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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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geschehen wäre.
    »Ich glaube, du solltest jetzt lieber nicht mehr mit Francesca sprechen.«
    »Und keine Fragen mehr stellen?«
    »Nein, das auch nicht.«
    Sie ließ sich das durch den Kopf gehen, dann fragte sie zögernd: »Du bist nicht böse auf mich, nein?«
    Brunetti beugte sich übers Bett. »Nein, ich bin überhaupt nicht böse auf dich.« Er war nicht sicher, ob seine Stimme ihm gehorchen würde, und schwieg einen Moment, dann zeigte er auf den Hund und sagte: »Paß auf, daß du Bello nicht das Ohr abreißt.«
    »Ist das nicht ein dummer Hund?« fragte Chiara. »Wer hat denn schon mal von einem Hund gehört, der kahle Flecken hat?«
    Brunetti strich dem Hund über die Nase. »Die meisten Hunde werden auch nicht von kleinen Mädchen abgekaut.«
    Darüber mußte sie lächeln, dann schwang sie die Beine über die Bettkante. »Ich glaube, ich mache jetzt lieber meine Hausaufgaben«, sagte sie und stand auf.
    »Gut. Ich gehe mal mit deiner Mutter reden.«
    »Papà?« sagte sie, als er schon fast an der Tür war.
    »Hmm?« fragte er.
    »Mamma ist auch nicht böse auf mich, nein?«
    »Chiara«, antwortete er mit etwas unsicherer Stimme: »Du bist unsere größte Freude.« Und bevor sie darauf etwas sagen konnte, knurrte er im tiefsten Baß: »Und jetzt ab an deine Hausaufgaben.« Brunetti wartete, bis er sie lächeln sah, bevor er aus dem Zimmer ging.
    In der Küche stand Paola am Spülbecken und wirbelte etwas in der Salatschleuder herum. Als er hereinkam, sah sie auf und sagte: »Die ganze Welt könnte zusammenstürzen, wir müßten wohl trotzdem zu Abend essen.« Er war erleichtert, sie dabei lächeln zu sehen. »Hat Chiara sich wieder gefangen?«
    Brunetti hob die Schultern. »Sie macht jetzt ihre Hausaufgaben. Wie sie sich fühlt, weiß ich nicht. Was denkst du denn? Du kennst sie besser als ich.«
    Sie nahm die Hand vom Drehknopf der Schleuder und sah ihn an. Das Surren erfüllte die Küche, und als es allmählich abklang, fragte sie: »Glaubst du das im Ernst?«
    »Ob ich was glaube?«
    »Daß ich sie besser kenne als du?«
    »Du bist ihre Mutter«, sagte Brunetti, als wäre das eine hinreichende Erklärung.
    »Ach Guido, du bist doch manchmal ein richtiger Esel. Wenn du eine Münze wärst, Chiara wäre die andere Seite.«
    Das aus Paolas Mund zu hören, machte ihn seltsamerweise sehr müde. Er setzte sich an den Tisch. »Wer weiß? Sie ist so jung. Vielleicht vergißt sie es wieder.«
    »Wirst du es vergessen?« fragte Paola, während sie sich ihm gegenübersetzte.
    Brunetti schüttelte den Kopf. »Die Einzelheiten in dem Film werde ich wohl vergessen, aber nie, daß ich ihn gesehen habe. Ich werde nie vergessen, was er bedeutet.«
    »Gerade das verstehe ich nicht«, sagte Paola. »Was hat jemand davon, sich so etwas anzusehen? Es ist so widerwärtig.« Sie schwieg einen Moment und sprach dann weiter, offenbar erstaunt, sich selbst dieses Wort sagen zu hören: »Die reine Schlechtigkeit ist das. Das ist das Schreckliche daran: Ich komme mir vor, als hätte ich in ein Fenster geschaut und die menschliche Schlechtigkeit erblickt.« Nach einer kleinen Weile fragte sie: »Guido, wie konnten diese Männer das tun? Wie konnten sie das tun und sich nach wie vor für Menschen halten?«
    Brunetti hatte auf solch ›letzte Fragen‹ wie er sie nannte, nie eine Antwort. Statt nach einer zu suchen, stellte er eine Gegenfrage: »Wie steht es mit dem Kameramann, wie steht es mit denen, die Geld dafür bezahlen, daß sie sich das ansehen können?«
    »Bezahlen?« fragte Paola. »Bezahlen?«
    Brunetti nickte. »Ich glaube, das ist es nämlich, ein Video, das zum Verkauf gedreht wurde. Die Amerikaner nennen sie ›snuff films‹. Da werden Leute wirklich umgebracht. Interpol hat vor ein paar Monaten einen Bericht darüber erstellt. Man hat in Amerika welche gefunden, in Los Angeles, glaube ich. In einem Filmstudio, da wurden sie vervielfältigt und dann verkauft.«
    »Wo kommen sie denn her?« fragte Paola, deren Erstaunen dem schieren Entsetzen Platz gemacht hatte.
    »Du hast die Männer gesehen, die Uniformen. Ich glaube, was sie sprachen, war Serbokroatisch.«
    »Der Himmel steh uns bei«, flüsterte Paola. »Und diese arme Frau.« Sie hielt sich eine Hand vor den Mund. »Guido, Guido.«
    Er stand auf. »Ich werde noch mal zu Francescas Mutter gehen und mit ihr reden müssen.«
    »Wußte sie davon?«
    Brunetti hatte keine Ahnung, er wußte nur, daß er sie satt hatte, so satt, daß es schon fast weh tat: diese Signora

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