Brunetti 06 - Sanft entschlafen
Commissario. Ich weiß relativ wenig über das Personal.«
»Anders als bei den ausländischen Schwestern?«
Messini lächelte. Beim Thema Krankenschwestern fühlte er sich wieder auf sicherem Boden.
»Ich möchte wissen, ob Ihnen bekannt ist, warum sie versetzt wurde.« Und bevor Messini etwas sagen konnte, fügte Brunetti hinzu: »Sie könnten Ihre Antwort vielleicht als eine Art Anmeldegebühr betrachten, Dottor Messini.«
»Ich weiß nicht, ob ich das verstehe.«
»Macht nichts, Dottore. Ich möchte von Ihnen gern hören, was Sie über die Versetzung dieser Ordensschwester wissen. Ich glaube nicht, daß sie von einem Ihrer Heime in ein anderes hätte versetzt werden können, ohne daß Sie etwas davon gehört hätten.«
Messini überlegte kurz, und Brunetti beobachtete das Spiel der Emotionen im Gesicht des anderen, der sich vorzustellen versuchte, welche Gefahr für ihn in der einen oder der anderen Antwort lag, die er darauf geben konnte. Endlich sagte er: »Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen, Commissario, aber was Sie auch immer wissen wollen, ich kann es Ihnen nicht sagen. Alle Personalangelegenheiten werden von meiner Personalabteilung bearbeitet. Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen da helfen könnte, täte ich es, aber ich bin damit nicht unmittelbar befaßt.«
Wenn einer mit »Glauben Sie mir« begann, stellte sich in aller Regel heraus, daß er log, aber hier hatte Brunetti den Eindruck, daß Messini die Wahrheit sprach. Er nickte und sagte: »Die bewußte Ordensschwester hat das Pflegeheim vor einigen Wochen verlassen. Wußten Sie das?«
»Nein.«
Brunetti nahm ihm auch das ab.
»Wie kommt der Orden vom Heiligen Sakrament eigentlich dazu, in Ihren Pflegeheimen tätig zu werden, Dottore?«
»Das ist eine lange und komplizierte Geschichte«, antwortete Messini mit einem Lächeln, das ein anderer wahrscheinlich durch und durch charmant gefunden hätte.
»Ich bin nicht in Eile, Dottore. Sind Sie's?« Brunettis Lächeln war alles andere als charmant.
Messini griff nach seinen Zigaretten, steckte sie aber wieder in die Tasche, ohne sich eine anzuzünden. »Als ich vor acht Jahren die Leitung der ersten Pflegeheime übernahm, standen sie gänzlich unter der Regie des Ordens, und ich wurde nur als medizinischer Direktor eingestellt. Aber dann zeigte sich im Lauf der Zeit immer deutlicher, daß sie schließen müßten, wenn sie weiter als Wohlfahrtseinrichtungen betrieben würden.« Messini warf Brunetti einen langen Blick zu. »Die Menschen sind so knauserig.«
»Wie wahr«, lautete der einzige Kommentar, den Brunetti sich darauf gestattete.
»Jedenfalls habe ich mir Gedanken über die Geldnot dieser Einrichtung gemacht - ich hatte mich schon ganz der Hilfe für die Alten und Kranken verschrieben - und klar gesehen, daß sie nur lebensfähig bleiben konnte, wenn sie in ein Privatunternehmen umgewandelt wurde.« Als er sah, daß Brunetti ihm folgen konnte, fuhr er fort: »Also kam es zu einer Umorganisation - in der Wirtschaft würde man es wohl Privatisierung nennen -, und ich übernahm neben der medizinischen Leitung auch die kaufmännische.«
»Und der Orden vom Heiligen Sakrament?« fragte Brunetti.
»Das Hauptanliegen des Ordens war schon immer die Sorge um die Alten gewesen, und so wurde beschlossen, ihn in die Personalgestellung zu integrieren, nur daß die Nonnen zu bezahlten Angestellten wurden.«
»Und ihre Gehälter?«
»Werden natürlich an den Orden bezahlt.«
»Natürlich«, äffte Brunetti, aber ehe Messini sich diesen Ton verbitten konnte, fragte er weiter: »Und wer nimmt diese Gehälter entgegen?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich die Mutter Oberin.«
»Auf wen lauten die Überweisungen?«
»Auf den Orden.«
Obwohl Brunetti die ganze Zeit höflich lächelte, war Messini völlig verunsichert. Allmählich begriff er gar nichts mehr. Er zündete sich nun doch eine zweite Zigarette an und legte das neue Streichholz auf der anderen Seite neben den aufrecht stehenden Filter der ersten.
»Wie viele Ordensleute arbeiten für Sie, Dottore?«
»Das müssen Sie meine Buchhaltung fragen. Ich schätze, so um die dreißig.«
»Und wieviel verdienen sie?« Bevor Messini wieder auf seine Buchhaltung verweisen konnte, wiederholte Brunetti die Frage: »Wieviel verdienen sie?«
»Ich glaube, so um die fünfhunderttausend Lire im Monat.«
»Mit anderen Worten, etwa ein Viertel dessen, was eine Krankenschwester bekäme.«
»Die meisten sind keine ausgebildeten Krankenschwestern«,
Weitere Kostenlose Bücher