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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Staatsbürgerschaft sehr schnell entzogen werden könnte, wenn die Behörden jemals auf mich aufmerksam würden. Deshalb möchte ich nichts tun, was mir deren Aufmerksamkeit einträgt.«
    »Sie erfreuen sich zur Zeit unserer Aufmerksamkeit.«
    Unwillkürlich schürzte sie ärgerlich die Lippen. »Das hatte ich zu vermeiden gehofft.«
    »Sie wußten, daß Sie Ihre Brille dort vergessen hatten?«
    »Ich wußte, daß ich sie an diesem Tag verloren hatte, hoffte aber, es wäre woanders gewesen.«
    »Hatten Sie ein Verhältnis mit ihm?«
    Er sah sie die Frage abwägen, dann nickte sie.
    »Wie lange?«
    »Drei Jahre.«
    »Hatten Sie die Absicht, daran etwas zu ändern?«
    »Ich verstehe leider Ihre Frage nicht.«
    »Hatten Sie die Hoffnung, ihn zu heiraten?«
    »Nein. Mir paßte die Situation so, wie sie war.«
    »Und wie war sie?«
    »Wir haben uns alle paar Wochen getroffen.«
    »Zu welchem Zweck?«
    Sie sah mit strengem Blick zu ihm auf. »Auch diese Frage verstehe ich leider nicht.«
    »Was haben Sie getan, wenn Sie sich trafen?«
    »Was tun Liebende normalerweise, wenn sie sich treffen, Dottor Brunetti?« »Sie schlafen miteinander.«
    »Sehr gut, Dottore. Und genau das haben wir getan.«
    Brunetti hatte das Gefühl, daß sie zornig wurde, aber er hatte nicht den Eindruck, daß der Zorn sich auf seine Fragen richtete oder durch sie ausgelöst worden war. »Wo?« fragte er.
    »Pardon?«
    »Wo haben Sie miteinander geschlafen?«
    Sie kniff die Lippen zusammen und quetschte die Antwort dazwischen hervor. »Im Bett.«
    »Wo?«
    Schweigen.
    »Wo stand das Bett? Hier in Venedig oder in Padua?«
    »Hier und dort.«
    »In einer Wohnung, oder im Hotel?«
    Bevor sie darauf antworten konnte, gab das Telefon auf ihrem Schreibtisch einen dezenten Summton von sich, und sie nahm den Hörer ab. Sie hörte kurz zu, sagte: »Ich rufe heute nachmittag zurück«, und legte auf. Der Rhythmus der Fragen war nur kurz gestört worden, aber der Moment hatte ihr genügt, um die Fassung wiederzuerlangen.
    »Bedaure, Commissario, aber könnten Sie Ihre letzte Frage wiederholen?«
    Er wiederholte sie, wohl wissend, daß die Unterbrechung ihr Zeit verschafft hatte, über die Antwort nachzudenken, die sie gegeben hatte. Aber er wollte hören, wie anders sie jetzt ausfallen würde. »Ich habe gefragt, wo Sie miteinander geschlafen haben.«
    »Hier in meiner Wohnung.«
    »Und in Padua?«
    Sie stellte sich verwirrt. »Wie bitte?«
    »In Padua, wo haben Sie sich da getroffen?«
    Sie lächelte ihn kurz an. »Entschuldigung, aber ich hatte Ihre Frage mißverstanden. Wir haben uns normalerweise hier getroffen.«
    »Und wie oft konnten Sie es einrichten, sich zu treffen?«
    Ihr Ton wurde jetzt freundlicher, wie immer bei Leuten, bevor sie zu lügen anfangen. »Genaugenommen war von der Affäre nicht mehr viel übrig, aber wir mochten uns und waren noch immer gute Freunde. Darum haben wir uns gelegentlich noch zum Essen getroffen, mal hier, mal in Padua.«
    »Wissen Sie noch, wann Sie sich das letzte Mal hier in Venedig getroffen haben?«
    Sie sah weg und überlegte, wie sie darauf antworten sollte. »Hm, nein. Es muß irgendwann im Sommer gewesen sein, glaube ich.«
    »Sind Sie verheiratet, Signora?« fragte er.
    »Geschieden«, antwortete sie.
    »Leben Sie allein?«
    Sie nickte.
    »Wie haben Sie von Signor Faveros Tod erfahren?«
    »Ich habe es in der Zeitung gelesen, am Morgen danach.«
    »Und da haben Sie uns nicht angerufen?«
    »Nein.«
    »Obwohl Sie am Abend vorher mit ihm zusammenwaren?«
    »Gerade darum. Wie ich Ihnen vorhin schon sagte, habe ich keinen Grund, den Behörden zu vertrauen.«
    In seinen schlimmsten Momenten hatte Brunetti den Verdacht, daß dazu niemand Grund hatte, aber solche Ansichten gab er wohl besser nicht Signora Ceroni preis.
    »Woher stammen Sie, Signora?«
    »Aus Jugoslawien. Mostar.«
    »Und wann sind Sie nach Italien gekommen?«
    »Vor neun Jahren.«
    »Warum sind Sie hergekommen?«
    »Ursprünglich als Touristin, aber dann habe ich Arbeit gefunden und mich entschieden hierzubleiben.«
    »In Venedig?«
    »Ja.«
    »Was war das für Arbeit?« fragte er, auch wenn er wußte, daß er das irgendwo in den Akten des Ufficio Stranieri nachlesen konnte.
    »Zuerst habe ich in einer Bar gearbeitet, aber dann bekam ich eine Stelle in einem Reisebüro. Ich spreche mehrere Sprachen, und damit fand ich ziemlich leicht Arbeit.«
    »Und jetzt das hier?« fragte er mit einer Handbewegung, die das kleine Büro umschrieb, in dem sie saßen.

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