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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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fehlte, und Martucci hätte selbst wie eine Leiche ausgesehen. Die Ringe um seine Augen waren so dunkel wie Blutergüsse und betonten die schreckliche Blässe seiner Haut.
    »Avvocato Martucci?« begann Brunetti und trat ihm in den Weg.
    Der Anwalt schaute zu Brunetti, offenbar ohne ihn zu sehen, dann zu Vianello, den er wahrzunehmen schien, auch wenn er vielleicht nur die bekannte blaue Uniform registrierte.
    »Ja?« sagte er.
    »Ich bin Commissario Guido Brunetti. Ich möchte Ihnen gern ein paar Fragen nach Signor Lotto stellen.«
    »Ich weiß gar nichts«, antwortete Martucci. Trotz der monotonen Stimme klang sein sizilianischer Akzent durch.
    »Ich weiß sehr wohl, daß dies eine schwierige Situation für Sie sein muß, Signor Martucci, aber wir müssen Ihnen gewisse Fragen stellen.«
    »Ich weiß gar nichts«, wiederholte Martucci.
    »Signor Martucci«, sagte Brunetti, der eisern neben Vianello stehenblieb und Martucci so den Weg durch den Gang versperrte, »wenn Sie nicht mit uns reden wollen, bleibt uns leider nichts anderes übrig, als uns mit diesen Fragen an Signora Trevisan zu wenden.«
    »Was hat Franca damit zu tun?« fragte Martucci, wobei er abrupt den Kopf hob und sein Blick zwischen Brunetti und Vianello hin und her schoß.
    »Der Ermordete ist ihr Bruder. Ihr Gatte ist vor nicht einmal einer Woche auf die gleiche Weise umgekommen.«
    Martucci sah an ihnen vorbei, während er sich das durch den Kopf gehen ließ. Brunetti wartete neugierig, ob Martucci diese Übereinstimmung jetzt in Frage stellen und behaupten würde, sie habe nichts zu bedeuten. Aber er sagte nur: »Gut, was wollen Sie wissen?«
    »Vielleicht können wir in eines dieser Zimmer gehen«, schlug Brunetti vor, der den Leichenbeschauer bereits gefragt hatte, ob er das Zimmer seines Stellvertreters benutzen dürfe.
    Brunetti machte kehrt und ging voraus, hinter ihm Martucci, gefolgt von Vianello, der noch immer kein Wort gesagt oder zu erkennen gegeben hatte, daß er schon einmal mit Martucci gesprochen hatte. Brunetti öffnete die Tür zu dem Büro und hielt sie Martucci auf. Nachdem alle drei saßen, sagte Brunetti: »Vielleicht können Sie uns sagen, wo Sie letzte Nacht waren, Signor Martucci.«
    »Ich wüßte nicht, wozu das gut sein sollte«, antwortete Martucci in einem Ton, der eher verwirrt als widerborstig klang.
    »Wir werden von allen, die Signor Lotto kannten, wissen wollen, wo sie letzte Nacht waren, Signor Martucci. Solche Angaben brauchen wir, wie Ihnen bekannt sein dürfte, immer, wenn wir in einem Mordfall ermitteln.«
    »Ich war zu Hause«, antwortete Martucci.
    »War jemand bei Ihnen?«
    »Nein.«
    »Sind Sie verheiratet, Signor Martucci?«
    »Ja, aber ich lebe von meiner Frau getrennt.«
    »Leben Sie allein?«
    »Ja.«
    »Haben Sie Kinder?«
    »Ja, zwei.«
    »Wohnen sie bei Ihnen oder bei Ihrer Frau?«
    »Ich weiß nicht, was das alles mit Lotto zu tun hat.«
    »Im Augenblick gilt unser Interesse Ihnen, Signor Martucci, und nicht Signor Lotto«, antwortete Brunetti. »Wohnen Ihre Kinder bei Ihrer Frau?«
    »Ja.«
    »Leben Sie gesetzlich getrennt, also in Scheidung?«
    »Wir haben nie darüber gesprochen.«
    »Könnten Sie mir das etwas genauer erklären, Signor Martucci?« fragte Brunetti, obwohl eine solche Situation durchaus normal war.
    Als Martucci sprach, hatte sein Ton die tödliche Ruhe der Wahrheit. »Obwohl ich Anwalt bin, erfüllt mich der Gedanke, ein Scheidungsverfahren durchzumachen, mit Grausen. Und meine Frau würde sich jedem derartigen Versuch von meiner Seite widersetzen.«
    »Dabei haben Sie noch nie darüber gesprochen?«
    »Noch nie. Ich kenne meine Frau gut genug, um zu wissen, was sie antworten würde. Sie würde nicht einwilligen, und ich habe keine Scheidungsgründe gegen sie anzuführen. Wenn ich die Scheidung gegen ihren Willen durchsetzen wollte, würde sie mir alles nehmen, was ich besitze.«
    »Hätte Ihre Frau denn Scheidungsgründe gegen Sie, Signor Martucci?« fragte Brunetti. Als Martucci nicht antwortete, formulierte Brunetti seine Frage beschönigend um: »Unterhalten Sie eine Bekanntschaft, Signor Martucci?«
    Martuccis Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: »Nein.«
    »Das kann ich nur schwer glauben«, meinte Brunetti mit komplizenhaftem Lächeln.
    »Was soll das heißen?« fragte Martucci.
    »Sie sind ein gutaussehender Mann in den besten Jahren, Akademiker, sichtlich erfolgreich. Sicherlich finden viele Frauen Sie attraktiv und würden sich Ihre Aufmerksamkeit gern

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