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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Trevisan mit ihrer kaum verhohlenen Verachtung und ihren Unwissenheitsbeteuerungen. Wenn Francesca dieses Video Chiara gegeben hatte, dann konnte dieses Mädchen vermutlich viel klarer zwischen Wahn und Wirklichkeit unterscheiden als ihre Mutter. Wenn er daran dachte, daß Francesca gewußt haben mußte, was auf dem Video war, erfaßte ihn das Grauen vor dem Unreinen bei der Vorstellung, daß er sie vernehmen mußte, aber er brauchte sich nur den Blick in den Augen der Frau wieder ins Gedächtnis zu rufen, als sie die Kamera aus nächster Nähe auf sie herabstarren sah, und er wußte, daß er das Mädchen und seine Mutter bis in die tiefste Hölle verfolgen würde, um zu erfahren, was sie wußten.

26
    Signora Trevisan wich vor Brunetti zurück, kaum daß sie die Tür geöffnet hatte, als wäre seine Wut ein Flammenstrahl, der ihr entgegenloderte. Er trat in die Wohnung und knallte die Tür hinter sich zu, richtig froh, sie bei dem Krach zusammenzucken zu sehen.
    »Schluß jetzt, Signora«, sagte Brunetti. »Schluß mit den Ausflüchten, Schluß mit den Lügen, was Sie alles gewußt und nicht gewußt haben wollen.«
    »Ich weiß gar nicht, wovon Sie sprechen«, erwiderte sie, wobei sie einen so offenkundig aufgesetzten Zorn in ihre Stimme legte, daß es die Angst, die dahinter lauerte, nicht kaschieren konnte. »Ich habe Ihnen schon einmal Rede und Antwort gestanden und... «
    »Und dabei haben Sie gelogen, gelogen und nichts als mich angelogen«, schnitt Brunetti ihr wütend das Wort ab. »Jetzt ist Schluß mit der Lügerei, sonst lasse ich Sie und Ihren Liebhaber in die Questura bringen und die Guardia di Finanza jede einzelne Geldtransaktion durchleuchten, die Sie in den letzten zehn Jahren getätigt haben.« Er machte einen Schritt auf sie zu, und sie wich noch weiter zurück, eine Hand vor sich gestreckt, wie um seine Wut abzuwehren.
    »Ich weiß noch immer nicht...« begann sie, doch Brunetti unterbrach sie mit einer so drohenden Handbewegung, daß es ihn selbst erschreckte.
    »Kommen Sie gar nicht erst auf den Gedanken, mich anzulügen, Signora. Meine Tochter hat das Video gesehen, das aus Bosnien.« Er wurde so laut, daß er den Protest, den sie schon erheben wollte, ohne weiteres übertönte. »Meine Tochter ist vierzehn, und sie hat dieses Video gesehen.« Sie wich immer weiter vor ihm zurück, doch er folgte ihr erbarmungslos. »Sie werden mir jetzt alles sagen, was Sie darüber wissen, und keine Lügen mehr, nicht eine einzige, oder Sie werden es jeden Tag bereuen, den Sie noch leben.«
    Sie sah ihn an, und ihr Blick war so von Grauen erfüllt wie bei der Frau in dem Video, doch obwohl er diese Ähnlichkeit bewußt wahrnahm, ließ sie ihn kalt.
    Kein Höllenschlund, nichts Unheildrohenderes als eine Tür tat sich hinter ihr auf, und ihre Tochter streckte den Kopf heraus. »Was ist, mamma?« fragte Francesca, dann sah sie zu Brunetti hinüber. Sie erkannte ihn sofort, sagte aber nichts.
    »Geh zurück in dein Zimmer, Francesca«, befahl ihre Mutter und überraschte Brunetti mit dem kühlen Ton, in dem sie das sagte. »Commissario Brunetti muß mir noch ein paar Fragen stellen.«
    »Über papà und Onkel Ubaldo?« fragte sie, ohne auch nur ansatzweise ihre Neugier zu tarnen.
    »Ich habe gesagt, daß ich mit ihm reden will, Francesca.«
    »Klar willst du das«, sagte das Mädchen, worauf es in sein Zimmer zurückging und leise die Tür schloß.
    Mit derselben ruhigen Stimme sagte Signora Trevisan: »Also gut.« Damit ging sie auf das Zimmer zu, in dem schon ihre letzten Unterredungen stattgefunden hatten.
    Dort setzte sie sich, Brunetti aber blieb stehen und trat ruhelos von einem Fuß auf den anderen, während sie sprach, oder ging mit kleinen Schritten hin und her, noch viel zu erregt, um stillzuhalten.
    »Was wollen Sie wissen?« fragte sie, sobald sie saß.
    »Die Filme.«
    »Die werden in Bosnien gedreht. In Sarajewo, glaube ich.«
    »Das weiß ich schon.«
    »Was wollen Sie denn dann wissen?« fragte sie mit gespielter Unschuld, aber sie spielte schlecht.
    »Signora«, sagte er, wobei er einmal kurz stehenblieb, »ich warne Sie, daß ich Sie vernichten werde, wenn Sie mir nicht sagen, was ich wissen will.« Er sah, daß sein Ton Wirkung tat. »Die Videos. Reden Sie.«
    Sie veränderte ihren Ton, jetzt ganz die Gastgeberin, die es mit einem besonders lästigen Gast zu tun hat. »Sie werden dort hergestellt, und einige werden dann nach Frankreich geschickt und dort vervielfältigt. Andere gehen in die

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