamen gelegentlich ins Rutschen und hielten sich aneinander fest, um nicht zu fallen. Endlich unten angelangt, standen sie nur wenige Meter von den ersten Fässern entfernt.
    Brunetti sah sich den Boden an. Hier an der Peripherie war er trocken und staubig, weiter drinnen sah er fester und eher wie eine Paste aus. Er

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