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Brunetti 07 - Nobiltà

Brunetti 07 - Nobiltà

Titel: Brunetti 07 - Nobiltà Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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hatte, als der Junge starb, falls er wirklich hier gestorben war. Im Winter wäre es Öde und trist gewesen; im Herbst hätte sich wenigstens noch Leben geregt. Dann schalt er sich selbst wegen dieser dummen Überlegungen. Wenn am Ende des Ackers der Tod wartete, spielte es wohl kaum eine Rolle, ob Schlamm oder Blumen die Erde bedeckten. Er steckte die Hände tief in die Taschen und wandte sich von der Grube ab. Barzan teilte ihnen mit, dass die Nachbarn der Polizei nichts Nützliches hätten sagen können. Eine alte Frau behauptete steif und fest, der Tote sei ihr Mann, den der Bürgermeister, ein Kommunist, vergiftet habe. Niemand könne sich an Ungewöhnliches erinnern, wobei Barzan zugab, dass ja auch niemand etwas Brauchbares aussagen könne, wenn die Polizei nichts Genaueres zu fragen wisse, als ob jemand vor zwei Jahren etwas Merkwürdiges beobachtet habe.
    Brunetti sprach mit den Leuten, die auf der anderen Straßenseite wohnten, einem alten Ehepaar, weit über Achtzig.
    Zum Ausgleich dafür, dass sie nichts wussten, boten sie Kaffee an, den sie, als alle drei Polizisten dankend annahmen, großzügig mit Zucker und Grappa anreicherten.
    Dottor Bortot, der sie in seinem Sprechzimmer im Krankenhaus erwartete, sagte ihnen, dass er seinem Bericht wenig hinzuzufügen habe. Es stehe schon alles darin: das tödliche Loch im Schädel das Fehlen einer klar erkennbaren Austrittsöffnung, die Schädigung und Verwesung der inneren Organe.
    »Schädigung?« fragte Brunetti.
    »Die Lunge, soweit man ihr noch etwas ansah. Er muss geraucht haben wie ein Schlot, der Junge, und das jahrelang«, sagte Bortot und hielt inne, um sich eine Zigarette anzuzünden. »Und die Milz«, fuhr er fort und hielt wieder inne. »Die Schädigung könnte auf natürliche Einflüsse zurückgehen, aber das erklärt nicht, warum sie so klein ist: Allerdings kann man so etwas schwer beurteilen, wenn die Leiche derart lange in der Erde gelegen hat.«
    »Über ein Jahr?« fragte Brunetti.
    »Das wäre meine Schätzung, ja. Ist es denn der junge Lorenzoni?«
    »Ja.«
    »Dann stimmt die Zeit ungefähr. Wenn sie ihn kurz nach der Entführung umgebracht haben, wären es etwas weniger als zwei Jahre, und das entspricht in etwa meiner Schätzung.« Er drückte seine Zigarette aus. »Haben Sie Kinder?« fragte er an keinen direkt gewandt.
    Alle drei Polizisten nickten.
    »Na, dann«, sagte Bortot unbestimmt und entschuldigte sich gleich darauf damit, dass er heute nachmittag noch drei Autopsien vor sich habe.
    Barzan bot ihnen mit erstaunlicher Großzügigkeit an, sie von seinem Fahrer nach Venedig zurückbringen zu lassen, und Brunetti, der vom Ort des Todes genug hatte, nahm an. Weder er noch Vianello hatten auf der Fahrt nach Süden viel zu sagen, obwohl Brunetti auffiel, wie viel weniger interessant die Landschaft durch das Fenster eines Autos aussah. Außerdem wurde hier unten nicht vor einer ›Zona Proibita‹ gewarnt.

15
    Die Morgenzeitungen machten sich, wie Brunetti geahnt hatte, über die Lorenzoni-Geschichte her wie die Wölfe. Da sie ihre Leser für unfähig hielten, wenigstens die wichtigsten Einzelheiten einer achtzehn Monate zurückliegenden Geschichte noch im Gedächtnis zu haben - eine Annahme, die Brunetti teilte -, begann jeder Artikel mit einem ausführlichen Bericht über die damalige Entführung. Roberto wurde darin abwechselnd als ›der älteste Sohn‹, ›der Neffe‹ und ›der einzige Sohn‹ der Familie Lorenzoni bezeichnet, und die Entführung hatte sich je nachdem in Mestre, Belluno oder Vittorio Veneto zugetragen. Offenbar vergaßen nicht nur Leser wichtige Details.
    Da die Presse es offensichtlich nicht geschafft hatte, an den Autopsiebericht heranzukommen, waren die Artikel merkwürdig frei von der leichenschänderischen Wollust, mit der sie sonst auf Exhumierungen einging, vielmehr begnügten die Autoren sich mit so glanzlosen Ausdrücken wie ›fortgeschrittenes Stadium der Verwesung‹ oder ›menschliche Überreste‹. Brunetti bemerkte beim Lesen mit einem gewissen Unbehagen, dass auch er ein bisschen enttäuscht war über die laue Sprache, und überlegte besorgt, ob auch sein Geschmack sich schon der deftigeren Kost angepasst hatte.
    Auf seinem Schreibtisch in der Questura erwartete ihn eine Videokassette in einem wattierten braunen Umschlag, auf dem sein Name stand. Er rief bei Signorina Elettra an. »Ist das die Videokassette von der RAI?« fragte er.
    »Ja, Dottore. Gestern nachmittag gekommen.«
    Er betrachtete

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