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Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Titel: Brunetti 03 - Venezianische Scharade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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sie schleuderten zur Straßenmitte. Ein anderer Wagen, der mit irrwitziger Geschwindigkeit von hinten kam, schlüpfte gerade noch zwischen ihnen und der rechten Leitplanke durch, dann prallten sie mit dem Heck gegen die linke Leitplanke, schleuderten weiter und kamen schließlich mitten auf der Straße mit Blick nach Mestre zum Stehen.
    Benommen und ohne recht zu wissen, ob ihm etwas weh tat oder nicht, starrte Brunetti durch die zersplitterte Windschutzscheibe und sah nur das grelle Licht der Scheinwerfer, die auf sie zukamen. Ein Paar zischte rechts an ihnen vorbei, dann ein zweites. Er schaute nach links und sah Vianello zusammengesunken in seinem Sicherheitsgurt hängen. Brunetti löste seinen eigenen, drehte sich zur Seite und faßte nach Vianellos Schulter. »Lorenzo, ist alles in Ordnung?«
    Die Augen des Sergente öffneten sich, und er wandte den Kopf, um Brunetti anzusehen. »Ich glaube, ja.« Brunetti beugte sich hinüber und löste den zweiten Gurt; Vianello blieb aufrecht sitzen.
    »Kommen Sie«, sagte Brunetti und suchte schon nach dem Türgriff auf seiner Seite. »Steigen wir aus, oder einer von diesen Irren rammt uns noch.« Er deutete durch die Reste der Windschutzscheibe auf die Lichter, die aus Richtung Mestre auf sie zukamen.
    »Ich rufe nur schnell Riverre«, sagte Vianello mit einer Bewegung zum Funkgerät.
    »Nein. Autos sind vorbeigefahren. Sie werden es bei den Carabinieri am Piazzale Roma melden.« In dem Moment hörte er, wie zur Bestätigung seiner Worte, vom anderen Ende der Brücke das erste Sirenengeheul und sah das blitzende Blaulicht der Carabinieri, die auf der falschen Fahrbahn auf sie zugerast kamen.
    Brunetti stieg aus und bückte sich, um die hintere Wagentür zu öffnen. Die junge Kollegin lag auf dem Rücksitz, den Kopf in einem seltsam unnatürlichen Winkel zur Seite gebogen.

20
    W as sich nach dem Unfall ergab, war ebenso vorhersehbar wie deprimierend. Keiner von ihnen hatte gesehen, was für ein Auto sie gerammt hatte, nicht einmal Farbe oder Größe, obwohl es ziemlich groß gewesen sein mußte, um sie mit solcher Wucht zur Seite zu schleudern. Und andere Verkehrsteilnehmer waren zu weit entfernt gewesen, um sehen zu können, was da passierte, oder zumindest hatten sie es der Polizei nicht gemeldet. Fest stand, daß der Wagen danach einfach bis zum Piazzale Roma weitergefahren war, dort gewendet hatte und zum Festland zurückgerast war, noch ehe die Carabinieri alarmiert waren.
    Noch am Unfallort wurde Maria Nardis Tod festgestellt. Ihre Leiche wurde zur Autopsie ins Ospedale Civile gebracht, wo man nur bestätigt finden würde, was am Neigungswinkel ihres Kopfes eindeutig zu sehen gewesen war.
    »Sie war erst dreiundzwanzig«, sagte Vianello und wich Brunettis Blick aus. »Seit sechs Monaten verheiratet. Ihr Mann ist bei irgendeinem Computer-Trainingskurs. Darüber hat sie im Auto die ganze Zeit geredet, daß sie es nicht erwarten kann, bis ihr Franco nach Hause kommt, und wie sie ihn vermißt. So haben wir eine Stunde gesessen, Wange an Wange, und sie hat nur über ihren Franco geredet. Sie war noch ein richtiges Kind.«
    Brunetti wußte nichts zu sagen.
    »Wenn ich darauf bestanden hätte, daß sie den Sicherheitsgurt anlegt, dann wäre sie noch am Leben.«
    »Lorenzo, hör auf«, sagte Brunetti, und seine Stimme klang rauh, aber nicht vor Arger. Sie saßen inzwischen in der Questura in Vianellos Büro und warteten, daß ihre Berichte über den Zwischenfall ins reine getippt wurden, damit sie unterschreiben und dann nach Hause gehen konnten. »Wir können die ganze Nacht so weitermachen. Ich hätte mich nicht auf dieses Treffen mit Crespo einlassen sollen. Ich hätte erkennen müssen, daß alles zu einfach war, hätte mißtrauisch werden müssen, als in Mestre nichts passiert ist. Als nächstes sagen wir dann, wir hätten in einem gepanzerten Wagen zurückfahren sollen.«
    Vianello saß neben seinem Schreibtisch und blickte an Brunetti vorbei. Er hatte eine große Beule an der linken Stirnseite, und die Haut darumherum wurde allmählich blau. »Aber wir haben getan, was wir getan haben, oder wir haben unterlassen, was wir unterlassen haben, und sie ist nun tot«, sagte er mit tonloser Stimme.
    Brunetti beugte sich vor und berührte den anderen am Arm. »Lorenzo, wir haben sie nicht umgebracht. Das waren die Männer, oder der Mann, in dem Auto. Wir können nichts tun, außer versuchen, diese Leute zu finden.«
    »Das hilft Maria auch nicht, oder?« meinte Vianello

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