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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Blick, aber ehe Brunetti etwas sagen konnte, fuhr Paola fort: »Ich weiß nicht, ob das soviel eindrucksvoller ist, aber angenommen, ich würde abfällig über dich reden, ich glaube, das wäre unrecht.«
    »Du redest doch ständig abfällig über mich«, sagte Brunetti mit einem gezwungenen Lächeln.
    »Nein, Guido, ich bin höchstens kritisch. Das ist ein Unterschied. Abfällig würde ich nie über dich reden.«
    »Weil das unehrenhaft wäre?«
    »Genau«, bestätigte sie lächelnd.
    »Aber es ist nicht unehrenhaft, wenn du mich kritisierst?«
    »Natürlich nicht, schon gar nicht, wenn es stimmt. Denn das ist zwischen uns beiden, Guido, und geht die Welt in keiner Weise etwas an.«
    Er griff über den Tisch und angelte sich die Grappaflasche. »Ich finde, daß der Unterschied immer schwerer zu definieren ist«, sagte er.
    »Zwischen was?«
    »Zwischen strafbar und unrecht.«
    »Was meinst du, warum das so ist, Guido?«
    »Ich weiß nicht recht. Vielleicht, weil wir, wie du vorhin sagtest, nicht mehr an die alten Werte glauben, und neue haben wir noch nicht gefunden.«
    Sie nickte, während sie darüber nachdachte.
    »Und alle die alten Regeln sind gebrochen worden«, fuhr er fort. »Seit fünfzig Jahren, seit Kriegsende, werden wir nur angelogen. Von der Regierung, der Kirche und den Parteien, von Industrie, Handel und Militär.«
    »Und der Polizei?« fragte sie.
    »Ja«, pflichtete er ohne das geringste Zögern bei. »Und von der Polizei.«
    »Aber du willst dabeibleiben?«
    Brunetti zuckte die Achseln und schenkte ihnen Grappa nach. Paola wartete schweigend. Schließlich sagte er: »Irgend jemand muß es ja versuchen.«
    Paola beugte sich vor, legte ihre Hand an seine Wange und drehte sein Gesicht zu sich. »Wenn ich je wieder versuchen sollte, dich über Ehre zu belehren, Guido, dann hau mir eine Flasche über den Schädel, ja?«
    Er wandte den Kopf und küßte ihre Handfläche. »Aber erst, wenn du mich Plastikflaschen kaufen läßt.«
    Zwei Stunden später, als Brunetti gähnend über Prokops Bella saß, klingelte des Telefon.
    »Brunetti«, meldete er sich und sah gleichzeitig auf die Uhr.
    »Commissario, hier ist Alvise. Er hat gesagt, ich soll Sie anrufen.«
    »Wer hat gesagt, Sie sollen mich anrufen?« fragte Brunetti, während er einen alten Vaporettofahrschein aus seiner Tasche kramte und ihn als Lesezeichen in sein Buch steckte. Telefonate mit Alvise hatten die Tendenz, entweder lang oder wirr zu sein. Oder beides.
    »Der Sergente, Commissario.«
    »Welcher Sergente?« Brunetti legte sein Buch beiseite.
    »Sergente Topa, Commissario.« »Warum hat er gesagt, Sie sollen mich anrufen?« fragte Brunetti, jetzt ganz Ohr.
    »Weil er mit Ihnen reden will.«
    »Warum ruft er mich dann nicht selbst an? Ich stehe im Telefonbuch.«
    »Weil er nicht kann, Commissario.«
    »Und warum kann er nicht?«
    »Weil es gegen die Vorschriften ist.«
    »Welche Vorschriften?« fragte Brunetti, in dessen Stimme jetzt die wachsende Ungeduld hörbar wurde.
    »Die Vorschriften hier bei uns, Commissario.«
    »Bei wem?«
    »In der Questura, Commissario. Ich habe Nachtdienst.«
    »Was macht Sergente Topa in der Questura?«
    »Er ist festgenommen worden, Commissario. Die Kollegen in Mestre haben ihn aufgegriffen, aber dann festgestellt, wer er ist, oder was er ist. Oder was er mal war. Ich meine, ein Sergente. Und da haben sie ihn eben hierhergeschickt, aber sie haben ihn allein kommen lassen. Sie haben hier bei uns angerufen, daß er kommt, aber hergekommen ist er dann allein.«
    »Dann hat Sergente Topa sich also selbst festgenommen?«
    Alvise mußte darüber einen Moment nachdenken, dann antwortete er: »Es scheint so, Commissario. Ich weiß jetzt nicht, was ich in das Formular schreiben soll, wo es heißt: ›Festnehmender Beamter‹.«
    Brunetti hielt den Hörer kurz vom Ohr weg, dann drückte er ihn wieder dagegen. »Weswegen ist er festgenommen worden?« »Er war in eine Schlägerei verwickelt.«
    »Wo?« fragte Brunetti, obwohl er die Antwort schon wußte.
    »In Mestre.«
    »Mit wem?«
    »Mit irgendeinem Ausländer.«
    »Und wo ist dieser Ausländer?«
    »Er ist entkommen, Commissario. Sie haben sich geprügelt, aber dann ist der Ausländer weggelaufen.«
    »Woher wissen Sie, daß es ein Ausländer war?«
    »Sergente Topa hat es mir gesagt. Er sagt, der Mann hatte einen Akzent.«
    »Wenn der Ausländer entkommen ist, wer erstattet dann Anzeige gegen Sergente Topa?«
    »Ich denke, deswegen haben die Kollegen in Mestre ihn zu

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