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Brunetti 07 - Nobiltà

Brunetti 07 - Nobiltà

Titel: Brunetti 07 - Nobiltà Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Contessa noch so verwöhnt sein, sie waren Eltern, deren einziges Kind ermordet worden war. Adliges Blut und feine Manieren schlössen nicht aus, dass ihre Trauer echt war.
    Punkt sieben stand er vor der Tür, und diesmal ließ ein Dienstmädchen ihn ins Haus. Sie führte ihn in dasselbe Zimmer, wo er dieselbe Gesellschaft traf wie beim letzten Mal. Und doch waren es nicht mehr dieselben Menschen. Das Gesicht des Conte wirkte eingefallener, die Nase dünner und stärker gebogen. Maurizio hatte seine gesunde oder zumindest jugendliche Ausstrahlung verloren, und 'seine Kleidung schien ihm eine Nummer zu groß zu sein.
    Am schlimmsten aber stand es um die Contessa. Sie saß in demselben Sessel, doch man hatte den Eindruck, dass der Sessel sie allmählich verschlang, so wenig sah man zwischen den hohen Lehnen von ihrem Körper. Brunetti war entsetzt über die totenkopfähnlichen Vertiefungen unter ihren Schläfen, die Sehnen und Knochen ihrer Hände, die sich an die Perlen eines Rosenkranzes klammerten.
    Keiner nahm sein Eintreten zur Kenntnis, obwohl das Mädchen seinen Namen genannt hatte. Brunetti war plötzlich unsicher, wie er vorgehen sollte, und wandte sich an einen Punkt irgendwo zwischen dem Conte und seinem Neffen.
    »Ich weiß, wie schmerzlich das für Sie ist, für Sie alle, aber ich muss mehr darüber erfahren, warum Roberto entführt worden sein könnte, um herauszubekommen, wer als Täter in Frage kommt.«
    Die Contessa sagte etwas, aber so leise, dass Brunetti es nicht verstand. Er sah zu ihr hin, doch ihr Blick ruhte weiter auf ihren Händen und den Perlen, die durch ihre dünnen Finger glitten.
    »Ich verstehe nicht, wozu das alles nötig sein soll«, sagte der Conte, ohne seinen Ärger verbergen zu wollen.
    »Nachdem wir jetzt wissen, was passiert ist«, begann Brunetti, »führen wir unsere Ermittlungen weiter.«
    »Zu welchem Zweck?« wollte der Conte wissen.
    »Um die Schuldigen zu finden.«
    »Was hat denn das noch für einen Sinn?«
    »Vielleicht den, eine Wiederholung zu verhindern.«
    »Die können meinen Sohn nicht noch einmal entführen. Sie können ihn nicht noch einmal umbringen.«
    Brunetti sah zur Contessa, ob sie dem Gespräch folgte, doch ihr war nichts davon anzumerken. »Man könnte diese Leute aber davon abhalten, es wieder zu tun, mit jemand anderem, dem Sohn eines anderen.«
    »Das ist für uns kaum noch von Interesse«, sagte der Conte, und Brunetti hatte den Eindruck, dass es sein Ernst war.
    »Dann vielleicht, um sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen«, bot Brunetti an. Vergeltung hatte für Verbrechensopfer meist etwas Verlockendes.
    Der Conte zuckte nur die Achseln und wandte sich seinem Neffen zu.
    Da Brunetti das Gesicht des jungen Mannes nicht sehen konnte, wusste er nicht, was sich zwischen den beiden tat, aber als der Conte sich wieder umdrehte, fragte er: »Was wollen Sie denn wissen?«
    »Ob Sie je Geschäfte mit...«, hier legte Brunetti eine Pause ein, weil er nicht recht wusste, welchen beschönigenden Ausdruck er benutzen sollte. »Haben Sie schon einmal mit Firmen oder Leuten zu tun gehabt, die sich später als kriminell entpuppten?«
    »Sie meinen die Mafia?« fragte der Conte.
    »Ja.«
    »Warum sprechen Sie es dann nicht aus, Herrgott noch mal?«
    Maurizio machte bei diesem Ausbruch einen Schritt auf seinen Onkel zu, die eine Hand ein wenig angehoben, doch ein Blick des Conte gebot ihm Einhalt. Er ließ die Hand sinken und trat zur Seite.
    »Also, die Mafia«, sagte Brunetti. »Hatten Sie schon einmal mit ihr zu tun?«
    »Nicht dass ich wusste«, antwortete der Conte.
    »Waren Firmen, mit denen Sie geschäftlich zu tun hatten, in kriminelle Machenschaften verwickelt?«
    »Wo leben Sie eigentlich, auf dem Mond?« fragte der Conte, plötzlich mit zornrotem Gesicht. »Natürlich habe ich mit Firmen zu tun, die in kriminelle Machenschaften verwickelt sind. Wir leben in Italien. Anders kann man hier keine Geschäfte machen.«
    »Könnten Sie das bitte etwas genauer erklären, Signor Conte?« fragte Brunetti.
    Der Conte riss die Hände hoch, als könnte er Brunettis Ahnungslosigkeit nicht fassen. »Ich kaufe Rohstoffe von einer Firma, die zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, weil sie Quecksilber in die Wolga eingeleitet hat. Der Präsident einer meiner Lieferanten sitzt in Singapur im Gefängnis, weil er zehnjährige Kinder beschäftigt und sie vierzehn Stunden täglich arbeiten lässt. Ein anderer, Vizepräsident einer Raffinerie in Polen, wurde wegen einer

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