Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 07 - Nobiltà

Brunetti 07 - Nobiltà

Titel: Brunetti 07 - Nobiltà Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
ein Jahr, in dem die Lorenzonis nichts mit der Polizei zu tun hatten, aber dann war Roberto an einer Schlägerei in einer Disco beteiligt gewesen.
    Strafanzeige wurde keine erstattet, aber eine Zivilklage wurde damit beigelegt, dass die Familie zwölf Millionen Lire an einen Jungen zahlte, der bei der Schlägerei einen Nasenbeinbruch erlitten hatte.
    Das war's. Weiter nichts. In den acht Monaten zwischen der Schlägerei in der Disco und Robertos Entführung schienen weder er selbst noch seine Familie oder irgendein Unternehmen des weitverzweigten Lorenzoni-Imperiums für die Polizei, die mit ihren vielen Augen über Land und Bürger wachte, existiert zuhaben.
    Dann, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, die Entführung. Zwei Lösegeldforderungen, ein öffentlicher Aufruf an die Entführer, und wieder Schweigen. Bis die Leiche des Jungen auf einem Acker bei Belluno gefunden wurde.
    Noch während ihm das durch den Kopf ging, fragte sich Brunetti, warum er Roberto eigentlich ›den Jungen‹ nannte. Immerhin war der ›Junge‹ einundzwanzig gewesen, als er entführt und offenbar bald danach ermordet wurde. Brunetti versuchte sich zu erinnern, wie die verschiedenen Leute von Roberto gesprochen hatten: Seine Freundin hatte seine Streiche und seine Selbstsucht erwähnt; Conte Orazio hatte sich fast herablassend über ihn geäußert, und seine Mutter hatte ihr bambino beweint.
    Vianellos Eintreten riss ihn aus seinen Gedanken. »Ich habe mir überlegt, dass ich mit nach Belluno fahre, Vianello. Können Sie uns einen Wagen besorgen?«
    »Ich kann etwas Besseres«, antwortete der Sergente mit einem breiten: Grinsen. »Deswegen bin ich hier.«
    Brunetti wusste, was von ihm erwartet wurde, und fragte: »Was denn?«
    »Bonsuan«, lautete die geheimnisvolle Antwort des Sergente.
    »Bonsuan?«
    »Ja, Commissario.«
    »Ich wusste gar nicht, dass man einen Kanal dorthin gebaut hat.«
    »Seine Tochter, Commissario.«
    Bonsuans größter Stolz war, wie Brunetti wusste, dass von den drei Töchtern, die er auf die Universität geschickt hatte, eine Ärztin, eine Architektin und eine Anwältin geworden war. »Welche?« fragte er darum nur.
    »Analisa, die Architektin«, antwortete Vianello, und bevor Brunetti nachfragen konnte, erklärte er: »Sie hat einen Pilotenschein. Ein Freund von ihr hat draußen am Lido eine Cessna stehen. Wenn wir wollen, setzt sie uns heute nachmittag auf ihrem Weg nach Udine in Belluno ab.«
    »Und ob wir wollen«, meinte Brunetti, angesteckt von Vianellos Begeisterung über den bevorstehenden Tagesausflug. Wie sich zeigte, ging die junge Frau mit dem Steuerknüppel so souverän um wie ihr Vater mit dem Ruder. Brunetti und Vianello waren immer noch so begeistert von der Gelegenheit, dass sie während des ganzen fünfundzwanzigminütigen Fluges mit den Nasen an den kleinen Fenstern der Maschine klebten. Dabei erfuhr Brunetti zwei Dinge, die ihm neu waren: dass die junge Frau bei Alitalia nicht als Pilotin eingestellt worden war, weil sie ein abgeschlossenes Architekturstudium hatte und mit ihrer Bildung »die anderen Piloten beschämen« würde; und dass große Gebiete um Vittorio Veneto herum vom Militär zu ›Pio xii‹ erklärt worden waren - ein Ausdruck für ›Proibito‹ - und nicht überflogen werden durften. Die kleine Maschine nahm daher den Weg an der Adriaküste entlang über Pordenone, dann in nordwestlicher Richtung nach Belluno. Unter ihnen wechselten die Farben von Beige über Braun zu Grün und wieder zurück, während sie über noch brachliegende Flächen oder weite, frisch bestellte Felder flogen; dazwischen zeigten immer wieder Obstbäume ihre frühlingsfrischen Pastellfarben, oder ein Windstoß wirbelte Blütenblätter auf. Ivo Barzan, der Commissario, der Roberto Lorenzonis Oberreste von dem Acker ins Krankenhaus hatte bringen lassen und anschließend die Polizei in Venedig verständigt hatte, erwartete sie bei der Landung.
    Er brachte sie zuerst zu Doktor Litfins Haus und ging dann mit ihnen zu dem dunklen Rechteck bei der Baumgruppe. Ein einsames beigefarbenes Huhn pickte eifrig in der frischen Erde und ließ sich durch die im scharfen Wind flatternden rot-weiß gestreiften Bänder, mit denen die Stelle abgegrenzt war, nicht stören. Man habe kein Geschoss gefunden, sagte Barzan, obwohl die Carabinieri das Gelände zweimal mit Metalldetektoren abgesucht hätten. Während Brunetti in das Loch blickte und das Huhn scharren und picken hörte, fragte er sich, wie es hier wohl ausgesehen

Weitere Kostenlose Bücher